Großes Erwerbungsprojekt „Ewald Mataré & Freunde“: Neuzugang von zehn Kunstwerken für die Ewald Mataré-Sammlung des Freundeskreises

Mit der Unterstützung des Ministeriums für Kultur und Wissenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Förderstiftung Museum Kurhaus Kleve konnte das Museum Kurhaus Kleve als großes Erwerbungsprojekt in den Jahren 2021–2022 für die Ewald Mataré-Sammlung des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. zehn Kunstwerke von Ewald Mataré (1887–1965) und seines Umfelds erwerben:

In den Jahren 1926/1927 reiste Ewald Mataré nach Italien und Frankreich, wo er unter dem Eindruck der Farbgebung von u.a. Giotto und Cimabue einzigartige Suiten von Aquarellen schuf. Aus dieser Zeit konnte „St. Tropez“ erworben werden, ein für den Künstler intimes, erstaunlich farbintensives Aquarell, das am Ende von Matarés expressionistisch geprägtem malerischen Frühwerk steht.

Eine Kuhskulptur konnte erworben werden, die zentral für Matarés Plastik ist. Die Kuh ist ein Thema, mit dem er sich ein Leben lang beschäftigt hat. Die „Grasende Kuh I.“ von 1930 ist ein äußerst seltenes, in der Patinierung exzellent erhaltenes Exemplar mit imposanter Körperlichkeit, von dem nur wenige Güsse bekannt sind. Thematisiert wird das Geschöpf Kuh beim Nahrung aufnehmen – eine von drei essentiellen Zuständen des Tieres (die Kuh, „sie steht in vollendeter Ruhe, sie liegt in vollendeter Ruhe, sie frisst in vollendeter Ruhe“, so Mataré). Selten ist, dass die Kuh hier mit der Nase auf der Platte gezeigt wird.

In den Holzschnitten „Hahn“ und „Zeichen einer Weide“ wird Matarés ornamentales Denken ersichtlich, auf die er die Formen der Tiere in schlüssiger Anwendung reduziert und komprimiert.

Matarés Zeitgenosse Heinrich Campendonk lehrte wie er an der Kunstakademie Düsseldorf, wo er (wie kurze Zeit später Mataré) 1933 von den Nationalsozialisten verdrängt wurde. Im Holzschnitt „Harlekin“ thematisiert er Themen wie Mataré: den Mensch, das Tier, das Ornament. Von Alfred Kubin und Joseph Beuys konnten jeweils eine Originalzeichnung und ein seltener Holzschnitt erworben werden, die der Architekt Willi Basqué seinem Sohn Lukas Basqué geschenkt hat.

Alle übrigen Werke stammen aus dem Besitz von Ilse und Fritz Steinert aus Krefeld. Fritz Steinert war ein Seidenfabrikant. Lukas Basqué ist durch Schenkung und Erbschaft von seiner Großmutter Ilse Steinert und seiner Mutter Dora Basqué (geborene Steinert) sowie durch Ankauf in den Besitz der Werke gekommen.

Die Familie Steinert stammte aus Krefeld. Ihr dortiges Wohnhaus wurde von dem berühmten Architekten Hans Poelzig (1869–1936) errichtet, das dessen einzigen Bau in NRW darstellte. Für die Fassade schuf Mataré 1936/1937 das Relief „Seidenrose“. Ilse und Fritz Steinert, die viele Künstler*innen um sich versammelten, waren jahrzehntelang eng mit Ewald Mataré befreundet. Ihr Schwiegersohn Willy Basqué förderte in den Anfangsjahren den jungen Joseph Beuys. Als dieser 1956 von einer tiefen mentalen Krise getroffen war, holten ihn Willy Basqué zusammen mit Erwin Heerich und Adam Rainer Lynen aus dessen Atelier in Düsseldorf-Heerdt und brachten ihn nach Krefeld. Beuys übernachtete am 3. Mai 1956 bei Basqué in Krefeld, wo er in der Nacht die vier bekannten Zeichnungen auf den Seiten der Brockhaus-Enzyklopädie von 1935 schuf, die sich bereits seit 2002 in der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve befinden. Tags darauf fuhr der junge Beuys mit seinem Vater nach Kleve, wo er später den Sommer auf dem Hof der Brüder van der Grinten in Kranenburg verbrachte, eine heute als legendär geltende Begebenheit, die Beuys in seinem selbst verfassten „Lebenslauf/Werklauf“ als „Beuys arbeitet auf dem Felde“ bezeichnete.

Die neuhinzugewonnenen Arbeiten des Projekts „Ewald Mataré & Freunde“ bereichern die vorhandene „Ewald Mataré-Sammlung“ (-> siehe auch hier) exzellent und prägen das Museum nachhaltig. Sie sollen 2024/2025 in einer großen Retrospektive über Ewald Mataré im Museum Kurhaus Kleve präsentiert werden.

[Valentina Vlašić]

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Imposante Frauenbüste von Achilles Moortgat (1881–1957) aus dem Vermächtnis von Karl-Heinz Schayen, Kleve

Im Oktober 2022 erhielt das Museum Kurhaus Kleve aus dem Vermächtnis von Herrn Karl-Heinz Schayen (†2022) zu Kleve eine imposante Frauenbüste des in Kleve in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ansässigen Bildhauers Achilles Moortgat (1881–1957). Sie stammt aus der Familie des Schenkers Karl-Heinz Schayen und zeigt dessen Großmutter, Frau Wilhelmine Lamers (geborene Kaldenhoff, †1934). In Auftrag gegeben wurde die Skulptur durch ihren Ehemann, Herrn August Lamers. Von den Kindern der beiden, Annemarie und Hans Lamers, existiert eine weitere Büste von Achilles Moortgat in Berliner Privatbesitz. 

