Spektakuläre Neuerwerbung des Freundeskreises der Klever Museen mit Ewald Matarés „Weiblichem Kopf“ von 1926 für die Sammlung des Museum Kurhaus Kleve

Ende 2021 gelang dem Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. eine spektakuläre Neuerwerbung für die Ewald Mataré-Sammlung im Museum Kurhaus Kleve, die möglich gemacht wurde durch die großzügige Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kunststiftung NRW und der Sonja Mataré-Stiftung. Er konnte den großartigen „Weiblichen Kopf“ von Ewald Mataré aus dem Jahr 1926 ankaufen, ein Schlüsselwerk im frühen skulpturalen Werk des Bildhauers. 

Der „Weibliche Kopf“ wurde Mitte der 1950er Jahre von der Kunstsammlerin Margrit Loh (1923–2012) bei Ewald Mataré (1887–1965) persönlich in dessen Atelier in Meerbusch-Büderich bei Düsseldorf erworben. Die Arbeit nimmt eine zentrale Stellung im Werk von Mataré ein, da sie veranschaulicht, wie es diesem gelingt, mit einer minimalen Anzahl an Eingriffen einen maximalen Ausdruck zu schaffen. Der Hauch an manueller Bearbeitung verdeutlicht, wie Mataré sich zu diesem Zeitpunkt mit Abstraktion auseinandersetzt, ohne jedoch das Figürliche zu verlassen. Er lotet die Grenzen zwischen den beiden Bereichen aus und schafft eine Skulptur, die auf dem schmalen Grad dazwischen agiert.

Die Skulptur wurde aus einem zusammenhängenden Stamm aus rötlichem Birnbaumholz geschnitzt. Dabei nutzte Mataré die von oben nach unten verlaufende Maserung des Stammes, um die Gestalt des Porträtkopfes auch optisch zu verstärken. Auf der Oberfläche befinden sich einzelne, für Holzskulpturen typische Spannungsrisse, die diesen Eindruck weiter vertiefen. Es scheint beinahe, als hätte Mataré die Alterungsprozesse geplant, um damit auch der Skulptur die Möglichkeit der Veränderung zu geben. 

1926, das Jahr der Entstehung dieser Arbeit, bildet ein Schlüsseljahr in Matarés Leben und Werk: Seine Tochter Sonja kommt zur Welt und in den Nachfolgejahren sieht sich der Künstler in der Pflicht, ein konstantes Einkommen zu generieren, wodurch er 1932 eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in Düsseldorf annimmt. Vorerst widerwillig, da er – wie er in seinen Tagebüchern vermerkt – dadurch gebunden ist und sich nicht mehr ausschließlich der freien Kunst widmen kann. Doch zunächst entstehen 1926 die bisher radikal minimalsten Werke wie etwa die „Schreitende/Torso“ (deren Unikat aus Holz sich heute im Edwin Scharff Museum, Neu-Ulm befindet) und der „Männliche Kopf“ (dessen Unikat sich heute in der Nationalgalerie Berlin befindet). Durch die Tagebucheinträge ist bekannt, dass sich Mataré mit seinem „Weiblichen Kopf“ vermutlich auf das Gesicht der Schauspielerin Annemarie Mummenhoff (1903–1983) bezog. Der „Weibliche Kopf“ markiert zugleich einen Endpunkt seines freien Schaffens als auch einen Höhepunkt seines minimalen Denkens in Hinblick auf skulpturale Formgebung.

Ewald Mataré zählt zu den herausragenden Vertretern der Klassischen Moderne in Deutschland. Sowohl für das Museum Kurhaus Kleve als auch für die Stadt Kleve ist der Künstler von höchster Bedeutung. Das Museum Kurhaus Kleve trägt den Namenszusatz „Ewald Mataré–Sammlung“, da die Übergabe eine großen Teils des künstlerischen Nachlasses von Ewald Mataré an die Stadt Kleve im Jahr 1988 zur Gründung des Museum Kurhaus Kleve und zu dessen Eröffnung 1997 im alten Kurhaus-Komplex geführt hat. Für die Stadt Kleve realisierte der Künstler 1933/34 vor Ort ein Monument für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, die Skulptur „Der Tote Krieger“. Diese wurde 1937 in mehrere Teile zerschlagen und in der Erde vergraben, da Mataré unter den Nationalsozialisten als „entartet“ galt. Die Teile der Skulptur wurden bei Grabungen vierzig Jahre später, 1977, durch Zufall wiederentdeckt, wonach die Skulptur restauriert, rekonstruiert und an einem neuen Standort in Kleve wieder aufgestellt worden ist. Im Museum Kurhaus Kleve bildet die Ewald Mataré-Sammlung eine der wichtigsten Säulen der Sammlung, die sich vom Mittelalter über den Barock bis hin zur Kunst der Moderne und der Internationalen Gegenwartskunst erstreckt.

[verfasst von Valentina Vlašić, Kuratorin im Museum Kurhaus Kleve]

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Als Dankeschön für seine Ausstellung zum 90. Geburtstag: Schenkung von neun Zeichnungen von Fritz Poorten an das Museum Kurhaus Kleve

Die Ausstellung „Uferzonen – Fritz Poorten zum 90. Geburtstag“ war von 02.07. bis 03.10.2021 im Museum Kurhaus Kleve zu sehen und umfasste zehn Arbeiten des Klever Künstlers aus dem Zeitraum von 1984 bis 2021.

Darin erfolgte zwar nur eine punktuelle Würdigung seines Lebenswerkes, wobei diese Reduktion auf das Wesentliche gleichwohl der künstlerischen Grundüberzeugung des Jubilars entspricht, der in seinen Ambitionen nie auf eine expansive Erweiterung der Themen und Medien abzielte, sondern in stiller Kontemplation und genauer Beobachtung zeichnerische Bildwelten schuf.

Fritz Poorten ist der Landschaft seiner niederrheinischen Heimat zutiefst verbunden, in der er jede Böschung, jedes Bauwerk und jede Chaussee kennt, und insbesondere die beweglichen Übergangszonen zwischen Wasser, Land und Himmel, die ihn lebenslang faszinierten und die er in seinen hier vorliegenden Blättern festgehalten hat.

Als Dankeschön für die Ausstellung schenkte er dem Museum Kurhaus Kleve neun der ausgestellten Blätter, die fortan fester Bestandteil der Sammlung sein werden. 

[Valentina Vlašić]

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Ein Hochschule-Projekt mit der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve: die Ausstellung „Der nackte Körper – Eine Frage der Perspektive“ (26.11.2021–30.01.2022)

Nacktheit ist eine Frage der Perspektive: Wie der nackte Körper bewertet wird, und ob ein Körper als nackt angesehen wird, hängt maßgeblich vom historischen, religiösen, sozialen und kulturellen, aber auch politischen Kontext ab. Nacktheit weckt widersprüchliche Assoziationen: Sie steht für Freiheit, Liebe und Sexualität, symbolisiert Selbstbestimmung und Handlungsmacht, kann Ausdruck von Stärke sein und als kraftvolles Medium für Protest fungieren. Nacktheit kann aber auch Verletzlichkeit bedeuten, mit Entblößung und Scham assoziiert werden. Der nackte Körper unterliegt gesellschaftlichen Normierungen, sei es in Bezug auf Geschlecht und sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Körperformen oder auf Gesundheit und Fitness.

Die Ausstellung „Der nackte Körper – Eine Frage der Perspektive“ ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Museum Kurhaus Kleve und dem sozialwissenschaftlichen Bachelor-Studiengang „Gender and Diversity“ an der Hochschule Rhein-Waal. Studierende der sozialwissenschaftlich ausgerichteten Gender and Diversity Studies entwickelten als Jungkurator*innen die Ausstellung entlang dreier Themenkomplexe: Die künstlerische Darstellung, aber auch der Bruch mit den Idealen des nackten Körpers rücken in den Fokus. Das Augenmerk wird auf Kunstwerke, die Nacktheit positiv und selbstermächtigend präsentieren, gelenkt. Dekoloniale Perspektiven (in Überwindung rassistischer Zuschreibungen) auf den nackten Körper in der Kunst werden eröffnet. Damit steht die Ausstellung für das Ringen um ein anderes, emanzipatorisches Narrativ mit Blick auf Nacktheit.

Gezeigt werden Werke aus der Sammlung des Museums Kurhaus Kleve, thematisch ergänzt um Leihgaben sowie um eigens für die Ausstellung angefertigte künstlerische Arbeiten von Studierenden des Studiengangs „Information and Communication Design“ der Hochschule Rhein-Waal, welche unter der Leitung der Künstlerin und Photographin Kirsten Becken entstanden sind. Das Spektrum der gezeigten Kunstwerke umfasst Skulpturen, Malerei, Zeichnungen, Graphik, Photographie, aber auch Filme und Videos, und reicht vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

Die Ausstellung lädt dazu ein, im Dialog zwischen Kunst (-geschichte) und Gender and Diversity Studies gängige Perspektiven auf den nackten Körper zu reflektieren und in Bezug auf Körpernormen und koloniale Prägungen herauszufordern, einen Blickwechsel zu wagen vom nackten Körper als Objekt zum Subjekt, zur Handlungsfähigkeit.

In der Ausstellung sind Werke folgender Künstler*innen vertreten: Ellen Auerbach, Stephan Balkenhol, Kirsten Becken, Joseph Beuys, Jodi Bieber, AA Bronson, Kennedi Carter, Emil Cimiotti, Sophia Cockburn, Marlene Dumas, Va-Bene Elikem Fiatsi (crazinisT artisT), Andrea Fraser, Renée Green, Hendrick Goltzius, Hanns Lamers, Jocelyn Lee, Alla Magdina, Gerhard Marcks, Ewald Mataré, Zanele Muholi, Richard Phillips, R.H. Quaytman, Pipilotti Rist, Jürgen Teller, Ming-Jing Tsai, Paloma Varga Weisz, Kefan Weng, Franz West, Johann Andreas Wolff, Tobias Zielony und mehr.

