Spektakuläre Neuerwerbung des Freundeskreises der Klever Museen mit Ewald Matarés „Weiblichem Kopf“ von 1926 für die Sammlung des Museum Kurhaus Kleve
Ende 2021 gelang dem Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. eine spektakuläre Neuerwerbung für die Ewald Mataré-Sammlung im Museum Kurhaus Kleve, die möglich gemacht wurde durch die großzügige Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kunststiftung NRW und der Sonja Mataré-Stiftung. Er konnte den großartigen „Weiblichen Kopf“ von Ewald Mataré aus dem Jahr 1926 ankaufen, ein Schlüsselwerk im frühen skulpturalen Werk des Bildhauers.
Der „Weibliche Kopf“ wurde Mitte der 1950er Jahre von der Kunstsammlerin Margrit Loh (1923–2012) bei Ewald Mataré (1887–1965) persönlich in dessen Atelier in Meerbusch-Büderich bei Düsseldorf erworben. Die Arbeit nimmt eine zentrale Stellung im Werk von Mataré ein, da sie veranschaulicht, wie es diesem gelingt, mit einer minimalen Anzahl an Eingriffen einen maximalen Ausdruck zu schaffen. Der Hauch an manueller Bearbeitung verdeutlicht, wie Mataré sich zu diesem Zeitpunkt mit Abstraktion auseinandersetzt, ohne jedoch das Figürliche zu verlassen. Er lotet die Grenzen zwischen den beiden Bereichen aus und schafft eine Skulptur, die auf dem schmalen Grad dazwischen agiert.
Die Skulptur wurde aus einem zusammenhängenden Stamm aus rötlichem Birnbaumholz geschnitzt. Dabei nutzte Mataré die von oben nach unten verlaufende Maserung des Stammes, um die Gestalt des Porträtkopfes auch optisch zu verstärken. Auf der Oberfläche befinden sich einzelne, für Holzskulpturen typische Spannungsrisse, die diesen Eindruck weiter vertiefen. Es scheint beinahe, als hätte Mataré die Alterungsprozesse geplant, um damit auch der Skulptur die Möglichkeit der Veränderung zu geben.
1926, das Jahr der Entstehung dieser Arbeit, bildet ein Schlüsseljahr in Matarés Leben und Werk: Seine Tochter Sonja kommt zur Welt und in den Nachfolgejahren sieht sich der Künstler in der Pflicht, ein konstantes Einkommen zu generieren, wodurch er 1932 eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in Düsseldorf annimmt. Vorerst widerwillig, da er – wie er in seinen Tagebüchern vermerkt – dadurch gebunden ist und sich nicht mehr ausschließlich der freien Kunst widmen kann. Doch zunächst entstehen 1926 die bisher radikal minimalsten Werke wie etwa die „Schreitende/Torso“ (deren Unikat aus Holz sich heute im Edwin Scharff Museum, Neu-Ulm befindet) und der „Männliche Kopf“ (dessen Unikat sich heute in der Nationalgalerie Berlin befindet). Durch die Tagebucheinträge ist bekannt, dass sich Mataré mit seinem „Weiblichen Kopf“ vermutlich auf das Gesicht der Schauspielerin Annemarie Mummenhoff (1903–1983) bezog. Der „Weibliche Kopf“ markiert zugleich einen Endpunkt seines freien Schaffens als auch einen Höhepunkt seines minimalen Denkens in Hinblick auf skulpturale Formgebung.
Ewald Mataré zählt zu den herausragenden Vertretern der Klassischen Moderne in Deutschland. Sowohl für das Museum Kurhaus Kleve als auch für die Stadt Kleve ist der Künstler von höchster Bedeutung. Das Museum Kurhaus Kleve trägt den Namenszusatz „Ewald Mataré–Sammlung“, da die Übergabe eine großen Teils des künstlerischen Nachlasses von Ewald Mataré an die Stadt Kleve im Jahr 1988 zur Gründung des Museum Kurhaus Kleve und zu dessen Eröffnung 1997 im alten Kurhaus-Komplex geführt hat. Für die Stadt Kleve realisierte der Künstler 1933/34 vor Ort ein Monument für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, die Skulptur „Der Tote Krieger“. Diese wurde 1937 in mehrere Teile zerschlagen und in der Erde vergraben, da Mataré unter den Nationalsozialisten als „entartet“ galt. Die Teile der Skulptur wurden bei Grabungen vierzig Jahre später, 1977, durch Zufall wiederentdeckt, wonach die Skulptur restauriert, rekonstruiert und an einem neuen Standort in Kleve wieder aufgestellt worden ist. Im Museum Kurhaus Kleve bildet die Ewald Mataré-Sammlung eine der wichtigsten Säulen der Sammlung, die sich vom Mittelalter über den Barock bis hin zur Kunst der Moderne und der Internationalen Gegenwartskunst erstreckt.
[Valentina Vlašić]