Achilles Moortgat gehörte zu einer der führenden Künstlerpersönlichkeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Kleve. 1881 in St. Gillis-bij-Dendermonde geboren, studierte Moortgat an der St.-Lukas-Schule in Gent und an der Akademie der schönen Künste in Antwerpen. 1904 erhielt er als Auszeichnung die „Primus-Medaille“, 1909 den „Prix-de-Rome“. 1911 holte ihn der Klever Künstler Gerd Brüx (1875–1944) nach Kleve, um sein Atelier zu leiten, bis er sich nach dem Ersten Weltkrieg schließlich selbständig machte. 

1936 fungierte Achilles Moortgat als einer der Mitbegründer der klevischen Künstlergilde „Profil“, an deren Jahresausstellungen er auch mehrere Jahre mitwirkte. 1937 war Moortgat mit einer Skulptur bei der Großen Deutschen Kunstausstellung in München vertreten, wonach Adolf Hitler diese für seine Kunstsammlung erwarb – wie es der Klever Heimatkalender für das Jahr 1938 berichtete. Moortgat hatte sich den kulturellen Verhältnissen in Deutschland angepasst und war in die Reichskulturkammer eingetreten. Noch im Ersten Weltkrieg hatte er darum bangen müssen, als Ausländer ohne Arbeit interniert zu werden (da das Atelier von Gerd Brüx durch die Einberufung der dort beschäftigten Bildhauer zwischenzeitlich schließen musste). Der damalige Dechant der Klever Stiftskirche, Gerhard Sprenger, hatte sich bei der Polizei persönlich für Moortgat eingesetzt, so dass dieser unbeschadet in Kleve bleiben durfte.

Während des Zweiten Weltkriegs blieb Moortgat mit seiner Ehefrau Louise Mommens und der 1915 geborenen Tochter Mia in Kleve. Bei dem verheerenden Luftangriff auf Kleve im Oktober 1944 wurde sein Wohnhaus und Atelier an der Gruftstraße in Kleve völlig zerstört. Er wurde mit seiner Familie erst nach Grieth in Kalkar evakuiert, danach in ein Lager in Bedburg Hau interniert. Dadurch ergriff er im Alter von 64 Jahren die Gelegenheit, nach Flandern zurückzukehren, wo er jedoch nicht mehr an frühere Erfolge anknüpfen konnte. Am 9. Dezember 1957 verstarb Achilles Moortgat in Baasrode.

Achilles Moortgat bleibt sowohl als klassischer Bildhauer wie auch als Maler in Erinnerung, der während seiner 44 Jahre am Niederrhein die klevische Kunstszene prägte und beeinflusste. Dort baute er u.a. die sogenannte Schule von Dendermonde auf, eine flämisch-postimpressionistische Strömung, deren Pinselführung breit und Farbgebung dunkel war und mit Lichtkontrasten experimentierte. Er war sowohl als Porträtist wie auch als Maler beliebter Städte wie Brügge und Gent sowie Motive längs der Schelde bekannt. Später folgten Bilder von Kleve und Umgebung sowie Blicke auf den Rhein. Für das Museum Kurhaus Kleve gilt es, seine kunsthistorische Stellung – auch anhand der neuen hier vorliegenden Arbeit – aus heutiger Sicht zu untersuchen und ihn in einen zeitgemäßen Kontext mit den Künstler*innen der damaligen Zeit zu setzen.

[Valentina Vlašić]

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Schöne kleine Schenkung aus Privatbesitz: ein abstraktes Bild der Malerin Lisa Hoever

Die Kolleg*innen des Museum Franz Gertsch in Burgdorf in der Schweiz – mit denen das Museum Kurhaus Kleve nicht nur durch seine „Silvia II.“ dauerhaft verbunden ist – haben sie als Geistesverwandte des großen Franz Gertsch erkannt und jüngst ausgestellt: die in Bern arbeitende Malerin und Graphikerin Lisa Hoever. Das Museum Kurhaus Kleve und sein Freundeskreis dürfen sich nun über eine starke abstrakte Position dieser Künstlerin für seine Sammlung freuen, die aus Kölner Privatbesitz zu ihnen gekommen ist und sich nahtlos in die vorhandene Sammlung einfügt. 

Die klein-, mittel- und großformatigen, farbstarken Werke der Malerin Lisa Hoever bewegen sich in einer Bandbreite von abstrakten bis figürlichen Darstellungen. Die Künstlerin arbeitet mit Öl, Aquarell und Mischtechnik auf Papier oder Leinwand. Ausgangs- und Bezugspunkt ihrer Arbeiten sind immer figürliche „Modelle“. Dabei handelt es sich seltener um Personen, sondern häufiger um getrocknete Früchte und Beeren, Blüten, Knospen, Blätter, Zweige, Äste, Gräser, aber auch Gefäße, Stoff­muster oder Verpackungsmaterial. 

Persönliche Gedankengänge bestimmen ihre Komposition immer mit: die Idee einer Doppelung, die Spiegelung eines Objekts oder einer Form, Partnerschaften und Gegensätze, etwas Florales oder ein Ornament, Linien und Punkte. In der Ausführung wird die Gegenständlichkeit jedoch häufig zugunsten von Farbe und Form aufgelöst. Lineare, zeichnerische Elemente und mehrschichtig aufgetragene oder gegossene Farbflä­chen treffen in den Werken der Künstlerin zusammen. 

Was entsteht, sind keine stilllebenhaften Darstellungen von Objekten mit klassischem Vorder- und Hintergrund – Lisa Hoever schafft vielmehr eigene Realitäten im Bild. Ihre Objekte verwandeln sich in bildwürdige Entitäten innerhalb des sie umfangenden Bildrands. Beim vorliegenden Blatt geht die Künstlerin an die Grenzen ihrer Technik, bei der sie das Papier auf dem Boden liegend bearbeitet und mit dünnflüssiger Farbe von mehreren Richtungen aus übergossen hat. 