Die Ausstellung wurde initiiert von Crystal Hassell und kuratiert von den Studierenden Runa Autzen, Konul Bilalova Brocker, Stephanie Finkler, Karen Gumiel-Silva, Crystal Hassell, Farhin Sohan Kabir, Aylin Klisura, Jana Küppers, Luna Orsini, Rutu Gole, Zama Madondo, Yi-Ning Su, Tamunosiki Tende, Lynn Marie Watzka unter der Mithilfe von Gerd Borkelmann, Alexandra Eerenstein und Valentina Vlašić (Museum Kurhaus Kleve) und Crystal Hassell und Eva Maria Hinterhuber (Hochschule Rhein-Waal).

Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt des Museum Kurhaus Kleve mit der Hochschule Rhein-Waal. Sie wurde gefördert durch

•    Ministerium für Kultur und Wissenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen
•    Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. 

Mit freundlicher Unterstützung durch

•    Stadt Kleve 
•    Sparkasse Rhein-Maas
•    The Rilano Hotel Cleve City
•    WDR 3 – Kulturpartner des Museum Kurhaus Kleve 

[Valentina Vlašić]

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Neue Sammlungspräsentation im MKK: „Original & Kontext. Die Sammlung analog + digital“ (30.10.2021–27.02.2022)

Die Tätigkeitsfelder des Sammelns, Bewahrens, Erforschens und Vermittelns sowie des raumbezogenen Ausstellens der Bestände zählen seit jeher zu den zentralen Aufgaben eines Kunstmuseums. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung aller Lebensbereiche haben sich darüber hinaus neue Formate des Informationsaustauschs entwickelt, die das MKK seinem Publikum gern in exemplarischen Konstellationen vorstellen möchte. Wichtig dabei bleibt, dass die Begegnung mit den Originalen unverzichtbar ist, dass aber die Zugänge zu den Kontexten der jeweiligen Werke um ein Vielfaches vor, während und nach dem Museumsbesuch erweitert werden können. Bringen Sie bitte Ihr Smartphone mit und vertiefen Sie sich in das dichte Referenzgewebe unserer Online-Sammlung oder lassen Sie sich faszinieren von lange nicht gesehenen Schätzen und neuesten Dauerleihgaben … 

Das Museum Kurhaus Kleve besitzt eine eindrucksvolle, epochenübergreifende Sammlung vom Mittelalter am Niederrhein bis zur internationalen Gegenwartskunst, von der stets weniger als zehn Prozent ausgestellt ist. Der Großteil schlummert im Depot, wo er die letzten Jahre aufgearbeitet und sukzessive auf die neue Sammlungswebsite www.sammlung.mkk.art geladen wurde, die im Frühjahr 2021 online gegangen ist. Integraler Bestandteil der Onlinestellung ist die Verknüpfung zwischen dem realen Museumsbesuch und der digitalen Verfügbarkeit umfassender Informationen, die mittels QR-Code bequem von der Sammlungswebsite abgerufen werden können. 

Die neue Sammlungspräsentation im MKK zeigt ungeahnte, z.T. Jahrzehnte nicht ausgestellte Kunstwerke und Kostbarkeiten mehrerer Jahrhunderte, bei deren Einrichtung u.a. auch eine Würdigung musealen Mäzenatentums erfolgt ist und ein Fokus auf jüngste biographische Ereignisse gelegt wurde. Im Erdgeschoss ist erstmals seit Jahren wieder das monumentale und fast neun Meter lange „Farbspektrum des Tageslichts“ (1997) von Jan Andriesse zu sehen, eines Künstlers, der dem MKK Jahrzehnte verbunden war und im August dieses Jahres verstorben ist. Seinem Werk gegenübergestellt sind Arbeiten von Alex Katz – den Jan Andriesse bewundert und zu dem er eine langjährige Freundschaft gepflegt hat. Seit Alex Katz’ Einzelausstellung 2009 befindet sich dessen rätselhaftes Werk „Oona’s Back“ (2008) im MKK, das nun neu durch das imposante Waldstück „Clearing“ (1986) – einer erst jüngst erworbenen Dauerleihgabe aus der Stiftung Kunst im Landesbesitz – bereichert wird. Ergänzt werden die Arbeiten durch die Leihgabe eines Werks von Alex Katz aus dem Besitz der Familie von Jan Andriesse und ein filmisches Interview, das Jan Andriesse 2008 noch persönlich mit Alex Katz in New York geführt hat. 

Im Erdgeschoss ferner zu sehen sind Gegenwartspositionen mit neuesten Ankäufen von Lucas Blalock sowie Werkkomplexe von Michael Krebber, Katharina Fritsch, Werner Wefers und Cy Twombly. 

Im ersten Obergeschoss stehen Kunstwerke des 20. Jahrhunderts im Fokus, die gattungsübergreifend präsentiert werden: Im schmalsten Saal des Museums mit der Nummer 13 werden Gemälden aus der Sammlung die Porträts ihrer Künstler gegenübergestellt. Das noch nie präsentierte Bildnis von Johan Thorn Prikker (1924) aus der Hand von Heinrich Nauen erscheint neben Thorn Prikkers Relief der „Fußballspieler“ (um 1900). Weitere Künstlerporträts, die Fritz Getlinger in den 1950er bis 60er Jahren von Klever Künstler*innen angefertigt hat, sind den dazu gehörigen Gemälden aus altem städtischen Besitz in Disposition gestellt. 

In den Sälen 14 und 15 sind Gemälde, Zeichnungen und Druckgraphiken der 1930er bis 70er Jahre aus der Sammlung Wörner Skulpturen und Kunstgewerbe der Sammlungen Werner Steinecke und Irene Zintzen gegenübergestellt. Das Wuppertaler Ehepaar Rose und Gustav Wörner gehörte zu den wichtigsten Mäzenen der Klever Museen, deren umfangreiche Sammlung nach Rose Wörners Tod 2015 in die Hände des Freundeskreises übergegangen ist und 2016 in einer umfassenden Gesamtschau präsentiert wurde. Bei der diesjährigen Ausstellung soll die Kleinplastik der Klassischen Moderne mit den figürlichen Keramiken der Sammlung Steinecke konfrontiert werden. Der Keramiksammler und -experte Werner Steinecke hat 2011, 2019 und 2022 ganze Konvolute seiner einzigartigen Keramiksammlung in die Hände des Freundeskreises übergeben, wobei bei dieser Ausstellung erstmals überhaupt die figurativen Exponate im Vordergrund stehen. Die Glassammlung mit Exponaten der 1970er und 80er Jahre der im Juli 2021 verstorbenen Museumsmäzenin Irene Zintzen (geb. van Ackeren) wurde noch nie öffentlich präsentiert. 

Im doppelgeschossigen Saal 16 ist die Pop Art zentral, die durch das monumentale „GERMAN LOVE“ (1995) von Robert Indiana angeführt wird, einem über sechs mal sechs Meter großen Wandteppich mit dessen ikonischem „LOVE“-Emblem in den Farben der deutschen Flagge. Eine im selben Saal untergebrachte Publikation erinnert an den Impulsgeber seiner Einzelausstellung 2007 im MKK: an den 2019 verstorbenen Galeristen Georg Friedrichs, der das Buch nach seinem Besuch bei Robert Indiana 2007 in Vinalhaven (USA) angefertigt und anschließend dem MKK geschenkt hat. Ergänzt werden diese beiden Exponate durch zwei neue Dauerleihgaben aus der Stiftung Kunst im Landesbesitz: „The New Zero“ (1972) von Robert Indiana und „Details of Renaissance Paintings (Leonardo da Vinci, The Annunciation, 1472)“ (1984) von Andy Warhol. 

Das zweite Obergeschoss steht im Zeichen der alten Kunst: Selten oder noch nie gezeigte Altmeisterporträts von Melchior Geldorp, Joos van Cleve oder Gerard van Honthorst zeugen vom Selbstverständnis eines im 17. Jahrhunderts aufkeimenden Bürgertums. Claes Molenaers „Beim Schiedsmann“, Jan Davidsz. de Heems „Allegorie auf Wilhelm III. von Oranien“ und Jan Jakobsz. van der Stoffes „Reitergefecht“ (alle um 1650) weisen multiple gesellschaftliche und vor allem politische Bezüge auf. Wallerant Vaillants „Rheinansicht“ und Jacob Konincks „Kleve und die Niederungen“ (um 1650 bis 1680) spiegeln den Blick auf die Landschaft wider. Die zeitlich frühesten Exponate sind ein niederrheinisches Kruzifix eines unbekannten Meisters (um 1500), eine gebundene Ausgabe der berühmten „Koelhoff’schen Chronik der Stadt Köln“ aus dem Jahr 1499 sowie das jüngst aufwändig restaurierte „Bildnis des Grafen Adolf von Kleve, Mark und Ravenstein“ (1489). 

Die Ausstellung wird gefördert durch

Mit freundlicher Unterstützung durch

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Wichtige Schenkung für das Museum Kurhaus Kleve: eine Laurentius-Statue des Kalkarer Bildhauers Henrik van Holt, um 1530–1540

Vor drei Jahren konnte der Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. mit Hilfe bedeutender Stiftungen die einzigartige Gruppe der „Heiligen Drei Könige“ des Kalkarer Bildhauers Henrik Douverman erwerben, ein Glanzlicht der spätmittelalterlichen Kunst am Niederrhein. Aus Begeisterung und Dankbarkeit für den großen Einsatz des Freundeskreises, der diesen Erwerb möglich machte, hat ein Mäzen nun eine wichtige Skulptur des Bildhauers Henrik van Holt (tätig 1500–1546), der viele Jahre neben Douverman in Kalkar gearbeitet hat, an den Freundeskreis gestiftet.

Mit der Schenkung schließt sich eine große Lücke in der Sammlung des Klever Museums. Während die wichtigsten Bildhauer der Spätgotik am Niederrhein, wie Meister Arnt, Dries Holthuys, Henrik Douvermann und Arnt van Tricht, jeweils mit mehreren wichtigen Werken in der Sammlung des Museums vertreten sind, besaß das Klever Museum bis jetzt von Henrik van Holt nur die „Zwei Könige“, Fragmente einer Wurzel-Jesse-Darstellung, von dem der Mittelteil mit dem schlafenden Jesse im Busch-Reisinger-Museum in Cambridge (Mass.) aufbewahrt wird.

Bei der Stiftung handelt es sich um eine 95 cm hohe Heiligenfigur aus Eichenholz, die ursprünglich gefasst gewesen ist. Der Heilige ist als Diakon gekleidet, in einer priesterlichen Kasel mit reich bestickten Borten über einer Albe als Untergewand. Die Handschrift des Bildhauers van Holt ist in dem prägnanten Gesicht mit den leicht schräg gestellten Augen mit den gratigen Brauen, dem spitz zulaufenden Mund und der Form der Haarlocken leicht erkennbar.

