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Künstler*in: Ferdinand Langenberg

Lebensdaten: 1849–1931

Funktion: Neugotischer Bildhauer

Anzahl Werke: 1

Biographie

Im Jahr seiner Heirat mit Henriette Bückers, 1877, eröffnete der in München geschulte und aus­gebildete Bildhauer Ferdinand Langenberg (Goch 1849–1931 Goch) eine eigene Werkstatt für christliche Bildhauerarbeiten an der Roggenstraße in Goch. Der wirtschaftliche Aufschwung der frühen Gründerjahre und die auf den Historismus hin orientierte Stimmung der kirchlichen Auftraggeber ließen Langenbergs Werkstatt schnell zu einer der bedeutendsten Werkstätten für neugotische Skulptur im Rheinland, vor allem nach dem Ende des Kulturkampfes, werden.

Die ersten Jahre, von 1877 bis 1885, waren bescheiden, aber nach dem Ende des Kulturkampfes konnte Langenberg von dem neugewonnenen Selbstbewußtsein vieler Kirchengemeinden, das sich in Aufträgen für neue Einrichtungsstücke niederschlug, profitieren.

1885 hatte Langenberg als Präsentationsobjekt seinen ersten Altar realisiert und auf einer Ausstellung für neue kirchliche Kunst in Münster ausgestellt. Wenig später erfolgte der erste Auftrag für eine umfassende Ausstattung, und zwar für die Kirche zu Aldekerk. Die größte Blüte erreichte die Werkstatt zwischen 1890 und dem Ersten Weltkrieg, als sie bis zu 30 Mitarbeiter zählte: Figuristen, Bildhauer, Schreiner, Vergolder und Lehrlinge. 1902 verpflichtete Langenberg als Berater und Fachmann Kaplan Joseph Windhausen, der die ikonographischen Programme der Altäre konzipierte und die theologischen Grundlagen erarbeitete.

Ferdinand Langenberg hat sich bei seinen Bildhauerarbeiten an der in reicher Fülle und hoher Qualität am Niederrhein vorhandenen spätgotischen Skulptur orientiert. Die Kirchen der größeren Städte wie Kleve, Kalkar, Goch und Xanten bargen eine Fülle an mittelalterlicher Plastik und bedeutenden Altären, aber auch in den kleinsten Dorfkirchen befanden sich noch hochrangige Skulpturen. Langenberg hat diese Werke intensiv studiert und für seine eigenen Arbeiten als Vorbilder verwertet. Seine großen Kenntnisse der mittelalterlichen Kunst blieben nicht unbemerkt, und so lobte ihn der Kölner Gelehrte, Sammler und Museumsgründer, Domkapitular Schnütgen, in der Kritik einer Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände in Krefeld 1898: “ … die dominierende Rolle spielt Langenberg in Goch, ein Meister alten Schlages, der sich in die wunderbare spätgotische Plastik des Niederrheins mehr als jeder seiner Kollegen hinein­gearbeitet hat“.

Seine Kenntnisse und Fähigkeiten waren nicht nur Schnütgen aufgefallen. Der Provinzialkonservator der Rheinlande, Professor Paul Clemen, der um 1890 persönlich die Denkmäler des Kreises Kleve inventarisierte und 1892 veröffentlichte, lernte damals auch Ferdinand Langenberg und dessen Werkstatt und Wohnhaus an der Roggenstraße mit den dort zusammen­getragenen Kunstwerken kennen.

Das Vertrauen der Denkmalpflege in die Fähigkeiten und in das Ein­fühlungsvermögen sowie in die Integrität des Bildhauers war so groß, dass Langenberg 1894 den ersten Auftrag für die Instandsetzung eines spät­gotischen Altars in St. Nicolai in Kalkar erhielt, den St. Georgsaltar. Der Transport dieses Altares in die Gocher Werkstatt wurde am 17. August 1894 in der Zeitung beschrieben. Die große Transportkiste hatte in Goch Aufsehen erregt. Auch wurde erwähnt, dass es sich um „ein solch berühmtes Werk [handelte], welches wie Gold von den Kalkarern bewahrt, damit keine Kopie genommen wird“.

Diese Bemerkung zeigt, dass es durchaus nicht ungewöhnlich war, Kopien von Originalen als Bestandteil einer Vorbildersammlung anzufertigen. Auch Langenberg war bemüht, eine große Vorbildersammlung für seine Schüler zusammenzutragen. Eine Methode war die Anfertigung von Gipskopien, die andere der Aufbau einer eigenen Sammlung von originalen Kunstwerken.