Lisa Hoever wurde 1952 in Münster geboren und lebt seit 1988 in Bern. Sie studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Rolf Sackenheim und Alfonso Hüppi, dessen Meisterschülerin sie war, und war langjährige Dozentin an der Hoch­schule der Künste Bern HKB. Seit den späten 1970er Jahren übt sie eine rege Ausstellungstätigkeit im In- und Aus­land aus. So fand u.a. 2008 eine Retrospektive ihrer Arbeiten im Kunstmuseum Winterthur statt, 2021-2022 eine große Übersichtsausstellung im Museum Franz Gertsch in Burgdorf („Lisa Hoever. Nachmittagslicht“), für die vorliegende Arbeit als Edition entstanden ist.

[Valentina Vlašić]

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Schöne kleine Schenkung aus Privatbesitz: Fernand Légers „Ausflug auf das Land“ von 1955

Eine schöne kleine Schenkung bereichert ab September 2022 die Sammlung des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. für das Museum Kurhaus Kleve: Aus Düsseldorfer Privatbesitz gelangte eine Originallithographie des französischen Malers und Graphikers Fernand Léger (1881–1955) nach Kleve, die in der Reihe „Derrière le miroir“ erschienen ist. 

Fernand Léger zählt heute zu den bedeutendsten französischen Maler*innen des 20. Jahrhunderts, der bestrebt war, eine für alle zugängliche Form der Kunst zu schaffen, wodurch seine Werke als Vorläufer der „Pop Art“ angesehen werden dürfen.

Die vorliegende Arbeit ist die letzte Fassung von drei Variationen zu einem Thema, mit dem Léger eine sozial-gesellschaftliche Neuigkeit feiert: in Frankreich wurde bezahlter Urlaub eingeführt. Selbstverständlich orientierte er sich dabei auch an Edouard Manet, dessen „Frühstück im Grünen“ von 1863 einen Skandal auslöste, weil sich darin vor allem eine nackte Frau inmitten einer Gruppe von bekleideten Männern in der Landschaft zeigte. 

Bei „La Partie de Campagne“ stellt Léger eine Szene im Freien dar, die ohne seine übliche Fragmentierung des Raums durch den analytischen Kubismus auskommt. Die konstruiert wirkende Landschaft ist das Gegenteil jedweden Naturalismus, der Einsatz von Farbe ist frei und mitunter willkürlich. Die Szenerie ist rechts von einem japanisch anmutenden Baum abgeschlossen und mit diversen Zeichen versetzt. 

Die Graphik ist in der Künstler*innen-Edition „Derrière le miroir“ (oder kurz „DLM“) erschienen (Ausgabe Nr. 121-122; veröffentlicht im Jahr 1960), die von dem französischen Verlegerpaar Maeght in den Jahren 1946 bis 1982 herausgegeben wurde. Ein Hauptbestandteil der meisten Hefte war eine Originalgraphik (Lithographien, Radierungen, Serigraphien oder Holzschnitte), die meistens in der Druckerei von Fernand Mourlot gedruckt wurde. 

Mit insgesamt 201 Ausgaben mit Werken bekannter Künstler*innen wie Marc Chagall, Joan Miró, Georges Braque, Pablo Picasso und vieler mehr stellt „Derrière le miroir“ heute ein wichtiges Zeitdokument zur bildenden Kunst der Nachkriegszeit dar. Die meisten Graphiken sind auch jeweils in den Werkverzeichnissen der entsprechenden Künstler*innen zu finden, wodurch die Blätter bis heute begehrte Sammlerstücke sind.

Léger und Maeght verband eine gemeinsame Geschichte. Im Mai 1949 fand in der Galerie Maeght in Paris die Ausstellung „Abstrakte Kunst“ statt, die von Andry-Farcy, dem Kurator des Musée de Grenoble, und Michel Seuphor organisiert wurde und die Zusammenarbeit zwischen Fernand Léger und Aimé Maeght einleitete. Auf Empfehlung von Léger besuchten Aimé Maeght und seine Frau Marguerite die Vereinigten Staaten, um ihre Trauer über den Tod ihres jüngsten Sohnes Bernard zu überwinden. Nachdem sie mehrere amerikanische Stiftungen – u.a. Barnes, Philips, Guggenheim – besucht hatten, beschlossen sie, etwas zu schaffen, an dem sie ihre Sammlung zusammenbringen und mit Künstler*innen-Freunden zusammenarbeiten und Ideen diskutieren konnten. 

[Valentina Vlašić]

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Schöne kleine Neuerwerbung für den kunstgewerblichen Teil der Ewald Mataré-Sammlung im Museum Kurhaus Kleve

Beim ersten Augenschein meinen Betrachter*innen eine kleine Kuhskulptur von Ewald Mataré (1887–1965) zu erkennen, wenn sie sich die schöne kleine Neuerwerbung ansehen, die der Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkkoek-Haus Kleve e.V. im September 2022 für die Ewald Mataré-Sammlung im Museum Kurhaus Kleve erworben hat. Denn das Objekt aus dunkelrotem, hart gebranntem Ton weist einen bauchigen Körper, einen langen Hals und vier kleine Füßchen auf. Doch in Wahrheit handelt es sich um ein Nutzobjekt, das Ewald Mataré in den Kriegsjahren 1944/1945 für den eigenen Gebrauch geschaffen hat: eine Pfeifenschale. Bekanntlich war Mataré zeitlebens Raucher, nicht von Zigarren oder Zigaretten, sondern von Pfeifen, die er in dem vorliegenden Objekt abzulegen pflegte. 

Die kunstgewerbliche Skulptur hat eine regelrechte kleine Odysee hinter sich, bis sie in das Klever Museum gelangte. Nach Matarés Tod 1965 schenkte sie die Tochter des Künstlers, Sonja Mataré (1926–2020), an eine enge Freundin der Familie, Christa Peters in Mönchengladbach. Christa Peters nahm in den 1950er Jahren am von Sonja Mataré regelmäßig organisierten „Jour fixe“ im Atelierhaus Mataré in Meerbusch-Büderich teil, bei dem u.a. auch Joseph Beuys anwesend war. Als Christa Peters 2019 starb, gelangte das kleine Objekt in den Kunsthandel, erst zu VAN HAM Kunstauktionen in Köln, danach über einen Sammler zu Peter Karbstein, Kunst- und Auktionshaus in Düsseldorf, wo sie schließlich in Kölner Privatbesitz gelangte. Dieser bot die Skulptur dem Freundeskreis des Klever Museums an, der sie letztlich für die Ewald Mataré-Sammlung erwerben konnte. 