Henrik van Holt hat in Kalkar, in der Stadt, in der er wohnhaft war, kaum Aufträge erhalten. Im benachbarten Xanten erhielt er für den St. Viktorsdom vom Kapitel sowohl wichtige Aufträge in Stein (eine Serie von Schlusssteinen im Gewölbe, 1514) wie in Holz (die Heiligenbüsten im Hochaltar, 1540). Hier finden sich zahlreiche stilistische Parallelen mit archivalisch gesicherten Werken, die die künstlerische Einordnung leicht machen. Besonders im Marienaltar in Xanten, der von Henrik Douverman um 1540 unvollendet zurückgelassen wurde, und von seinem Kollegen van Holts fertig gestellt wurde, erkennt man zum Beispiel in der Figur des Hohepriesters in der Szene der „Zurückweisung des Opfers des Joachim“ eine enge Verwandtschaft.

Über die Herkunft der Skulptur ist nur bekannt, dass diese sich um 1900 in der berühmten Sammlung des neugotischen Gocher Bildschnitzers Ferdinand Langenberg (1849–1931) und später bei dessen Nachfahren befunden hat. Damals fehlte bereits das Attribut in seiner rechten Hand, ein Rost, das auf das Martyrium des Hl. Laurentius hinweist, der im Jahre 258 in Rom auf einem Rost gebraten wurde, so dass er den Märtyrertod starb. Laurentius hatte von Papst Sixtus II. die Kostbarkeiten der Kirche bekommen, die er unter den Armen Roms verteilte, obwohl Kaiser Valerianus diese für sich beanspruchte und sich dann an Laurentius rächte.

Der Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. freut sich besonders, dass nach dem Erwerb von Douvermans „Heiligen Drei Königen“ (2016–2018) und der beiden Figuren der „Hl. Luzia“ von Meister Arnt und des „Hl. Cosmas“ eines unbekannten Bildhauers (2019) nun erneut ein bedeutendes Werk spätmittelalterlicher Skulptur für das Museum Kurhaus Kleve gewonnen werden konnte.

Die Skulptur wurde in den beiden letzten Jahren von der Restauratorin Marita Schlüter, Everswinkel, restauriert. Sie entfernte behutsam eine dunkle Beize, mit der die Figur von Ferdinand Langenberg nach der Mode des späten 19. Jahrhunderts überzogen worden war, so dass die bildhauerischen Feinheiten nun besonders zur Geltung kommen.

Im Jahr 1996 wurde die Skulptur auf der großen Ausstellung „Gegen den Strom. Meisterwerke niederrheinisches Skulptur in Zeiten der Reformation 1500–1550“ im Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen (Nr. 55) ausgestellt.

[Valentina Vlašić]

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Schenkung aus Privatbesitz: Jugendstilelement aus dem Hotel Maywald in Kleve

Das vorliegende kleine kunsthandwerkliche Element – vermutlich das Ornamentteil eines einstigen Fensters – gelangte im September 2021 als Schenkung aus Klever Privatbesitz in die Sammlung des Museum Kurhaus Kleve. Laut Auskunft des großzügigen Donateurs wurde es aus dem Schutthaufen des ehemaligen Hotels Maywald gerettet, wonach es viele Jahre lang in Privatbesitz verblieben war. Das Museum Kurhaus Kleve besitzt zahlreiche Exponate des ehemaligen Hotels in seiner Sammlung.

Um die Jahrhunderte um 1900 gehörte das Grand-Hotel Maywald zu den besten Adressen in Kleve, an der internationale Prominenz – russische Prinzesinnen und englisches Adelhaus – gerne abstieg, um in Bad Cleve die Kur zu zelebrieren. Die Eigentümer*innen des Hauses waren Wilhelm und Hermine Maywald, die Eltern des berühmten Photographen Willy Maywald (1907–1985), der u.a. 1947 mit seinen Aufnahmen vom „New Look“ Christion Diors in Paris für Furore sorgte.

Politische und wirtschaftliche Probleme existierten an Kleves bester Luxusadresse nicht: Dort war das Kurleben sorgenfrei, die Beau-Monde tanzte im Ballsaal beim Nachmittagstee oder am Abend beim Diner-Dansant und amüsierte sich auf der imposanten Terrasse. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs setzte dem Reigen in „Bad Cleve“ jedoch ein abruptes Ende, wonach die Maywalds ihr Hotel nur mit Mühe über den Krieg hinweg retten konnten und es schließlich 1920 an den Schuhfabrikanten Gustav Hoffmann verkaufen mussten, wonach dieser illustre Stern allmählich verglühte. 

Gegründet wurde das Hotel Maywald 1818 von den Gebrüdern Wilhelm und August Maywald über den Kermisdalhöhen südlich des Prinzenhofes, als Gasthof „Zum Fürsten Moritz von Nassau“, wonach es erst zum „Hotel Maywald“ und Kleves bester Adresse wurde. Um 1850 erweiterten die Brüder ihr Hotel um ein Stockwerk, der Ballsaal wurde schließlich erst Anfang des 20. Jahrhunderts hinzugefügt. Das imposante Gebäude mit großem Hotelpark verfügte von der Anfahrtsseite über die Nassauer Allee aus über ein Auffahrtsrondell, über das man zum breiten Eingang gelangte. Auf der Rückseite befand sich eine überdachte Terrasse auf halber Breite des Gebäudes, von der aus man „die schönste Aussicht in Cleve“ (so die damaligen Prospekte) genießen und zu einer Bootsanlegestelle hinabsteigen konnte. In der Tat konnte man von der Terrasse aus den Kermisdal mit Burgberg die Ausläufer der Klever Unterstadt sehen; die Galleien und die am Horizont liegenden Dörfer von Elten bis Griethausen waren ebenfalls zu erkennen. Der Speisesaal des Hotels war mit Gemälden von August Lüdecke-Cleve geschmückt, u.a. von „Lohengrin“ und „Otto dem Schütz“.

Das vorliegende kleine Fenster-Element aus der Zeit des Jugendstil gehörte voraussichtlich zur feinen Ausstattung des Hauses, das sich womöglich an der oben beschriebenen Terrassenseite befunden hat. 

[Valentina Vlašić]

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Aufwändige Restaurierung eines kostbaren Tafelbildes aus dem Jahr 1488

In der Sammlung des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. im Museum Kurhaus Kleve befindet sich eine bislang selten gezeigte Kostbarkeit, die sich die letzten Jahre in der Restaurierung befunden hat und die nun zeitnah im Katharina von Kleve-Saal des Museum Kurhaus Kleve ausgestellt werden soll: ein Tafelbild des Grafen Adolf von Kleve, Mark und Ravenstein (1425–1492), das den Adeligen im Brustbild in leichter Seitenansicht zeigt.

Es handelt sich um ein äußerst kleinformatiges, intimes Porträt. Der Graf hat seine Hände zum Gebet gefaltet und blickt an den Betrachter*innen vorbei nach links aus dem Bild heraus. Das Täfelchen war höchstwahrscheinlich der rechte Teil eines Diptychons – vermutlich mit einer Darstellung der Muttergottes auf der gegenüberliegenden Seite, wie Guido de Werd in seinem Aufsatz über das Tafelbild im Klever Heimatkalender auf das Jahr 1996 vermutet.

Der Adelige ist in ein schwarzes Wams mit rotem Kragen gekleidet. Um den Hals trägt er die Collane des Ordens vom Goldenen Vlies. Sein Haupt bedeckt eine schlichte schwarze Kappe mit einer Agraffe in Form des Buchstabens „A“ und einem Perlenanhänger daran. Seine vornehme Erscheinung wird unterstrichen durch einen ockerfarbenen Brokatmantel mit rotem Futter und einem pelzbesetzten Kragen. Auf der Rückseite befindet sich in goldenen Majuskeln auf schwarzem Grund eine Schrift, die Guido de Werd folgendermaßen übersetzt hat: „Im Jahre 1488 / da wurde dieses gemacht. Da war ich / Adolf von Kleve und van der Mark, Herr von Ravenstein alt 64 / Jahre am Tag von S. Petrus und S. Paulus“.

Das Tafelbild wurde nun durch die Diplomrestauratorin Marita Schlüter aus Everswinkel fachmännisch restauriert. In ihrem ausführichen Restaurierungsbericht erkannte sie u.a., dass die relativ dünne Eichenholztafel aus zwei etwa gleich großen Stücken mit senkrechtem Faserverlauf zusammengeleimt ist. Ferner ist in ihrem Bericht nachzulesen: Beide Bretter zeigen im Anschnitt fast stehende Jahrringe. Dieser Zuschnitt ist dafür verantwortlich, dass sie sich kaum verwölbt hat. Die Fuge ist bereits einmal neu verleimt worden, wie ein leichter Niveauunterschied auf der Bildseite und Leimreste auf der Rückseite beweisen.

Die Tafel ist nach dem Prinzip der sog. „Bildrahmenplatte“ in seinem Zierrahmen grundiert und bemalt worden, wie der umlaufende holzsichtige Rand auf beiden Seiten beweist. Daher handelt es sich auch um das Originalformat – lediglich ein Holzausbruch von 40 x 3 mm ist in der oberen linken Ecke vorhanden.

Während die elfenbeinfarbige Grundierung auf der Vorderseite sorgsam geschliffen wurde, fehlt sie auf der Rückseite. Hier sind im oberen Viertel sogar noch Beilspuren vom Spalten des Brettes zu sehen und die schwarze Farbe liegt direkt auf dem Holz.

Die Malschicht des Gemäldes besteht aus Temperafarben mit Lasuren von roten Farblacken. Der Hintergrund des Gemäldes bestand ursprünglich aus einem leuchtenden Azuritblau. Dieses Pigment entfaltet seine Leuchtkraft am besten pastos aufgetragen in wässrigen Bindemitteln und wirkt in öligen und harzigen Bindemitteln eher grünlich. Heute sind die originalen Reste des Azurits durch später aufgetragene Firnisse und Übermalungen bereits vergrünt und daher dunkelgrünblau. Die Malschicht ist wie die Grundierung altersgerecht feinteilig craqueliert.

