Bedeutende Schenkung einer mittelalterlichen Heiligenskulptur des Meister Arnt von Kalkar und Zwolle für die Klever Sammlung
Der Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. kann sich direkt zu Beginn des neuen Jahres 2023 überaus glücklich schätzen, eine bedeutende Schenkung einer imposanten Heiligenskulptur des Meister Arnt von Kalkar und Zwolle für die mittelalterliche Sammlung des Museum Kurhaus Kleve zu erhalten. Die Schenkung stammt vom langjährigen Leiter des städtischen Museums und Gründungsdirektor des Museum Kurhaus Kleve, Guido de Werd, der vor einiger Zeit auch schon die mittelalterliche Statue des „Heiligen Laurentius“ für die Klever Sammlung stiftete (->siehe hier). Fand die damalige Schenkung noch aus Freude über die Bemühungen des Museum Kurhaus Kleve über die Erwerbung der „Heiligen Drei Könige“ von Henrik Douverman statt (->siehe hier), so vollzog de Werd diese Schenkung aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums des Museum Kurhaus Kleve im Jahr 2022.
In der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve befinden sich nur wenige Skulpturen von Meister Arnt von Kalkar und Zwolle. Die bislang einzige weibliche Heilige (eine „Heilige Luzia“) konnte erst vor kurzem erworben werden (->siehe hier). Die hier vorliegende Heiligenskulptur stellt die zweite Frauendarstellung aus der Hand dieses Meisters in der Klever Sammlung dar. Dargestellt ist eine stehende Heiligenfigur, bei der es sich vermutlich um eine „Heilige Katharina“ handelt. Sie weist Beschädigungen am unteren Rand oberhalb der Plinthe auf, wo sich in früheren Zeiten vermutlich das für Katharina obligatorische Attribut des Köpfchens des bösen Kaisers Maxentius befand.
Trotz dieser Beschädigung und einer fehlenden rechten sowie einer beschädigten linken Hand handelt es sich bei der Skulptur um ein höchst sensibles Werk von großer Eleganz, die aus der späten Phase des Künstlers stammt. Sie steht im leichten Kontrapost mit vorgestelltem rechten Bein, dessen Knie sich unter einem Gewand mit einem üppigen Faltenwurf abzeichnet. Ihr Oberkörper weist besonders feine Formen und Züge auf: kleine feste Brüste erheben sich unter einem hoch geschlossenen Kleid, das von einem Band oder Gürtel um den Hals und die Hüfte gehalten wird. Ein lose aufgelegter Mantel bedeckt beide Schultern und fällt am Rücken bis unter die Knie herab. Ein für Meister Arnt typisches Haarband bekrönt das Haupt der Schönen, unter dem die für Arnt typische Lockenpracht auf die Schultern und den Oberkörper herabfallen. Das Gesicht weist eine beseelte Entrücktheit auf, die den Skulpturen des Kalkarer Meisters eigen sind.
Meister Arnt, der 1484 von Kalkar nach Zwolle umgesiedelt ist, hat eine große Werkstatt geleitet, in dem Skulpturen nach seinen Modellen auch von Schülern ausgeführt wurden. Die Bildwerke aus seiner Werkstatt befinden sich in den Kirchen an Rhein und Maas, an beiden Seiten der heutigen deutsch-niederländischen Grenze.
Werke von Meister Arnt sind auf dem freien Markt nicht mehr zu erwerben, weshalb die Schenkung der „Weiblichen Heiligen“ für das Klever Museum einen großen Glücksfall darstellt. Meister Arnt ist eng mit der Geschichte des Niederrheins verbunden, er ist der Entwerfer des berühmten Kalkarer Hochaltares, den er bei seinem unerwarteten Tod Weihnachten 1492 unvollendet zurückgelassen hat, sowie der Schöpfer des Georgsaltares in Kalkar, und des Dreikönigsreliefs im Museum Schnütgen, dessen Ergänzung dort den Anlass für eine hochbedeutende monographische Ausstellung 2020 bildete (->siehe hier). Die Werke des mit einem Notnamen benannten mittelalterlichen Meisters Arnt von Kalkar und Zwolle feierten dort eine fulminante Neuentdeckung und -bewertung, als unter Federführung von Guido de Werd, der als bester Mittelalter-Experte für den Niederrhein gilt, die erste Einzelausstellung des Künstlers im Museum Schnütgen in Köln stattfand, zu der er – über 500 Jahre nach dem Ableben des Künstlers – das Meisterstück vollbrachte, ein Werkverzeichnis seiner Skulpturen herauszugeben. Dort ist die hier vorliegende Figur unter der Nummer 128 gelistet.
De Werds Recherchen ferner zu verdanken ist, dass die Provenienz der Skulptur bestens bekannt ist. So ist beispielsweise überliefert, dass sie sich im 19. Jahrhundert in der englischen Sammlung von Edward White Benson (1829–1896) befand, der der Erzbischof von Canterbury war. Als sie über das Auktionshaus Christie’s verkauft wurde, befand sie sich im 20. Jahrhundert schließlich in der Sammlung des bekannten Amsterdamer Kunsthändlers J.C. Leeman. In die Klever Sammlung kam sie dann über das Auktionshaus Lempertz in Köln, wo sie von einem niederländischen Privatsammler verkauft wurde und der fachkundige Stifter sie schließlich entdeckte und für das Klever Museum sicherte.
Bei der „Weiblichen Heiligen“ handelt es sich um einen wahrlich sensationellen Zuwachs für die Klever Mittelaltersammlung, die vom Museumsteam umgehend in die ständige Präsentation im Katharina-von-Kleve-Saal eingebunden wird.
[verfasst und online gestellt von Valentina Vlašić]