Wann Ferdinand Langenberg mit dem Aufbau einer solchen Sammlung mittelalterlicher Skulpturen begonnen hat, wissen wir nicht. Paul Clemen erwähnt diese Sammlung erstmals 1892 und nennt sie, neben der Sammlung Kramer in Kempen, die bedeutendste am Niederrhein.

Besonders hebt Clemen hervor, dass die Sammlung „reich an Arbeiten der Kalkarer Schule“ ist. Clemen nennt die bedeutendsten Stücke und erwähnt unter dreizehn Nummern insgesamt achtzehn Skulpturen. Die von Clemen genannte Sammlung Kramer in Kempen ist mit der Langenbergs vergleich­bar. Ebenso wie Ferdinand Langenberg hatte Konrad Kramer (Köln 1835–1917 Kempen) zusammen mit seinem Bruder Friedrich (Köln 1837–1902 Kempen) eine Werkstatt für kirchliche Bildhauerei gegründet. Die Werkstatt Kramer hatte sich schon eine Generation früher als die Langenbergs etabliert. Ausgeführt wurden nicht nur Bildhauerarbeiten, sondern auch Schreiner- und Fassmalerei-Arbeiten.

Die Gebrüder Kramer waren durch den hohen Standard ihrer tech­nischen Kenntnisse auch als Restauratoren mittelalterlicher Kunstwerke tätig, vor allem in der Propsteikirche zu Kempen. Sie nutzten früh ihre Kenntnisse und die Unkenntnis vieler Pfarrer und Kirchengemeinden und trugen eine stattliche Sammlung zusammen, die aber durch An- und Verkäufe nie ein abgerundetes Erscheinungsbild erhalten hat. Bevor Konrad Kramer im Jahr 1910 seine Sammlung der Stadt Kempen übertrug, hatte er zwei wichtige Ensembles verkauft, und zwar 1898 für 59.000 Mark Plastiken, Truhen und Waffen an das Kaiser Wilhelm-Museum in Krefeld und 1900 für 46.000 Mark an das Städtische Museum Mönchengladbach. Den letzten Rest seiner Sammlung hat Kramer 1917 dem nach ihm und seinem Bruder benannten Museum vermacht.

Ein dritter neugotisch orientierter Bildhauer, der eine ansehnliche Kollektion spätmittelalterlicher Skulpturen zusammen­trug, war der in Köln tätige Richard Moest (Horb/Württemberg 1841–1906 Köln). Seine Sammlung gelangte nach seinem Tode in das Suermondt­ Museum zu Aachen.

Einen Zug haben alle diese Bildhauer-Sammler gemeinsam: Im Bewusst­sein ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten schreckten sie oft nicht davor zurück, eingreifende „Verschönerungen“ oder Restaurierungen an den Werken vorzu­nehmen. Ihre handwerklichen Fähigkeiten und ihre Kenntnisse der mittelal­terlichen Kunst waren so gross, dass sie manchmal nicht nur neugotische Kunstwerke schufen, sondern auch Skulpturen, die später für authentische mittelalterliche Bildwerke gehalten wurden. Undeutlich bleibt, ob dies Absicht war oder nicht. So hat Langenberg 1897 die morschen Gruppen des Uedemer Katharinenaltars für einen neuen Altar kopiert und die Kopie mit einer spätgotischen Katharinenfigur kombiniert. Die originalen Stücke gelangten in seine Sammlung. Allerdings hat er die Gruppe der Enthauptung der Katharina ein zweites Mal kopiert und in einem neugotischen Gehäuse in seiner Schausammlung plaziert, die auf der einzigen bis heute bekannt gewordenen Photographie des gesamten Ensembles sichtbar ist. Aus diesem Bild geht hervor, in welchem Maße Ferdinand Langenberg Alt und Neu, originale und restaurierte Teile miteinander vermischte.

Hinweise auf Veräußerungen aus der Sammlung Ferdinand Langenberg haben wir nicht. Bis heute sind weder irgendwelche Aufzeichnungen noch ein Inventar bekannt geworden, die Aufschluß über das Wachsen der Sammlung, über die Provenienz der Stücke und deren Preise sowie die Vorgänge bei der jeweiligen Erwerbung geben könnten. Langenberg hat nicht auf Auktionen oder bei Sammlern gekauft, sondern die Stücke für seine Kollektion fast ausnahmslos an der Quelle, d.h. in den Kirchen des Niederrheins, aufgetrieben. Die erste Erwähnung einiger Hauptwerke stammt von Paul Clemen aus dem Jahr 1892. Um 1910 ist eine Reihe von Skulpturen photographiert worden.