Im Vorzustand war das Gemälde großflächig überarbeitet. Vermutlich bereits sehr früh hat man Teile der Darstellung entfernt bzw. übermalt. So wurden Buchstaben mit seinem Titel und Alter am oberen Rand mit dem Azurit darunter regelrecht herausgekratzt – ebenso wie sein Wappen links neben dem Kopf. Rechts neben dem Kopf befand sich vielleicht ein weiteres – vielleicht kreisförmiges – Abzeichen oder Emblem. Außerdem wurde das leuchtend rote Futter seines Mantels dunkelgrün übermalt. Die übrige Malschicht zeigte leichte vertikale Schleifspuren. Alle Schadstellen nach der ersten Maßnahme noch mehrfach retuschiert worden. Insgesamt wirkte die die Malerei durch die tiefgreifenden und vielen Überarbeitungen wenig authentisch.

Der Zierrahmen ist eine Hinzufügung des 20. Jahrhunderts. Auf einen Korpus aus Nadelholz sind zwei umlaufende Profile aus Eichenholz aufgenagelt, die ursprünglich grundiert und schwarz gefasst waren. Zwischen den Profilen ist ein Streifen in dunklem Wurzelholz-Furnier auf den Korpus geleimt. Das Furnier war auf dem nach außen ansteigenden Rahmen z.T. geknickt und beschädigt. Die Brüche waren mit dunkler Farbe grob retuschiert. Die Eichholzleisten waren grob bis auf das Holz freigelegt. Auch der Rahmen ist neu verleimt worden. Tackerklammern auf der Rückseite datieren diese Maßnahme in das 20. Jahrhundert. In den Fugen steckte brauner Wachskitt.

Das Gemälde befand sich bei der Erwerbung durch den Freundeskreis der Klever Museen 1995 in keinem ausstellungsfähigen Zustand. Nach Absprache mit dem Eigentümer sollte die originale Farbigkeit und Formgebung – wenn möglich – freigelegt werden. Nach umfangreichen Voruntersuchungen im Streiflicht, unter UV- und Infrarotstrahlung stand fest, dass zwar nur noch minimale Farbreste des Schriftzuges vorhanden waren – allerdings war durch das Abkratzen der pastosen Azuritschicht eine Art „Negativ-Abdruck“ der Buchstaben erhalten. Die Schrift war somit rekonstruierbar. Zunächst aber wurde der Firnis von der Rückseite abgenommen und die dortige Malschicht an den Fehlstellenrändern mit Hausenblasenleim gefestigt.

Vorderseitig ließen sich Firnisse und Retuschen in mehreren Arbeitsgängen mit verschiedenen Lösemitteln auf Wattestäbchen sowie als Kompresse und mit Hilfe des Skalpells unter der Kopflupe abnehmen. Auch alle späteren Kittungen wurden mechanisch herausgenommen und die Fehlstellenränder ebenfalls gefestigt. 

Anschließend erhielten alle Fehlstellen in der Grundierung neue Kittungen mit einem leicht abgetönten Leimkreidekitt.
Im Zuge der Recherchen zur einer Rekonstruktion der verlorenen Teile fand der Nijmeger Kunsthistoriker Gerard Lemmens (1938–2021) 2011 eine Schwarzweißphotographie der Tafel, datiert 1935, im Archiv von Max. J. Friedländer. Gemeinsam mit einer farbigen Abbildung des Wappens Adolf von Kleves in der Brügger Liebfrauenkirche von 1468 dienten diese Vorlagen als Grundlage für die Retusche der Beschriftung und des Wappens.

Der Zierrahmen wurde gesäubert, seine Falzen ausgeschliffen und mit Filz ausgepolstert. Vorderseitig entfernt wurden die Reste der schwarzen Fassung in den Tiefen des Eichenholzes und die Retuschen auf dem Wurzelfurnier. Fehlstellen wurden neu verkittet und ausretuschiert. Abschließend wurde das Gemälde mit einem Rückseitenschutz aus Museumskarton und neuen Federklammern reversibel wieder eingerahmt.

[Valentina Vlašić]

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Leihgaben für die Ausstellung „Stadt und Festung Wesel in Mittelalter und Neuzeit“ im LVR-Niederrheinmuseum, Wesel

Das Museum Kurhaus Kleve stellt dem Stadtarchiv Wesel für seine Ausstellung „Stadt und Festung Wesel in Mittelalter und Neuzeit“ (23.09.–19.12.2021) im LVR-Niederrheinmuseum in Wesel mehrere Leihgaben aus der Sammlung Robert Angerhausen zur Verfügung.

Dabei handelt es sich u.a. um originale Handzeichnungen von Abraham Jansz. Begheyn (1637–1697), die die Stadt Wesel im Panorama zeigen und vom Ende des 17. Jahrhunderts stammen. Das Besondere an diesen Blättern ist, dass sie extreme Querformate von fast drei Metern aufweisen – und insofern geradezu einzigartig sind. Die lichtsensiblen Kostbarkeiten aus der Sammlung Robert Angerhausen schlummern in der Regel im Graphikdepot des Museum Kurhaus Kleve und kommen nur zu besonderen Anlässen an die Öffentlichkeit – wie in diesem Fall. 

Der Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm von Brandenburg, entsendete den Autodidakten Abraham Jansz. Begheyn im Jahr 1786 zu seinen Ländereien (u.a. nach Halberstadt, Minden, Bielefeld, Kleve und Wesel), um diese zu katographieren und später davon Gemälde anzufertigen (wovor der Künstler jedoch verstorben ist). 

Weitere Arbeiten von Begheyn befinden sich heute im British Museum London, im Berliner Stadtarchiv, im Berlin-Museum, in der Sammlung der Fakultät für Architektur der Universität Berlin, im Märkischen Museum auf der Burg Altena, im Museum in Minden usw.

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Neuerwerbung eines historischen Kupferstichs von Wilhelm dem Reichen (1516–1592)

Im August 2021 konnte der Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Wuppertaler Kunsthandel einen historischen Kupferstich von Wilhelm dem Reichen aus dem Jahr 1601 für die Sammlung im Museum Kurhaus Kleve erwerben.

Das schöne Blatt ist eine Darstellung aus der Waffenkammer im Schloss Ambrass und stammt aus dem „Bildinventar der Waffensammlung von Erzherzog Ferdinand von Tirol“ von Jakob Schrenck von Notzing für Schloss Ambrass aus dem Jahr 1601.

Es stellt eine schlüssige Ergänzung zu einem Blatt dar, das ebenfalls aus dem Bildinventar stammt und sich bereits in der Sammlung des Freundeskreises befindet. Während das neue Blatt Herzog Wilhelm in bewegter Pose von hinten zeigt, präsentiert ihn das andere frontal von vorne. 

[Valentina Vlašić]

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Leihgaben für die Ausstellung „Rettet den Wald!“ im Museum Het Valkhof in Nijmegen

Das Museum Kurhaus Kleve stellt dem Museum Het Valkhof in Nijmegen für seine Ausstellung „Rettet den Wald!“ („Save the forest!“ oder „Red het bos!“) eine Leihgabe aus seiner Sammlung zur Verfügung: die Skulptur „Gesto vegetale“ des berühmten italienischen Arte Povera-Künstlers Giuseppe Penone (*1947). Worum geht es in der Ausstellung in Kleves Nachbarstadt auf holländischer Seite?

Rettet den Wald!“, rief Joseph Beuys schon 1971 aus. Mit diesem Appell zog er mit fünfzig Studierenden quasi in den Kampf, um das Abholzen von einem Teil des Düsseldorfer Grafenberger Waldes zu verhindern. Mit seinen Kumpanen fegte er die Pfade sauber und markierte die bedrohten Bäume. Beuys war einer der ersten Öko-Künstler.

Da sich die Umweltprobleme nun in der Gegenwart dringlicher denn je zeigen, folgen heutzutage viele Gleichgesinnte seinen Fußstapfen. „Rettet den Wald!“ veranschaulicht, wie sich zeitgenössische Künstler*innen für die bedrohte Natur einsetzen. Die Ausstellung ist vom 18. September bis 5. Dezember 2021 zu sehen. 

Weitere Informationen über die Ausstellung sind nachzulesen unter https://www.museumhetvalkhof.nl/de/sehen-und-machen/ausstellungen/rettet-den-wald/

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Leihgaben für die Ausstellung „Weltreich und Provinz – Die Spanier am Niederrhein 1560–1660“ im Museum Schloss Rheydt

Das Museum Schloss Rheydt plant in Kooperation mit dem Museum Zitadelle Jülich eine Sonderausstellung mit dem Titel „Weltreich und Provinz – Die Spanier am Niederrhein 1560-1660“, wofür vier Exponate aus dem Besitz des Museum Kurhaus Kleve geliehen werden sollen, die für dieses Thema eine exzellente Bereicherung darstellen.

Dabei handelt es sich um vier Kupferstiche aus Adriaen Valerius‘ „Nederlandtsche Gedenck-Clanck“, Haarlem, 1626, die die Unterdrückung des „Leo Belgicus“ zeigen.

Die Sonderausstellung soll vom 26. September 2021 bis 6. März 2022 im Museum Schloss Rheydt zu sehen sein. Sie findet im Rahmen des Museumsnetzwerks Rhein-Maas im Themenjahr „Provinz“ statt.

Einige Monate später soll die Ausstellung in abgewandelter Form im Museum Zitadelle Jülich zu sehen sein.

Das Generalkonsulat der Spanischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland hat die Schirmherrschaft über das Ausstellungsprojekt übernommen.

Weitere Informationen zur Ausstellung finden sich unter folgendem Link: 

https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-8886?title=die-spanier-am-niederrhein-1560-1660-interdisziplinaere-werkstattgespraeche&recno=27&page=2&q=&sort=&fq=&total=8606 

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Leihgaben für die Ausstellung „Eine Klasse für sich. Adel an Rhein und Ruhr“ im Ruhr Museum, Essen

Das Essener Ruhr Museum auf dem Welterbe Zollverein plant eine Sonderausstellung mit dem Titel „Eine Klasse für sich. Adel an Rhein und Ruhr“, die vom 6. Dezember 2021 bis 31. Juli 2022 stattfinden soll und für die das Museum Kurhaus Kleve zahlreiche Leihgaben aus seiner Sammlung zur Verfügung stellen wird. 