Bei einer großen Retrospektive über Ewald Mataré 2024/2025 im Museum Kurhaus Kleve soll sie erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden, wo sie einen Platz unter den kunsthandwerklichen Exponaten des Künstlers einnehmen wird. 

[Valentina Vlašić]

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Leihgaben aus Kleve für die Ausstellung „Entfernte Verwandte. Tierskulpturen von Ewald Mataré, Hans Martin Ruwoldt & Renée Sintenis“ im Kunsthaus Stade

Das Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung und sein Freundeskreis leihen mehrere Werke seiner umfassenden Sammlung von Ewald Mataré (1887–1965) für die Ausstellung „Entfernte Verwandte. Tierskulpturen von Ewald Mataré, Hans Martin Ruwoldt & Renée Sintenis“ im Kunsthaus Stade, die von 1. Oktober 2022 bis 15. Januar 2023 zu sehen sein wird. 

Die Ausstellungsidee ist neu und interessant: Die gemeinsame Klammer zwischen den drei unterschiedlichen (und doch gar nicht so unterschiedlichen) Künstler*innen-Persönlichkeiten bildet der Zugang zum Tier: Tiere gehören seit jeher zum Menschen, doch war und ist es nicht immer eine friedliche Koexistenz, die das Zusammenleben prägt: Fürsorge und Verbundenheit wechseln sich mit Angst, Abhängigkeit und Tötung ab. Alles Animalische wird oftmals als „das Andere“ betrachtet, einerseits als das Beschränkte und Triebhafte, andererseits als das Unbewusste, das noch in Harmonie mit der Natur steht. Dabei ist eine Verwandtschaft zwischen Mensch und Tier unbestritten, gehört doch der Mensch auch zu den Primaten und damit zu den höheren Säugetieren.

Die Auseinandersetzung mit diesem Neben-, Mit- und Gegeneinander schlägt sich seit Jahrtausenden in der Kunst nieder, Künstler*innen nehmen sich in ihrem Werk der Tiere an. Zuerst dienten sie in der plastischen Darstellung jedoch nur als Beiwerk und Bezugspunkte oder als Symbole. Dies ändert sich Mitte des 19. Jahrhunderts – von nun an begegnen wir an vielen Orten Tierskulpturen und -Plastiken, jetzt beginnt eine Popularisierung des Tiermotives. Vor allem Kleinplastiken aus Bronze entstehen, die Auskunft über die verschiedenen Blickwinkel auf das Verhältnis zwischen Mensch und Tier geben.

Mit Werken von Ewald Mataré, Hans Martin Ruwoldt und Renée Sintenis können verschiedene Positionen plastischer Tierdarstellungen des 20. Jahrhunderts präsentiert werden, um die künstlerische Auseinandersetzung, die Bewunderung und das Erstaunen eindrucksvoll vorzuführen. Dabei ist offensichtlich, dass nicht nur die Darstellungsarten, sondern auch die Interpretation von höchster Komplexität sind.

Die meisten Werke der geplanten Ausstellung entstehen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Renée Sintenis, Hans Martin Ruwoldt und Ewald Mataré schaffen zahlreiche Kleinplastiken von Tieren aus Bronze und Holz. Und trotz der zeitlichen und motivischen Nähe sind die Werke der drei Bildhauer*innen deutlich voneinander abzugrenzen. Die Ausstellung macht auf Zusammenhänge und Varianz aufmerksam und stellt die Komplexität des Themas in den Vordergrund.

Weitere Informationen unter www.museen-stade.de.

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„Silvia“ kehrt als Leihgabe zurück an ihren Ursprungsort – nach Burgdorf, zur Jubiläumsausstellung im Museum Franz Gertsch

Obwohl „Silvia II.“ (2000), die Ikone der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve, gerade zentraler Bestandteil der Ausstellung „Schatzhaus und Labor. 25 Jahre Museum Kurhaus Kleve“ ist, geht sie von September 2022 bis März 2023 auf Reisen. Denn auch das Museum ihres Schöpfers, des Schweizer Malers Franz Gertsch, feiert ein wichtiges Jubiläum, für das sie einen zentralen Bestandteil darstellen soll: Es begeht feierlich sein 20-jähriges Bestehen. Aus diesem Grund gibt das Museum Kurhaus Kleve seine „Silvia II.“ gerne als Leihgabe für die Ausstellung „Kaleidoskop. 20 Jahre Museum Franz Gertsch“ im Museum Franz Gertsch in Burgdorf, wo sie von 17. September 2022 bis einschließlich 5. März 2023 ausgestellt sein wird. 

Aus diesem Anlass gezeigt wird eine Ausstellung mit Gemälden und Holzschnitten von Franz Gertsch aus den letzten zwanzig Jahren bis hin zu neuen, erstmals präsentierten Arbeiten. Darunter befinden sich auch prominente Leihgaben anderer Museen, die in Burgdorf bereits länger nicht mehr zu sehen waren.

Der Begriff „Kaleidoskop“ wird im Zusammenhang mit der Ausstellung als Sinnbild für lebendige Farbigkeit, für eine vielseitige Abfolge von Motiven, Farben und Sinneseindrücken beim Betrachten der Werke verstanden. Die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung erleben ein Kaleidoskop der Kunst von Franz Gertsch. Das Motto wird zusätzlich auf das Programm der Jubiläumsfeier vom Samstag, 17. September 2022 übertragen, das mit vielfältigen kunstvermittlerischen, musikalischen und kulinarischen Höhepunkten aufwartet. Franz Gertsch hat über die Jahrzehnte hinweg ein umfassendes Werk geschaffen, in dem bestimmte Motive in Variationen auftreten. Sei es das gleiche Motiv in den Techniken Malerei und Holzschnitt oder auch in der gleichen Technik in Farbvariationen.