Vermutlich war die Sammlung zur Zeit des Ersten Weltkrieges abgeschlossen. 1925 hat Ferdinand Langenberg seine Werkstatt seinem Sohn Joseph übergeben, der sie gemeinsam mit seiner Schwester Maria über den Tod des Vaters im Jahr 1931 hinaus praktisch unverändert weiterführte. Die Auftragslage hatte sich bereits in den späten zwanziger Jahren ver­schlechtert, neugotische Ausstattungsstücke waren nicht mehr gefragt. Die Werkstatt verlor schnell an Bedeutung und wurde schließlich als größeres Atelier geschlossen.

Maria und Joseph Langenberg haben bereits in den dreißiger Jahren erste Stücke aus der Sammlung ihres Vaters verkauft. So gelangten einzelne Werke in die Sammlung Binder in Berlin (heute im Kunstmuseum Düsseldorf). Ein anderer Sammler und großer Liebhaber und Erforscher der niederrheinischen Skulptur des späten Mittelalters, der Hautarzt Dr. Adolf Helfer (1898–1967), fand in den dreißiger Jahren den Weg zu den Erben Langenbergs. Viele Stücke wurden ihm zwischen 1939 und 1950 von den Geschwistern zum Kauf angeboten und erworben. Unsere Kenntnisse darüber sind in dem nachfolgend abgedruckten Katalog verarbeitet.

Zwölf gotische Skulpturen wurden am 9. Mai 1939 im Kunstauktionshaus A. Mak in Dordrecht zum Kauf angeboten. Laut Katalogankündigung handelt es sich hierbei um den niederländischen Erbteil der berühmten Sammlung Ferdinand Langenberg in Goch, und zwar wahrscheinlich um den der 1882 geborenen Tochter Johanna, die nach Holland geheiratet hatte. Die meisten Figuren fanden auf der Versteigerung Käufer. Ihr Aufenthalts­ort ist heute nicht bekannt. Eine Ausnahme bildet die Figur der Mutter­gottes, die seit Jahrzehnten einen Altar in der neu gotischen Kirche von St. Lidwina in Goch schmückt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und seinen verheerenden Zerstörungen in der Stadt Goch wuchs das Interesse für den Rest der Sammlung. Zwischen 1950 und 1953 berichteten die Tageszeitungen Rheinische Post und Neue Ruhr Zeitung wiederholt über deren Bedeutung und über die Bemühungen, das Ensemble für die Stadt Goch zu erwerben. – Ein Ziel, das für die Stadt Goch allein schon wegen der kulturellen Kontinuität von eminenter Bedeutung war. Die Sammlung umfaßte 1950 insgesamt noch 22 Stücke, die von zwei durch das Kultusministerium Düsseldorf eingesetzten Spezialisten, Dr. Reuss und Dr. Helfer, auf 35.000 Mark geschätzt wurde. Das Ministerium hatte für den Ankauf einen Zuschuß in Höhe von 15.000 Mark in Aussicht gestellt. Am 10. Juli 1953 wurde die Sammlung Bestandteil des Museums von Goch. Heute bildet sie einen geschlossen präsentierten Höhepunkt im 1993 eröffneten Museum für Kunst- und Kulturgeschichte im ehemaligen Kastell. Der nachfolgende Katalog stellt den ersten Versuch dar, alle gotischen Skulpturen aufzulisten, die sich ehemals in der Sammlung Langenberg befanden.

Guido de Werd, Spätgotische Skulpturen in der Sammlung Ferdinand Langenberg, Goch. Rekonstruktion einer Sammlung, in: Kat. d. Ausst. „Heilige aus Holz. Museum Kurhaus Kleve“, bearb. v. Guido de Werd, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der Ausstellung „Heilige aus Holz – Niederrheinische Skulpturen des späten Mittelalters“ (13. Dezember 1998 – 21. März 1999) im Museum Kurhaus Kleve, Kleve 1998

Literatur
  • Kat. d. Ausst. „Heilige aus Holz – Niederrheinische Skulpturen des späten Mittelalters“, bearb. v. Guido de Werd, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (13. Dezember 1998 – 21. März 1999), Kleve 1998