Ruhrgebiet und Adel? Die scheinbar konträren Begriffe lassen zuerst an die Villa Hügel und andere „Schlösser“ sowie die großen Industri­ellen denken, die von den Arbeitern auch „Schlotbarone“ genannt wurden. Aber das Ruhrgebiet hat auch eine reiche vorindustrielle Vergangenheit, in der der Adel eine zentrale Rolle spielte und die es einst sogar zu einer der burgenreichsten Regionen Europas werden ließ. 

Der Anlass der Ausstellung ist daher die Frage, wie sich der Einfluss des Adels im Laufe der Jahrhunderte auf die Geschichte der Ruhrregion ausge­wirkt hat und welche Relikte von seiner einstigen Macht zeugen. Zu­dem soll der gesellschaftliche Wandel thematisiert werden, in dem sich der Adel bis heute befindet. Bisher hat die regionale Forschung dieser Gruppe vor allem in Einzelstudien Beachtung geschenkt. Daher bietet eine Ausstellung die Chance, in einem größeren Überblick die vielfältigen Aspekte des adeligen Lebens vom Mittelalter bis zur Ge­genwart dar- und einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. 

Die Herzöge von Kleve-Mark, später Jülich-Kleve-Berg spielt als Landesherren eine zentrale Rolle, über die das Museum Kurhaus Kleve zahlreiche kostbare Werke verfügt. So soll u.a. mit dem „Weihrauchfass der Grafen Liuthard von Kleve“ auf adelige Stiftsgründungen verwiesen werden. Im Kapitel „Heiratspolitik“ der Ausstellung sollen Hochzeits­geschenke eine Rolle spielen, wofür die „Paxtafel“ aus der Klever Museumssammlung ein schönes Beispiel aus dem Mittel­alter ist. Durch das Gemälde von Jacob Koninck mit der „Ansicht der Schwanenburg“ soll eine der Residenzen der Herzöge von Jülich-Kleve-Berg gezeigt werden. Die verschiedenen Graphiken betreffen die politischen und repräsentativen Ambitionen der jeweiligen Herrscher. Im Bereich „Gärten und Parks“ soll der Lustgarten von Johann Moritz von Nassau-Siegen in Kleve und der Barockgarten von Kloster Kamp nicht fehlen.

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Leihgaben für die Ausstellung „Die Macht der Chroniken“ in Haus Bergh in ‘s-Heerenbergh

2017 hat das Wasserschloss Haus Bergh in ‘s-Heerenbergh, direkt jenseits der Grenze bei Emmerich, eine Handschrift mit zwölf mittelniederländischen Chroniken erworben, die kurz nach 1450 im Herzogtum Geldern angefertigt wurde und wegen des Umfangs und der Zeichnungen als außerordentlich gilt. Um dieses besondere Manuskript einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen, soll eine Ausstellung mit dem Titel „Die Macht der Chroniken“ (niederländisch „Kracht van Kronieken“ oder englisch „Power of Chronicles“) durchgeführt werden, die vom 21. August bis 14. November 2021 zu sehen ist und für die das Museum Kurhaus Kleve drei Leihgaben zur Verfügung stellen wird. 

Mit der Ausstellung wird das Wasserschloss Haus Bergh die Öffentlichkeit auf die Handschrift aufmerksam machen. Für diese Ausstellung ist das Museum an der Art und Weise interessiert, wie tatsächliche und beabsichtigte machtpolitische Verhältnisse in diesem Manuskript visualisiert worden sind. Einerseits soll dem Buch als materiellem Objekt Aufmerksamkeit gewidmet werden, andererseits dem Inhalt, wobei sowohl Text als auch Zeichnungen berücksichtigt werden sollen.

Beabsichtigt ist, die Handschrift mit ihren einzigartigen Illustrationen in einen Rahmen mit anderen mittelalterlichen Exponaten, insbesondere illustrierten Chroniken aus demselben Zeitraum und derselben Gegend, zu stellen. So hat beispielsweise auch schon die Staatsbibliothek zu Berlin die „Rheinländische Historienbibel“ zur Verfügung gestellt.

Die Skulpturen aus der Werkstatt des Meister Arnt von Kalkar und Zwolle und seiner Nachfolge stellen in diesem Kontext exzellente Leihgaben dar und ergänzen die Bergh’schen Chroniken. Die Exponate aus dem Klever Museumsbesitz und die Handschrift aus Haus Bergh stammen aus demselben Zeit- und Kulturraum. Gemeinsam veranschaulichen sie den Reichtum am Niederrhein, der bisher zu wenig beleuchtet worden ist, da die Aufmerksamkeit in dieser Zeit oft anderen Zentren in den Niederlanden und in Deutschland gewidmet worden ist. 

 

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Abbildungen des Museum Kurhaus Kleve für die Dissertation „Goldschmiedehandwerk der Frühen Neuzeit am Niederrhein“

Das Museum Kurhaus Kleve unterstützte die junge Kunsthistorikerin Frau Dr. Marina Rieß aus Köln bei ihrer Dissertation „Das Goldschmiedehandwerk der Frühen Neuzeit am Niederrhein – Liturgische Goldschmiedewerke im konfessionellen Spannungsfeld“ durch die Bereitstellung mehrerer Abbildungen, die in folgenden älteren Klever Museumspublikationen erschienen sind: 

  • Kunstschätze aus dem St.-Martini-Münster zu Emmerich, bearb. v. Gerard Lemmens/Guido de Werd, Ausstellungskatalog, Emmerich 1977
  • Klevisches Silber. 15.–19. Jahrhundert, bearb. v. Guido de Werd, Ausstellungskatalog Städtisches Museum Haus Koekkoek, Kleve, Kleve 1978
  • Lemmens, Gerard: Die Schatzkammer Emmerich, Kleve 1983
  • Schenkenschanz. „de sleutel van den hollandschen tuin“, red. v. Guido de Werd, Ausstellungskatalog Städtisches Museum Haus Koekkoek, Kleve, Kleve 1986
  • De Werd, Guido: Een kelk uit 1697 door Rabanus Raab de Oudere uit Kalkar, in: Antiek, Jg. 25, Nr. 2, 1990, S. 83–88

Die Promotion von Dr. Marina Rieß, die von Frau Prof. Dr. Susanne Wittekind (Universität zu Köln) betreut und von Frau Prof. Dr. Evelin Wetter (Universität Leipzig) und Frau Prof. Dr. Sabine von Heusinger (Universität zu Köln) als Zweit- und Drittgutachter begleitet wurde, ist ab sofort bei „arthistoricum.net – Fachinformationsdienst Kunst – Fotografie – Design“ online abrufbar, und zwar in der Form zweier Pdf-Bände, jeweils mit Textband und Anhang: 

https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/7137/

Zum gelungenen erfolgreichen Abschluss ihrer Promotion beglückwünschen wir Frau Dr. Rieß sehr herzlich!

[Valentina Vlašić]

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Neuerwerbung der 6-teiligen Holzschnitt-Serie „Gelber Enzian“ von Franz Gertsch

Mit essentieller Unterstützung des Ministeriums für Kultur und Wissenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen konnte der Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. im Mai 2021 sechs Holzschnitte von Franz Gertsch (*1930 Mörigen, Schweiz) für die Sammlung des Museum Kurhaus Kleve erwerben, der als wichtigster zeitgenössischer Maler und Druckgraphiker der Schweiz gilt und für seine photorealistischen Naturstudien und Frauenporträts weltweites Renommee genießt. 

Die Werke von Franz Gertsch nehmen einen besonderen Stellenwert in der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve ein, das bereits einen überwältigenden Bestand seiner Arbeiten besitzt, wozu u.a. derart ikonische Werke wie „Schwarzwasser II. (Triptychon)“ oder „Silvia II.“ gehören.

Die sechs Neuerwerbungen befanden sich bereits seit 17 Jahren als Dauerleihgaben aus Privatbesitz im Museum Kurhaus Kleve, die in dieser Zeit als geradezu festes Repertoire der Klever Sammlung empfunden und u.a. 2012 im Bestandskatalog „Mein Rasierspiegel“ vorgestellt worden sind. Die sechs Holzschnitte „Gelber Enzian“ wurden von einer Lindenholzplatte auf handgeschöpftem Kumohadamashi-Japanpapier von Ivano Heizaburo handabgezogenen. Sie weisen ein Bildmaß von 690 x 560 mm und ein Blattmaß von 890 x 720 mm auf. Die Fassungen in Sepia, Zinnober und Olivgrün sind in einer Auflage von 14 Exemplaren (zzgl. 5 a.p.) erschienen, die Fassungen in Blau, Türkis und Gelb in einer Auflage von 10 Exemplaren (zzgl. 5 a.p.). 

Dank der Unterstützung des Ministeriums konnte der Freundeskreis der Klever Museen die sechs Werke nun dauerhaft für das Museum Kurhaus Kleve sichern, da die Arbeiten von Gertsch eine identitätsstiftende Verbindung mit dem Klever Ort und der Museumsarchitektur eingehen. Seine Holzschnitte besitzen eine meditative Qualität und strahlen eine Nachdenklichkeit aus, die der von Walter Nikkels geschaffenen und geradezu klösterlich anmutenden Museumsarchitektur kongenial entspricht. Bei der Betrachtung seiner Landschaften aus Gebirgsbächen und riesenhaft vergrößerten Pflanzen wie Pestwurzen oder Enzianen, die wie moderne Repliken auf die Gartenanlagen des Johann Moritz von Nassau Siegen im 17. Jahrhundert vor der Tür des Museums anmuten, scheint die Zeit stillzustehen.

Die Reihe „Gelber Enzian“ ist insofern auch wichtig für die Klever Sammlung, da Gertsch seine Holzschnitte i.d.R. nur in einer einzigen Farbe druckt, so dass jedes Exemplar Unikatcharakter erhält. Im Vergleich mit den weiteren monumentalen Holzschnitten in der Sammlung stellt „Gelber Enzian“ die einzige kleinformatige Reihe dar, die wie für die intimen Kabinette im Klever Museum gemacht ist.