In der Ausstellung werden nun erstmals seit vielen Jahren wieder die drei Silvia-Gemälde zusammengeführt: Während sich „Silvia I.“ (1998) im Besitz des Museum Franz Gertsch befindet und eine zentrale Rolle in seiner Gründungsgeschichte spielt, gehört „Silvia II.“ (2000) zur Sammlung des Museum Kurhaus Kleve (D) und „Silvia III.“ (2003/04) zum Kunsthaus Zürich. In einem anderen Raum sind Holzschnitte der so genannten „Regenbogen-Reihe“ der „Silvia“ (2001/02) aus der Sammlung des Künstlers ausgestellt. Auch die Werkgruppe „Guadeloupe“ ist erstmals seit Jahren wieder in Gemälden und Holzschnitten im Museum präsent – seit 2014 befanden sich die Gemälde im Museum Folkwang, Essen (D) als Dauerleihgabe. Die Festrede aus Anlass der Eröffnung der Jubiläumsausstellung hält Guido de Werd, der Gründungsdirektor des Museum Kurhaus Kleve, der sich auch für die Erwerbung der „Silvia II.“ für die Klever Sammlung verantwortlich zeichnet.

Weit öffnet sich die Vielfalt der Motive Gräser, Pestwurz, Waldweg und Jahreszeiten-Darstellungen in den Techniken Malerei und Holzschnitt – die Bandbreite reicht von Darstellungen in Lokalfarbigkeit bis zur Monochromie und den in echtes Ultramarinblau getauchten Landschaften der späten Jahre. Ein Raum ist dem Thema „Meer“ gewidmet: Im Rückgriff auf photographische Vorlagen, die in den 1970er Jahren in Saintes-Maries-de-la-Mer entstanden, schuf Franz Gertsch seit 2013 weitere Gemälde und Holzschnitte zum Thema. Der Holzschnitt „Meer“ (2020/21) und das Gemälde „Meer II.“ (2021/22) sind erstmals ausgestellt.

Weitere Informationen über die Ausstellung und das Museum sind ->hier abrufbar. 

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Ca. 1.200 Werke für das Museum Kurhaus Kleve: Hochbedeutende Schenkung an Kunstwerken von Ewald Mataré (1887–1965) geht nach Kleve

Ein Teil des künstlerischen Nachlasses von Ewald Mataré (Aachen-Burtscheid 1887–1965 Büderich bei Düsseldorf) befindet sich bereits seit 1988 im Besitz der Stadt Kleve, der als Grundstock für das 1997 eröffnete Museum Kurhaus Kleve diente, das auch seinen Namen trägt („Ewald Mataré-Sammlung“). Am 7. Oktober 2020 verstarb Frau Sonja Mataré (1926–2020), die Tochter des Künstlers, die ihr Leben dem Werk ihres Vaters gewidmet hat. Testamentarisch bedachte sie den Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. mit einem großartigen Vermächtnis an ca. 300 Werken ihres Vaters. Ihren langjährigen Wegbegleiter und Vertrauten, Herrn Drs. Guido de Werd, den damaligen Direktor des städtischen Museums und Gründungsdirektor des Museum Kurhaus Kleve, machte sie zu ihrem Alleinerben. Dieser schenkte der Stadt Kleve und damit dem Museum Kurhaus Kleve über 900 Arbeiten von Ewald Mataré aus allen Gattungen und Schaffensperioden.

Ewald Mataré, ein bedeutender Vertreter der Klassischen Moderne in Deutschland, stellt Mitte des 20. Jahrhunderts die zentrale Bildhauerpersönlichkeit des Rheinlands dar. 1932 wurde er auf Initiative von Paul Klee und Walter Kaesbach an die Kunstakademie Düsseldorf berufen, dort jedoch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bereits im Juli 1933 wieder entlassen (wohin er erst nach 1945 wieder zurückkehrte). 1933 war Ewald Mataré von der Stadt Kleve mit einem großplastischen Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs beauftragt worden, dem sog. „Toten Krieger“. Dieses Denkmal wurde im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ 1937 zerschlagen und verscharrt, vierzig Jahre später jedoch wieder aufgefunden und rekonstruiert. 

1988 hat die Stadt Kleve von Ewald Matarés Tochter Sonja Mataré Teile von dessen künstlerischem Nachlass – ca. 200 Plastiken, Keramiken, Aquarelle, Zeichnungen und Holzschnitte – für das neu zu planende städtische Museum im ehemaligen Kurhaus der Stadt erhalten, das 1997 eröffnete und den Namen „Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung“ erhielt. 

Darüber hinaus gab Sonja Mataré auch noch wichtige Werke als Dauerleihgabe. Die Sammlung konnte seitdem durch Neuankäufe sowie Schenkungen noch wesentlich erweitert werden. Auf diesem Bestand aufbauend hat sich das Museum in besonderer Weise dem Werk von Ewald Mataré gewidmet. Durch Leihgaben aus seinem Bestand ermöglichte es zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland, die den Namen des Künstlers weit über Nordrhein-Westfalen und Deutschland hinaus bekannt gemacht haben. Darüber hinaus erarbeitete das Museum Kurhaus Kleve drei Werkverzeichnisse der Arbeiten Matarés: das der Holzschnitte, Zeichnungen und Aquarelle. Seit mehreren Jahren wirkt das Museum schließlich auch noch mit an einem überarbeiteten Werkverzeichnis der Skulpturen, das 2022 erscheinen soll. 

2020 verstarb im 94. Lebensjahr die Tochter des Künstlers, Sonja Mataré. Dadurch hat der Bestand der Kunstwerke im Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung einen gewaltigen Zuwachs erfahren: 

Sonja Mataré vermachte dem Förderverein des Museums, dem Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V., ein wichtiges Konvolut an Arbeiten ihres Vaters, in dem sich besonders ikonische Werke befinden. Darunter sind auch Skulpturen, die in anderen Museen als Dauerleihgaben ausgestellt sind, z.B. im Museum Schloß Gottorf in Schleswig und dem Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen. 

