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Künstler*in: Schramberger Majolikafabrik GmbH

Lebensdaten:

Anzahl Werke: 329

Biographie


Ähnlich wie viele andere Steingutunternehmen ist die Schramberger Majolikafabrik zu Beginn der Industrialisierung entstanden. Zunächst durch einen aus Zell am Harmersbach stammenden Töpfer mit dem Namen Faist, dessen Fabrik dann 1883 von Villeroy & Boch und Utzschneider & Co. aus Saargemünd übernommen wird, wobei Villeroy & Boch federführend blieb. Im Jahre 1912 übernahmen die Brüder Meyer diese Firma und blieben bis zur erzwungenen Arisierung im Jahr 1938 die Eigentümer. Nach dem Kriege kehrte die Familie aus dem englischen Exil zurück und übernahm die Firma wieder unter ihrem neuen Namen Melvin, den sie in ihrem Gastland angenommen hatten.
Im 19. Jahrhundert war die Produktion einerseits bestimmt von dem einfachen weißen Gebrauchsgeschirr und den Kupferumdruck-Fabrikaten, die oft Ansichten aus der badischen Umgebung zeigten. Bei Villeroy & Boch war die Majolikafabrikation noch nicht vom Zeitgeschmack des Jugendstils geprägt, sondern es wurden im Wesentlichen noch die historistischen Formen und Glasuren bevorzugt. Lediglich im Bereich der Wandteller und einzelner Service gelangte der Jugendstil auf den Scherben.
Unter der Regie der neuen Leitung wandelte sich das Erscheinungsbild der Majolika. Es werden neue Formen entwickelt, die z.T. jahrzehntelang mit immer neuen Dekoren belegt werden wie z.B. die Formen 2448 und 2505. Von den Dekoren waren Balkan und Bosporus am erfolgreichsten und mit der leicht abstrahierten floralen Bemalung auch über 20 Jahre im Verkauf. Das elaborierteste Dekor war sicher das Dekor Schramberg. Die meisten dieser Motive stammen von Wilhelm King. Der Verkaufshit Rembrandt (d.i. im Gegensatz zu der Benennung eine Schwarzwaldansicht) seit 1913 bis in die 50er Jahre hineinproduziert, war noch eine Übernahme von Villeroy & Boch, um das es einen langjährigen Rechtsstreit mit der Steingutfabrik Schmieder gab, die das fast identische Motiv ebenfalls sehr lange im Programm hatten.
Schablonendekore wurde in den 20er Jahren in Schramberg hauptsächlich für Kindergeschirre benutzt.
Meyer hatte das richtige Gespür für die Trends und fuhr schon um die Jahreswende 1928/2die floralen Dekore zurück und favorisierte die geometrischen Formen. Schon Eva Strickers Vorgängerin hatte mit linearen Dekoren experimentiert, die man besonders auf dem älteren Formenkanon zwischen 2400 und 2900 finden kann. Der Einzug der modernen Spritz – und Maldekore mit den geometrischen Formentwürfen kam dann mit Eva Stricker.
Sie lebt zwei Jahre in einem Dachkämmerchen und kommentiert das später öfter ironisch. Sie hatte (fast) absolute Freiheit, arbeitete kaum noch an der Töpferscheibe, zeichnet die Entwürfe, überprüft die Raumwirkung der neuen Formen, indem sie diese aus Knetmasse modelliert. Und das Wichtigste für sie; die Überprüfung auf die Brauchbarkeit für die Massenproduktion. Sie arbeitet an den Katalogen mit und zum Teil stammen auch die dort vorhandenen Fotos von ihr.
Kurz arbeitet sie noch mit Gerd Meisel ihrem Nachfolger zusammen, der z.B. die farbigen Glasuren und formale Teile ihrer Entwürfe für sein Teeservice benutzt.
Es gibt mehrere Autoren, die ihr einen bestimmten Formensektor zwischen 3100 und 34…… zuschreiben. Aber ganz so einfach ist das wohl nicht. Ähnlich wie auf ihren Formen später andere Dekore, die nicht von ihr stammen, zu finden sind und umgekehrt (!!!), gibt es auch noch jenseits des ihr zugeschriebenen Kanons noch Formen, die zumindest nicht ohne ihr Wirken dort zu erklären sind. Fast alle ihre avantgardistischen Entwürfe verschwanden aus der Produktion, wurden als „Schießbudenkeramik“ 1937 in der Münchener Ausstellung für entartete Kunst gezeigt.
Die Firma wurde 1938 nach der Progromnacht weit unter Wert und mit Zwang verkauft. Der Familie Meyer gelang es noch rechtzeitig zu emigrieren. Nach dem Kriege wurde die Firma 1948 restituiert und nach der Kriegsproduktion z.B. mit Wehrmachtsgeschirr (Näpfe), von französischen, belgischen und russischen Zwangsarbeitern hergestellt, wurde wieder normal produziert. Die Wirtschaftswunderjahre boten für die Fabrik auch gute Bedingungen. Mit den Dekoren Betty, Vesuv oder Venezia wurde vor allem von Elfie Stadler Keramik geschaffen, die an die herausragende Zeit der frühen Dreißiger anknüpfen konnte. In den Achtzigern wurde mehrmals Kurzarbeit eingeführt. Und im Jahre 1989 wurde die Produktion endgültig eingestellt. Ab 1990 ist auf dem großen Gelände der Majolikafabrik ein Firmenpark entstanden, der von der Familie Melvin bis heute geleitet wird.