Franz Gertsch selbst erzählt die ungewöhnliche Motivfindung der Serie „Gelber Enzian“ wie folgt:

Die nachfolgenden Zeilen berichten, wie es dazu kam, dass eine Schönheit, die sonst nur auf den Alpen anzutreffen ist, mir in ihrer wunderbaren Nacktheit, einige Schritte vom Haus entfernt, am Waldrand, Modell gestanden ist. Es sind Jahre vergangen, als Maria, meine Frau, und mich ein blauer Septembermorgen von unglaublicher Klarheit verführte, eine Bergwanderung zu unternehmen. Nach steilem Aufstieg gelangten wir auf eine fast ebene Alp. Berauscht von den Düften der Alpenflora, die uns ein säuselnder Talwind um die Nase wehte, verzehrten wir auf einem Felsbrocken unser Picknick. Da vernahmen wir plötzlich, eingebettet ins Rauschen des Windes, ein Stimmchen. Verwundert schauten wir in die Richtung, von wo es zu kommen schien und entdeckten ganz in der Nähe eine gelb blühende Pflanze mit um einen kräftigen, runden Stiel symmetrisch angeordneten, rautenförmigen und fächerartig gefalteten Blättern, von der das leise Flüstern zu kommen schien. Wir traten an sie heran und zuerst ich, dann Maria, hielten unsere Ohren ganz dicht an den oberen Blätterkranz. Und beide vernahmen wir die gleiche Botschaft: ‘Nehmt mich mit!’ Es versteht sich, dass wir total verblüfft waren. Doch als wir endlich wieder zur Besinnung kamen, überlegten wir, was zu tun sei. Bald wurde uns klar, sie konnte nicht meinen, dass wir sie abschneiden und zu Hause in eine Vase stellen sollten, wo sie jämmerlich dahinwelken würde. Nein, sie möchte eine Bleibe in unserem Garten finden. Warum sie von unserem Umschwung wusste und woher überhaupt ihr Wunsch um Versetzung kam, sei dahingestellt. Wie dem auch sei – Maria hatte ein kleines Taschenmesser bei sich und fing nun an, mühsam damit die Wunderpflanze auszugraben. Wie wir sie dann unversehrt noch zu uns nach Hause brachten, habe ich vergessen. Wahr ist, dass meine Frau sie noch am gleichen Abend am Saum unseres Wäldchens einpflanzte. Im folgenden Frühling brachte die Arme nur zwei Blätterstockwerke zustande. Uns wurde bewusst, dass ihr neues Zuhause, im Schatten der Bäume und umringt von wuchernden Pflanzennachbarn, kein idealer Ort ist. Zwar habe ich in den folgenden Jahren dafür gesorgt, dass die umliegenden Farne, Erdbeeren, Ahornstäbe und Schattengräser ihr nicht zu nahe traten, indem ich diese ausriss. Trotzdem blieb ein schlechtes Gewissen, nichts Besseres für sie getan zu haben. Da wollte es der Zufall, dass Freunde, die die gleiche Alpenwanderung unternahmen, wie wir damals, berichteten, man habe die schöne Bergflorawiese mit einer Jauche aus einem Heli berieselt, um sie in eine saftige Weide für Kühe zu verwandeln. Nun wurde uns klar, das Zuflüstern unserer Schönen war ein Notruf. Aber wie war das nur möglich, dass ein Pflanzenwesen zu einer so unglaublichen Vorausahnung fähig war? – Ja und überhaupt, unsere Enzianprinzessin (wie ich sie fortan nannte)! Denn einige Jahre später, an einem Sonntag, als ich den Waldrandpfad entlang schritt, stand sie dunkelgrün und hoch gewachsen vor mir. Und da flüsterte sie zum letzten Mal: ‘Male mich!’ Gemalt habe ich sie nicht, aber ich habe sie vorläufig in einem kleinen Holzschnitt verewigt. So bewahrheitete sich wieder einmal mehr, dass ich meine Modelle direkt vor der Haustür finde.

[Valentina Vlašić]

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Leihgaben aus der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve für das Museum Forum Arenacum e.V. in Kleve-Rindern

Das Museum Kurhaus Kleve unterstützt auch immer die lokalen Institutionen vor Ort durch Leihgaben aus seiner Sammlung. So stellt es – nicht, ohne im Vorfeld Rücksprache mit dem Nachlass des Künstlers gehalten und dessen Einverständnis eingeholt zu haben – dem Museum Forum Arenacum e.V. in Kleve-Rindern für dessen Sonderausstellung „Joseph Beuys – Kindheit und Jugend“, die vom 11. Juli bis 26. September 2021 zu sehen sein wird, vier Photographien von Fritz Getlinger zur Verfügung. 

Joseph Beuys’ Leben und Werk sind aufs Engste mit der ihn prägenden Landschaft des Niederrheins verbunden. Hier wuchs er auf, entwickelte ein inniges Verhältnis zur Natur, schuf seine ersten Werke, organisierte Ausstellungen, verarbeitete persönliche Krisen, formte lebenslange Freundschaften. In der Ausstellung im Museum Forum Arenacum e.V. soll gezeigt werden, wie Beuys an seinen beiden Rinderner Wohnadressen am Molkereiweg und der Tiergartenstraße lebte. Anhand seines Jugendzimmers, frühen Werken, Photographien und Interviews mit Zeitzeugen sollen Einblicke in jene privaten Lebensverhältnisse gegeben werden, die Beuys vor seiner Berufung zur Professur für monumentale Kunst in Düsseldorf sein Zuhause nannte.

Die Zeit damals war schwer, sie wirkte unheimlich bedrohlich und bedrückend auf mich als Kind. Ich hatte allerdings eine sehr nachhaltige Beziehung zur niederrheinischen Landschaft und zu Kleve.“ (Joseph Beuys, zitiert nach Auskunft des Museum Forum Arenacum e.V., Kleve-Rindern)

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Besonderes aus der Sammlung: Keramikobjekt des Monats Mai 2021

Die neue Sammlungswebsite des Museum Kurhaus Kleve ist seit kurzem online abrufbar. Aus dem Bereich der Keramik soll in regelmäßigen Abständen ein Objekt vorgestellt werden. Im Monat Mai 2021 steht ein Teller aus der Keramikfabrik Velten von Harkorth im Fokus, eines Unternehmers, der sich in den 1920er Jahren bemühte, junge Talente für seine Produktion zu sichern. So arbeitete bei ihm u.a. Ursula Fesca, die später die Produkte der Steingutfabrik Elsterwerda bestimmte und über mehrere Jahrzehnte die Produktionspalette von Wächtersbach entwickelte.

Der hier vorgestellte Teller stammt jedoch von einer anderen bekannten Keramikerin, Hedwig Bollhagen. An diesem Teller, der noch aus der Zeit stammt, als sie ihre Wanderschaft durch die Keramiklandschaft der bedeutenden Werkstätten in Deutschland (u.a. bei Kalscheuer in Frechen, Karlsruher Majolika und W. Kagel sen. in Garmisch-Partenkirchen) noch gar nicht begonnen hatte. Ihre Ausbildung an der Kunstakademie Kassel und in einer nahegelegenen Töpferei sowie an der Keramischen Fachschule in Höhr hatte sie allerdings schon hinter sich, als sie 1927 von Harkorth als Leiterin der Malabteilung und als Entwerferin eingestellt wurde.

Er enthält schon alles, was sie in den langen Jahren ihrer Tätigkeit in Marwitz auszeichnete: u.a. äußerste Präzision bei der geometrischen Handmalerei auf kleinster Fläche. Die radiale Aufteilung der kleinen Fläche (nur 18 cm Durchmesser) in Achtel ermöglicht es ihr, in den Parallelen zum Innenkreis und zu den Teilungslinien Verdichtungen durch die schwarzen parallelen Linien in fast jedem Segment anders auszuführen.

Das zweite gestalterische Element ist die weinrote Flächigkeit, die je nach Ansatz dominant und zurückhaltend beginnend, als Kontrapunkt zur schwarzen Linienführung eingesetzt wird. Der Gegensatz zwischen den alternierenden weinroten Kleinflächen in der Mitte des Tellers sowie am äußerstem Rand und die zeichenhafte schwarze Stichführung bestimmt das Erscheinungsbild dieses einfachen Tellers. Diese einfache Strukturierung zum einfachen Produkt blieb Zeit ihres Lebens ihr Markenzeichen und macht ihre Arbeiten so unverwechselbar. Grundlage für ihre Dekoration ist eine graue Engobe auf einem dunkelrotem Scherben. Dieses Dekor (F 322) ist ebenso auf der Unterseite verzeichnet wie die blaue Lilie, das Fabrikzeichen und ein blaues HB als ihre Signatur.

Das Dekor ist ein eher seltenes in Vordamm gewesen und wurde auch nicht wie andere an ihrer eigenen Produktionsstätte ein paar Jahre später in Marwitz wieder aufgenommen.

[Werner Steinecke]

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Ausstellung „Joseph Beuys: Sammlungshighlights zum 100. Geburtstag“ im Museum Kurhaus Kleve

Anlässlich des 100. Geburtstages von Joseph Beuys (1921-1986) zeigt das Museum Kurhaus Kleve vom 7. Mai bis zum 5. September 2021 im größten Saal des Hauses, der sogenannten Wandelhalle, eine repräsentative Auswahl seiner Beuys-Sammlungsbestände.

Zu sehen sein werden etwa die monumentale Skulptur der „Badewanne“ (1961/1987), die vierteilige Arbeit „Ohne Titel (Mein Kölner Dom)“, (1980), ein umfangreicher Block an Farblithographien aus den 1970er Jahren sowie die fragile Wandarbeit „Seven Palms“ (1974).

Diese Präsentation versteht sich als Ergänzung zur Sonderausstellung „Intuition! Dimensionen des Frühwerks von Joseph Beuys“, die vom 19. Juni bis zum 3. Oktober 2021 im Museum Kurhaus Kleve, rund um das ehemalige Atelier des Künstlers im Gebäudeteil Friedrich-Wilhelm-Bad“, zu sehen sein wird.

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Keramik aus der Sammlung Werner Steinecke: Exkurs über die Entwicklungsgeschichte einer Gattungsepoche

Im Museum Kurhaus Kleve befindet sich eine beeindruckende Sammlung an deutscher Keramik aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, die in circa vierzig Jahren durch den Sammler Werner Steinecke aus Bedburg-Hau zusammengetragen und dem Museum und seinem Freundeskreis in mehreren Schritten übergeben worden ist. Um die gesamte Sammlung einzusehen, die bereits online abrufbar ist, kann als Suchbefehl eingegeben werden: „Sammlung Werner Steinecke“.