Zu diesem Vermächtnis von Sonja Mataré zählt auch das umfassende Privatarchiv des Künstlers, das u.a. seine persönliche Korrespondenz enthält, die in der Berliner Zeit 1915 beginnt und mit seinem Tod 1965 endet. Darunter befindet sich u.a. originaler Briefverkehr mit hochbedeutenden und in die deutsche Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts eingegangenen Zeitgenossen wie Herwarth Walden, Alfred Flechtheim, Fritz Gurlitt, Ferdinand Möller, Karl Hofer, Ludwig Mies van der Rohe – um nur einige wenige zu nennen.

Darunter befindet sich ferner – als wichtigstes Zeitdokument über Mataré überhaupt – der komplette Bestand seiner handgeschriebenen Tagebücher, deren Aufarbeitung nochmals zusätzlich einen völlig neuen Aspekt über das Leben und Wirken Matarés liefern wird. Der renommierte Kunstbuchverlag Wienand gab 1997 eine Fassung der Tagebücher Matarés heraus – die jedoch gekürzt erschienen ist und bei weitem nicht den vollen Umfang der faszinierenden Gedankenwelt des Künstlers wiedergibt, die in den Originalen vollumfänglich enthalten ist. Fünfzig Jahren lang hat Ewald Mataré all seine Gedanken, Wünsche und Anregungen, aber auch private Höhen und Tiefen, in seinen Tagebüchern festgehalten – dabei handelt es sich um ein unersetzbares Originaldokument von höchster Qualität und Güte, das es zwingend zu erarbeiten und zu veröffentlichen gilt! 

Doch über das Vermächtnis an den Freundeskreis hinaus existierte noch ein zweiter und weit größerer Bestand im Besitz der Tochter des Künstlers. Zum Alleinerben dafür ernannte Sonja Mataré ihren langjährigen Weggefährten, den Gründungsdirektor des Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Guido de Werd. Im Sinne von Sonja Mataré hat dieser mehr als 900 Arbeiten von Ewald Mataré dem Klever Museum geschenkt. Darunter befinden sich 263 Skulpturen (u.a. aus Holz, Bronze und Gips), 63 Druckstöcke, 455 Zeichnungen und Entwürfe, 101 Aquarelle, 3 Gemälde sowie 20 „Kunst am Bau“-Entwürfe in Originalgröße. 

Darunter befindet sich ebenfalls die Einrichtung des bis 2021 vollständig im Original enthaltenen Ateliers von Ewald Mataré in dessen Haus in Meerbusch-Büderich – das Sonja Mataré zeitlebens bewohnte und liebevoll pflegte. Dieses Wohn- und Atelierhaus der Familie Mataré wurde Ende 2021 in ein Künstlerhaus für die dHCS-Stipendiat*innen umgewandelt.

Andere öffentliche Sammlungen, die bedeutende Werke (insbesondere Arbeiten aus Holz) von Ewald Mataré besitzen, sind das Museum Ludwig in Köln, die Hamburger Kunsthalle, das Sprengel-Museum in Hannover, das Museum Kunstpalast in Düsseldorf, das Lehmbruck-Museum in Duisburg, die Moderne Galerie in Saarbrücken und die Kunsthalle in Bern. Die überwältigende Mehrzahl an Skulpturen von Ewald Mataré befindet sich heute in öffentlichen Sammlungen. Die absolute Konzentration davon befindet sich im Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, wodurch hier die unbedingte Verpflichtung besteht, angemessen mit dem Werk seines Namensgebers umzugehen. 

In den Jahren 2021–2022 hat das Museum Kurhaus Kleve eine erste Erfassung dieses eindrucksvollen Neubestands durchgeführt und die Kunstwerke photographiert und gelistet. Dieser Datenbestand ist am 1. Juli 2022 online gegangen und kann auf dieser Sammlungswebsite u.a. mit folgenden gezielten Begriffen in der Suchleiste angesehen werden: 

  • Werke, die Sonja Mataré an den Freundeskreis vermacht hat: 
    Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung; Dauerleihgabe des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V.; Vermächtnis Sonja Mataré, Meerbusch-Büderich (oder kurz: „Vermächtnis Sonja Mataré“)
  • Werke, die Guido de Werd aus dem Nachlass von Sonja Mataré an die Stadt Kleve bzw. das Museum Kurhaus Kleve geschenkt hat:
    Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Schenkung Guido de Werd 2021 aus dem Nachlass Sonja Mataré (1926-2020) (oder kurz: „Schenkung Guido de Werd 2021“)

Nur einzelne Hauptwerke dieses Vermächtnisses bzw. dieser Schenkung sind unter diesem Artikel unter „Verknüpfte Objekte“ angeführt. Den Komplettbestand an Arbeiten von Ewald Mataré können Sie auch über die Personensuche unter „Künstler*innen“ (siehe Menü oben rechts) oben, dann im Alphabet unter „M“ und einem gezielten Klick auf „Ewald Mataré“ einsehen. 

Mit diesem ersten Schritt der Onlinestellung ist die Arbeit an diesem kunsthistorisch großartigen Konvolut noch lange nicht abgeschlossen. In den nächsten Monaten und Jahren müssen weitere notwendige Schritte durchgeführt werden: Es muss eine wissenschaftliche Aufarbeitung und Einordnung der Kunstwerke stattfinden, wie auch eine Ersterfassung der hochbedeutenden Dokumentation des Künstlers. 

Alle Werke und Dokumente von Ewald Mataré (wozu Skulpturen, Graphiken, Gemälde, Kunstgewerbe und Dokumentation zählen) sollen sowohl weiterhin auf dieser Sammlungswebsite des Museum Kurhaus Kleve veröffentlicht als auch in einem umfassenden Bestandskatalog des Museum Kurhaus Kleve präsentiert werden, der als wichtiges Vorzeigeprojekt und gültiges Standardwerk des Klever Museums präzise recherchiert und mit großer Sorgfalt realisiert werden soll. 