Zeitlich einzuordnen ist die Sammlung zwischen der Zeit des Jugendstils in Deutschland und den 1920er und 1930er Jahren, wobei ein prägender Einfluss des Bauhauses hervorzuheben ist. Die Sammlung an Keramik besitzt mehrere Schwerpunkte: Die Umbruchzeit um 1900 strahlte auf das Kunsthandwerk stark aus. In allen Bereichen wurde eine neue Ästhetik entwickelt. Die Architektur entfernte sich genauso vom historistischen Nachahmen wie die neuen Möbel, aber eben auch gerade die Keramik. Dort kamen die westeuropäischen Neuentwicklungen schnell an und wurden in das Produkt umgesetzt. Die englische „Arts and Craft“-Bewegung stand dafür genauso Pate wie die zahlreichen französischen Keramikateliers. Zum ersten Mal in der Produktion der lebensnotwendigen Gebrauchsgegenstände konnte durch die industrielle Fertigungsweise sowie für den normalen Haushalt z.B. Geschirr erworben werden, das ganz nah an der modernen Kunst war oder oft auch direkt von berühmten Künstler*innen und Entwerfer*innen stammte. 

Um die neuen Impulse aufzunehmen, wurden Fachschulen für Keramik gegründet, wobei sicherlich Landshut, Höhr und Bunzlau als wichtigste zu nennen sind. Dort wurde zum Teil schon vorweggenommen, was später in der Bauhauswerkstatt ebenfalls Programm war: Nämlich die Vereinigung alter und neuer Techniken zur Weiterentwicklung der künstlerischen Keramik, die auch in großen Stückzahlen und erschwinglich für jedermann und -frau fast industriell hergestellt werden sollte. 

Es gab zwei Amplituden dieser Entwicklung: Die erste lag kurz vor dem Ersten Weltkrieg, die durch die gewaltigen Veränderungen in der Produktion des Kannenbäckerlandes impliziert wurde. In dieser Region wurden massenweise die tradierten Produkte in blaugrauer Salzglasur entweder in völlig neuen Formen und mit nie zuvor gesehenem reliefiertem geometrischem Dekor oder in völlig neuer Farbgebung, meistens im Kölner Braunton, hergestellt.

Die zweite Amplitude hatte eine viel breitere Ausdehnung und erfasste in den Jahren um 1930 nahezu die gesamte Keramikproduktion in Deutschland. Schaut man sich die führenden Entwerfer*innen dieser Jahre an, so entdeckt man immer wieder dieselben circa 25 bis 30 Namen. All diese Namen waren um die Jahrhundertwende geboren, fast alle waren auf eine der allerorten aus dem Boden schießenden Kunsthandwerkerschulen ausgebildet, alle waren mehrere Jahre lang auf der Wanderschaft durch die führenden Keramikwerkstätten jener Zeit gewesen.

Viele der Kunsthandwerker*innen empfanden sich als Allround-Künstler*innen, die in verschiedenen Metiers zuhause waren. Peter Behrens, Richard Riemerschmid, Hans Christiansen, Josef Maria Olbrich, M. Läuger u.v.a. waren als Architekten, Möbelentwerfer, Gartengestalter usw. tätig. Ihre Entwürfe revolutionierten die von der klassischen Töpferkunst tradierten Formen, aber auch deren Dekore. Das Hand-Töpfern und auch das industrielle Formgießen wurde nicht noch einmal neu erfunden, sondern man bediente sich der klassischen Verfahren. Schlicker- und Gießbüchsenmalerei, Ritzdekore, das Arbeiten mit Modeln und Schablonen wurde allerdings im Sinne der Moderne eingesetzt. Dazu kam das für die Massenproduktion erfundene Umdruckverfahren, das die Handmalerei ersetzte und somit die Produktionskosten absenkte.

Die frühe Keramik-Industrie orientierte sich natürlich im künstlerischen Bereich an dem im Bürgertum nachgeäfften höfischen Geschmack der Porzellanmanufakturen und fand erst nach 1900 so etwas wie eine eigene Form- und Dekorsprache. Am Augenfälligsten ist dies bei den Erzeugnissen des Westerwälder Steinzeugs, das mit den Entwürfen ab ca. 1900 die bisherige Produktion völlig veränderte. Neben klassischem Grau-Blau gab es das Kölnischbraun. Die Dekore bestanden oft aus keramischen Auflagen aus modernen Modelformen, wie sie z.B. die klassischen hessischen Töpfereien in Marburg oder in der Werraregion schon lange benutzten.

In einigen anderen Töpferzentren entwickelten sich die Glasuren weiter. Man experimentierte mit verschiedenen Metallbeimischungen, und heraus kamen Lüster- und Überlaufglasuren, die nicht weit entfernt von den französischen, belgischen oder englischen Keramiken jener Zeit waren (Bürgeln, Kandern, Altona u.a.).

Natürlich verliefen diese Umstellungen auf die künstlerische Moderne nicht konsequent. Die Arbeiten Max Läugers, sicher einer der einflussreichsten deutschen Keramiker des 20. Jahrhunderts, zeigen einerseits bei seinen Gießbüchsendekoren ein handwerkliches Traditionsbewusstsein, andererseits bei den plastischen Arbeiten eine konsequent moderne Auffassung. Die Farbigkeit seiner Arbeiten bewegt sich bei seiner Gefäßkeramik bei braun-rotem Scherben, mit vielfarbiger Schlickermalerei, während bei den Plastiken durchscheinende Glasuren bevorzugt werden. Er selbst gehört zu den Keramikern, die ein großes Interesse daran hatten, das Niveau der Töpferkunst zu heben. Am Ende seines Lebens gab er noch ein Werk heraus, das von seinem konservativen ideologischen Gehalt nahe am Denken von Paul von Schultze-Naumburg war. Er versuchte sich noch einmal konsequent als Volkserzieher mit dem Aufzeigen von guter und schlechter Form. Und scheiterte damit genauso wie später Hedwig Bollhagen, die „ihre Malermädchen“ zu deren Hochzeit mit einem Service zu beschenken pflegte. Zu ihrem Kummer suchten sich diese nämlich nie etwas Modernes, sondern immer etwas mit Blümchendekor aus.

Es gab Versuche auf mehreren Ebenen, die Keramikproduktion zu modernisieren. Den Einfluss der Fachschulen vermag man nicht so recht einzuschätzen, vor allem weil die große Mobilität der Absolvent*innen nur schwer aufzuarbeiten ist. Einige der Absolvent*innen wie Erich Krause und Wolfgang Kreidl (Bunzlau) oder Hedwig Bolhagen (Höhr-Grenzhausen) sind später eindeutig mit ihren Arbeiten nachzuweisen. Für die meisten gilt das nicht.

Die Gründung des Deutschen Werkbundes war einer der Versuche, durch einen Zusammenschluss der Produzent*innen und Entwerfer*innen, oft mit einem eigenen Vertriebssystem (Dürerhaus), das Niveau in allen Bereichen des Kunsthandwerkes zu steigern. Der Werkbund ist als Vorläufer für die Bauhausgründung anzusehen. Bei der Münchner Gründung des Deutschen Werkbundes waren die illustren Namen des frühen deutschen Industriedesigns dabei, die auch in der Keramik eine Rolle spielten, wie Richard Riemerschmid, Josef Maria Olbrich, Max Läuger u.v.a. Es gab noch andere Versuche, die Qualität der Keramik zu sichern. Der „Nürnberger Bund“ war eine Art Einkaufs- und Vertriebsgenossenschaft der Glas- und Keramikfachhändler*innen, die ein hohes Niveau gegenüber der Konkurrenz der Kaufhäuser wahren wollten. In der Sammlung gibt es etliche Stücke, die zusätzlich mit den Stempeln von Werkbund Dürerhaus und Nürnberger Bund versehen sind.

Das in Weimar gegründete Bauhaus mit seiner Rückbesinnung auf die Ideale der mittelalterlichen Bauhütte hatte auch in seinem keramischen Zweig das Hauptziel, das Niveau des Handwerks zu heben. Die Keramische Werkstatt, die nach einigem Hin und Her schließlich auf der Dornburg landete, produzierte einfache strenge Formen. Die beim Bauhaus Tätigen sind hier mit Arbeiten vertreten, die vor allem von ihren nachfolgenden Arbeitsstätten stammen: Fritz Wildenhain, Marguerite Friedlaender-Wildenhain, Johannes Leßmann.

Eine der Werkstätten, die sich um eine neue Form- und Dekorsprache schon vor dem Ersten Weltkrieg bemühte, war Vordamm. Aber es gab noch andere, die frischen Wind in die Produktion brachten: kleinere Werkstätten wie Schatz, Rüppurr u.v.a. Der eigentliche Höhepunkt der künstlerischen „Massenproduktion“ ist sicher in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre zu finden. Die beiden Werke in Velten und Vordamm mit ihren unterschiedlichen Produktlinien und großartigen Künstler*innen wie Theodor Bogler, Hedwig Bollhagen, Werner Gothein, Wolfgang Kreidl, Ursula Fesca und Werner Burri zeigen dort ihre Stärken. Eine erst in den letzten Jahren stärker beachtete Firma ist Hael in Marwitz, die Vorgängerfirma der HB-Werkstätten von Hedwig Bollhagen. Die Entwürfe der später aus Deutschland emigrierten Margarete Heymann-Loebenstein wirken immer noch wie Fanfaren zwischen den Massen des Steinguts. Es hat ihren Arbeiten sicher nicht geschadet, dass das Bauhaus sie nach den ersten Proben als Lehrling nicht behielt. Nach der erzwungenen „Arisierung“ ihrer Firma konnte sie ihre Karriere in Großbritannien nicht im gleichen Metier verfolgen.

Eva Stricker-Zeisel, die 2011 im Alter von 105 Jahren starb, ist eine weitere herausragende Keramikgestalterin um 1930. Ihre Arbeiten für Carstens Hirschau und Schramberg gehören zu den besten für die Zeit um 1930. In den USA ist sie mit ihren amerikanischen Entwürfen eine Stilikone, die in allen entsprechenden Museen zu finden ist.