Eine Anzahl der Werke muss restauriert werden; die Restaurierung durch Fachkräfte muss kunsthistorisch begleitet und koordiniert werden. Dazu gehören ca. 40 Skulpturen aus Gips – Originalentwürfe Ewald Matarés, die als Vorlagen für die Skulpturen aus Bronze dienten – sowie 20 „Kunst am Bau“-Entwürfe in Originalgröße (mitunter bis zu vier Meter lange Blätter). 

Im Rahmen einer opulenten Retrospektive Ende 2024 / Anfang 2025 im gesamten Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung soll der Neubestand der Öffentlichkeit fulminant präsentiert werden, zu der auch der oben beschriebene Bestandskatalog erscheinen und zu der auch ein entsprechendes Begleitprogramm konzipiert werden soll.

[verfasst von Valentina Vlašić und Guido de Werd]

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Schenkung eines Gemäldes des Klever Malers Manes Peters (1906–1980)

Aus Privatbesitz und bester Provenienz stammend – dem Umfeld der Familie des Künstlers kommend – erhielt das Museum Kurhaus Kleve im August 2022 die Schenkung eines Gemäldes des Klever Malers Manes Peters, der eine wichtige Position für die Kunst in Kleve in der Mitte des 20. Jahrhunderts einnimmt und in einem Atemzug mit malenden Klever Zeitgenossen wie Josef Mooren, Bernd Schulte, Albert Reibmayr, August Lüdecke und anderen genannt werden muss.

Manes Peters malte Mensch und Natur am Niederrhein, Bauer und Bäuerin bei der Kaffeepause oder auf dem Ac­ker, den Landwirt bei der Feldbe­stellung, bei der Getreide-, Kar­toffel- und Rübenernte, die Mel­kerin an der Viehtränke und Pum­pe, den Fuhrmann mit Gaul und Karren und die Fischer an Strom und Altrhein. Kate und Hof, Kopfweiden und Kolke, Rhein­strom und jenseitiges Ufer, Alt­rhein, Deichkrone und so manches verträumte Dorf im Klever Land bilden den jeweiligen Hinter­grund. Manes Peters kannte und mochte Land und Leute am Niederrhein. In seinen Bildern bezeugte er zeitlebens seine Wertschätzung für Menschen in Arbeitskleidung und in der stillen Genüg­samkeit ihres Lebens. 

Manes Peters wurde am 6. April 1906 in Kleve als zwölftes Kind (von insgesamt vierzehn Kindern) von (dem legendären) „Eps“ Peters und Ma­ria (geborene Aengenheyster) geboren. Sein Geburtsname war Hermann Heinrich Antonius Peters. Seine Eltern unterhielten eine Weinkellerei und ein Feinkostgeschäft sowie ein Restaurant mit Weinstube. Der junge Hermann besuchte die Rektoratsschule in Xanten, besaß jedoch früh den Wunsch, Maler zu werden – den sein Großvater, der Tierarzt Dr. Aengenheyster, erkannte und dessen malerisches Talent er förderte. 

Erste Anregungen holte sich der junge Hermann in die Klever Malerwerkstätten von Gerhard und Heinrich Lamers. Bei Jupp Brüx in Kleve, der beispielsweise das „Schüsterken“ schuf, hatte er seine ersten prägenden Lehrjahre. 1923 studierte er schließlich an der Gewerbeschule in München bei Prof. Roth. 1925 war er als Kirchenmaler bei Gerd Lamers in Münster tätig, 1927 als Schüler beim „Pferdemaler“ Albert Baur in Düsseldorf. 1928 studierte er drei Jahre an der Kunstakademie Düsseldorf und war Privatschüler von Heinrich Schröder und Carl Hans Schrader-Velgen. 1939 ging er erneut nach München, um an der Kunstgewerbeschule zu lernen, wo er u.a. Techniken und Stilrichtungen bei Prof. Weißgärber erlernte. Im Anschluß reiste er in seinen Wanderjahren durch Deutschland, um sein malerisches Handwerk zu erweitern. 

Zurück in Kleve erhielt er von den dort amtierenden Nationalsozialisten Malverbot, da er sich weigerte, der örtlichen NSDAP beizutreten. Hermann Peters war schließlich von 1939 bis 1945 Soldat für die deutsche Wehrmacht, wo er u.a. an die Fronten in Holland und Russland versendet wurde. Schon in den ersten Kriegsjahren, vor Ausbruch des Polenfeldzuges im September 1939, ließ sich Peters in dem rechtsrheinisch gelegenen Dorf Dornick nieder, wo er eine alte Windmühle bezog, die er sich zum Wohnhaus und Atelier umbaute. An diesem Ort legte er sich den Namen „Manes“ zu, den er fortan führte. 

In den ersten Nachkriegsjahren malte er gegen Naturalien. 1959 lernte er seine spätere Ehefrau Ellen Rübo kennen, die einer bekannten Klever Familie entstammte. 1963 heirateten sie und bezogen anschließend eine Katstelle in Kleve-Materborn, die sie sich zum Wohn- und Atelierhaus umbauten. An diesem Ort fand Manes Peters, der inzwischen als Tiermaler Anerkennung gefunden hat, wieder zu sich und lebte zurückgezogen für seine Kunst. Er verschrieb sich ganz den Motiven seiner Heimat, dem Niederrhein. Pferde, Kühe, Ziegen und andere Tiere tauchten immer wieder in seinen Gemälden auf. Seine Bilder sind ohne jeden Modernismus oder jede Abstraktion, sie kommen einer objektiven Naturbeobachtung nach. Sie zeugen von der „guten, alten Zeit“, die von einer tiefen Heimatliebe geprägt ist. 

Manes Peters starb am 16. September 1980 in Kleve. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Gruft seiner Eltern auf dem Klever Friedhof. 