Die exaltierte Formensprache der westeuropäischen Keramik jener Zeit gab es in Deutschland eher selten. Man kann sie bei den Spritzdekoren wiederfinden, die, offensichtlich inspiriert durch das russische Revolutionsporzellan, Ende der 1920er Jahre eine relative kurze Blütezeit hatten. Unter dem Aspekt der individuellen künstlerischen Gestaltung war dies sicher auch ein Endpunkt.

Artur Hennig, der Leiter der Bunzlauer Fachschule und selbst Entwerfer für etliche deutsche Porzellan- und Keramikfirmen, äußert sich als begeisterter Verfechter der industriellen Produktionsweise von Keramik: „An sich schon lange im Gebrauch, ist die Anwendung der Spritzapparate doch als eine moderne Errungenschaft zu bezeichnen. Nicht nur deshalb, weil dieses Verfahren immer mehr in Aufnahme kommt aus Gründen rationellen Arbeitens, sondern noch aus einem anderen Grunde darf die Technik des Aufspritzens der Farben im Gegensatz zu dem Pinselauftrag modern und zeitgemäß genannt werden. Der Pinselauftrag hat immer etwas von persönlicher Handschrift, die ja oft schlecht sein kann, während beim Spritzen dieses Moment ausscheidet und so die Dekoration die Klarheit der Maschinenschrift erhält. Wie wir uns gewöhnt haben, bei der Maschinenschrift unser Interesse mehr der Sprache, die behandelt wird, zuzuwenden, so ist es ähnlich bei Spritzdekoren. Es kommt mehr auf die gut organisierte Vorarbeit in Entwurf und Schablone an als auf die Zufälligkeiten, die aus dem Charakter des Arbeiters entspringen. Ob man dies begrüßt oder bedauert, ist eine Frage für sich. Auf jeden Fall liegt es in der notwendigen Entwicklung, dass mit der Technisierung das persönlich Betonte durch Sachlichkeit verdrängt wird.“

Die Keramiker*innen fanden trotzdem (oder gerade deshalb?) den Weg zu ihrem individuellen Ausdruck.

Die Kombination von Mal- und Spritzdekor war das Kennzeichen vor allem bei den Produkten der Carstens Werke in Rheinsberg und Uffrecht, aber auch in Elsterwerda und Schramberg. Sie liefern dafür hervorragende Beispiele. Auf den großflächigen Tortenplatten findet man die phantasievollsten Spritzdekore dieser Zeit. Tilmann Buddensieg, der erste Kunsthistoriker, der sich in den späten 1970er Jahren damit befasste, ging noch davon aus, dass 1933 mit diesem „kommunistischen“ Geschirr Schluss gewesen und es massenweise zerschlagen worden sei. Tatsächlich verlief die Gleichschaltung hier langsamer. Im NS-Staat war das Autarkiebesterben ein wichtiger Punkt. Doch der Einfluss aufs Design erfolgte (noch) nicht.

Die Messeanzeigen für Leipzig zeigen noch Spritzdekore bis 1935. Der Einfluss der Formensprache des Bauhauses verschwand nie ganz. Insbesondere bei Hermann Gretsch und seinen Entwürfen für Villeroy & Boch und Arzberg kann man dies aufzeigen. Im Katalog wird dieser Aspekt zusätzlich dokumentiert mit den Arbeiten von Hedwig Bollhagen, Richard Uhlemeyer und Jan Bontjes van Beek.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zwar viele Formen und Dekore der frühen 1930er Jahre wieder aufgenommen, doch die neuen organischen Formen und Abstraktionen begrenzten den Erfolg. Es gab zaghafte „Wiedergutmachungsversuche“, indem vor allem die KPM Berlin und die Rosenthal AG emigrierte Vorkriegsdesigner*innen wie Trude Petri, Walter Gropius, Marguerite Friedlaender-Wildenhain u.a. mit Aufträgen betraut wurden. Theodor Bogler ließ nach dem Krieg als Prior der Abtei Maria Laach weiter produzieren.

Doch die Zäsur war erfolgt und auch nicht mehr rückgängig zu machen. Zwei Entwerferinnen lieferten ihre Entwürfe über diesen Einschnitt hinweg. Ursula Fesca für Wächtersbach und Hedwig Bollhagen für ihren Betrieb in Marwitz. Unter sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Bedingungen näherten sich die Formen- und Dekorsprache in der Keramik in Ost und West einander durchaus an, was man mit dem zeitlich größer werdenden Abstand zur Nachkriegszeit, umso deutlicher erkennt.

Der innere Zusammenhang der Keramik in dieser Sammlung erschloss sich z.T. erst später, als sich allmählich Qualitätsmerkmale herauskristallisierten und der Blick sich weitete, als er hinausging über die anfängliche Begeisterung für bestimmte Firmen. Die ungeheure Vielfalt und die Entwicklungsschübe für die deutsche Keramik sind natürlich auch abhängig von und verbunden mit der zeitgenössischen bildenden Kunst.

[Werner Steinecke]

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Leihgaben für die Ausstellung „Mataré – BEUYS – Immendorff. Begegnung der Werke von Lehrer und Schüler“ in der Akademie-Galerie

Das Museum Kurhaus Kleve hat zahlreiche Werke aus seiner Ewald Mataré-Sammlung für die Sonderausstellung „Mataré – BEUYS – Immendorff. Begegnung der Werke von Lehrer und Schüler“ (27. März – 20. Juni 2021) in der „Akademie-Galerie – Die Neue Sammlung“, einer Einrichtung der Kunstakademie Düsseldorf, zur Verfügung gestellt, die aus Anlass von Beuys’ 100. Geburtstag im Mai 2021 stattfindet.

Seit dem Frühjahr 1947 war Joseph Beuys (1921–1986) Schüler und seit 1951 Meisterschüler von Ewald Mataré (1887–1965) an der Kunstakademie Düsseldorf. Beuys’ arbeiten aus diesen Jahren belegen, dass er sich umfassend und produktiv mit der Ästhetik seines Lehrers auseinandersetzte, insbesondere mit Fragen der Religion, Mythologie und Anthroposophie. Nicht nur mit seinen Aktionen, sondern auch in seiner Lehre löste Beuys sich später von einem traditionellen Kunstbegriff und künstlerisch-didaktischen Konzeptionen.

Die Ausstellung präsentiert und analysiert anhand von frühen Zeichnungen, Plastiken und Holzschnitten Nähe und Distanz der künstlerischen Wurzeln von Mataré und Beuys. Die Begegnung der Werke von Lehrer und Schüler lassen zahlreiche ästhetische Gemeinsamkeiten und bemerkenswerte Parallelen im spirituellen beider Künstler erkennen. Zudem zeigt ein Raum Werke von Jörg Immendorff. Diese Arbeiten des „Beuys-Ritters“ und späteren Professors an der Kunstakademie sind wiederum Reflexionen über den Lehrer Beuys und dessen charismatische Künstlerpersönlichkeit. 

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März 2021: Die neue Sammlungswebsite ist online

Im Herbst 2019 erhielt das Museum Kurhaus Kleve, ergänzt durch Eigenmittel der Stadt Kleve, großzügige Fördermittel vom Landschaftsverband Rheinland und Ministerium für Kultur und Wissenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen, um eine groß angelegte Digitalisierungskampagne zur Veröffentlichung von Kunstbeständen durchzuführen. Die seither geleisteten Maßnahmen waren und sind vielschichtig und intensiv:

Seit Januar 2020 arbeitete unter der Federführung der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Valentina Vlašić ein Team aus ehrenamtlichen und angestellten Mitarbeiter*innen an der Digitalisierung des Inventars der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve und seines Freundeskreises. Daran ehrenamtlich tätig waren (und sind es nach wie vor) Carmen Gonzalez, Annegret Goßens, Stella Hufschmidt, Werner Stein, Werner Steinecke und Xing Xie, regelmäßig unterstützt durch Thomas Bovenkerk. Für einen beschränkten Zeitraum daran bezahlt tätig waren ferner Gerd Borkelmann, Alexandra Eerenstein und Jonathan Mandel. Von Seiten der Museumsmitarbeiter*innen unterstützen die Aktion im Rahmen ihrer Arbeitskapazitäten Hiltrud Gorissen-Peters, Regine Witt und Susanne Seidl. 

Ab Mai 2020 war diese Tätigkeit onlinebasiert über die neue Datenbank „Museum-Plus RIA“ möglich, die im Rahmen des Projekts erworben werden konnte. Der Umstieg vom limitiert nutzbaren „MuseumPlus Classic“ auf die neue Version wurde von der Berliner Firma Zetcom generalstabsmäßig im April 2020 durchgeführt, inklusive einer mehrtägigen, Corona-bedingt online durchgeführten Schulung für sämtliche beteiligten Personen. Dafür, dass das dermaßen erfolgreich im Rahmen des Zeitplans umgesetzt werden konnte, zeichneten sich die Mitarbeiterinnen Verena Hollank und Jennifer Rasch von der Firma Zetcom verantwortlich.

Seither wurden durch alle Beteiligten weit über eine Million Aktionen und Änderungen am Inventar des Museum Kurhaus Kleve und seines Freundeskreises vorgenommen – was für eine knapp über einjährige Nutzung des neuen Programms überaus beachtlich ist. Die neue Version der Datenbank macht es zudem erst möglich, dass sich derart viele Personen – auch von wechselnden Arbeitsplätzen aus – an dieser Maßnahme beteiligen können. 

Im Frühjahr 2021 ging die neue Sammlungswebsite www.sammlung.mkk.art schließlich mit knapp 4.500 Werken online, wofür sich ein Hamburger Team rund um den Typographen des Museum Kurhaus Kleve, Prof. Ingo Offermanns als Art Director verantwortlich zeichnet: das Web Design kommt von David Liebermann und Jana Reddemann, die Programmierung von Dr. Lutz Ißler und seiner Firma Systemantics.

Die neue Sammlungswebsite ist nicht nur für das Museum Kurhaus Kleve wirksam, sondern kann sukzessive auch von weiteren Museen am Niederrhein genutzt werden, so dass kontinuerlich sämtliche Kunstbestände am Niederrhein für die Öffentlichkeit nutzbar gemacht werden können. Eine vollständige Onlinestellung aller Werke des Museum Kurhaus Kleve soll – dank kontinuierlicher, vor allem auch ehrenamtlicher Hilfe – sukzessive in den kommenden Jahren erfolgen.

[Valentina Vlašić]

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