[Valentina Vlašić]

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Skulptur von Erwin Heerich geht als Leihgabe für die Retrospektive zum 100. Geburtstag an das Museum Schloss Moyland in Bedburg-Hau

Das Museum Kurhaus Kleve leiht seine Arbeit „Ohne Titel“ (1997) von Erwin Heerich (1922–2004) für eine große Retrospektive des Künstlers im Museum Schloss Moyland in Bedburg-Hau, die aus Anlass seines 100. Geburtstags gezeigt wird.

Erwin Heerich steht für eine Kunst, die Präzision und mathematisch-nüchterne Klarheit mit Offenheit und spielerischer Freiheit verbindet. Skulpturen und Reliefs von Heerich sind in NRW an vielen Orten im öffentlichen Raum zu sehen. Seine Architekturen, die auf der südlich von Neuss gelegenen Insel Hombroich harmonisch in die Landschaft eingebettet sind, ziehen jedes Jahr viele Besucher*innen an.

Nach dem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf entwickelte Heerich konsequent eigene künstlerischen Vorstellungen. Bekannt wurde er Anfang der 1960er Jahre vor allem mit klein- und mittelformatigen Plastiken aus Karton. Seither wird sein Werk innerhalb der konkreten und minimalistischen Kunst nach 1945 als herausragende und zugleich einzigartige künstlerische Position gewürdigt.

Die Ausstellung in Museum Schloss Moyland umfasst Plastiken aus Karton, Holz, Gips und Messing sowie druckgraphische Serien und großformatige Zeichnungen, von denen viele zum ersten Mal gezeigt werden. Zu sehen sind außerdem textile Gemeinschaftsarbeiten von Erwin Heerich und seiner Frau Hildegard Heerich.

Arbeiten aus dem großen Sammlungsbestand des Museums Schloss Moyland werden zusammen mit Leihgaben aus anderen Museen präsentiert (Leihgeber: Stiftung Insel Hombroich, Lehmbruck Museum, Museum Kurhaus Kleve).

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit zahlreichen Abbildungen und Texten von Dr. Felix Billeter, Frank Boehm, Dr. Julia Cwojdzinski und Dr. Alexander Grönert.

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Noch nie gezeigte Arbeit des jüngst verstorbenen Pierre Theunissen geht als Leihgabe für die Alfred Sabisch-Retrospektive nach Kalkar

Die im Museum Kurhaus Kleve noch nie ausgestellte, imposante Skulptur „Thermische Regulation“ (1975) des 2021 verstorbenen, deutsch-französischen Bildhauers Pierre Theunissen (1931–2021) aus der Klever Museumssammlung geht als Leihgabe an das Städtische Museum Kalkar.

Dort findet unter dem Titel „In der Versenkung werden Kräfte frei – Der Bildhauer Alfred Sabisch und sein Werk 1926–1980“ von 22. Mai bis 24. Juli 2022 die erste Retrospektive über den Kalkarer Bildhauer Alfred Sabisch (1905–1986) statt. Theunissen zählte zu seinen Schüler*innen und wurde von Sabisch ausgebildet. 

Das Werk von Alfred Sabisch zeichnet sich durch eine große Geschlossenheit aus. Ein Leben lang blieb er dem Figürlichen verpflichtet. Im Zentrum seiner Arbeit standen die menschliche Figur und das ruhende Tier. Ähnlich wie u.a. Ewald Mataré oder Gerhard Marcks galt Sabisch das Typische und Zeitlose als Leitbild. Reduktion und verhaltene Abstraktionstendenzen, geschlossene Silhouetten, klare Konturen und beruhigte, glatte Oberflächen kennzeichnen die meisten seiner Arbeiten.

Zu Sabischs bekanntesten Werken gehörten „Die Sinnende“ (1932) und die „Fohlengruppe“ (1937), die ursprünglich vor dem Duisburger Hauptbahnhof aufgestellt war. Heute gilt der „Schwanenbrunnen“ (1954) in der Klever Schwanenburg als sein Hauptwerk. 

Alfred Sabisch und sein Werk stehen auch exemplarisch für die vielschichtigen und widersprüchlichen persönlichen Umstände jener Bildhauer, die im Nationalsozialismus arbeiten und ausstellen konnten und nach 1945 ihrem Vorkriegsstil weitgehend treu blieben, ein Umstand, der im Katalog zur Ausstellung erstmals umfassend aufgearbeitet werden soll. 

Werke aus der Sammlung des Städtischen Museums Kalkar und Leihgaben des Museum Kurhaus Kleve, des Lehmbruck Museums Duisburg, der Mannheimer Kunsthalle, des Grassimuseums und des Museums der Bildenden Künste Leipzig werden das Gesamtbild des Künstlers vervollständigen und die Rezeptionsgeschichte veranschaulichen. Eine Auswahl der zahlreichen Arbeiten, die Sabisch für den öffentlichen Raum und für Kirchen geschaffen hat, werden mithilfe von Probegüssen, Vorzeichnungen, Photographien und mit digitalen Hilfsmitteln in die Ausstellung integriert werden.

Biographische Eckdaten:

Geprägt wird der 1905 im sächsischen Wurzen geborene Alfred Sabisch in den 1920er Jahren von Alfred Thiele, Johannes Goeldel und Wilhelm Andreas, die ihn in ihren Ateliers und an der Leipziger Kunstgewerbeschule unterrichten. Frühe Anregungen und Förderung erfährt der junge Mann dort auch durch Max Schwimmer, mit dem er sich näher anfreundet. Nach dem Weggang aus Leipzig lernt er über Kontakte zu Künstlern der Berliner Ateliergemeinschaft Klosterstraße 1936 den Maler Hermann Teuber kennen, der kurz nach dem Zweiten Weltkrieg einige Jahre mit seiner Familie bei Sabisch in Kalkar wohnen wird.

Der 1934 im Rahmen der Gleichschaltung des Kulturbetriebs eingesetzte Leiter des heutigen Lehmbruckmuseums, der Leipziger Kunsthistoriker Herbert Griebitzsch, vermittelt ihm erste öffentliche Aufträge im Ruhrgebiet und am Niederrhein. Sabisch tritt der Reichskulturkammer bei, als dies von ihm verlangt wird; dafür erbringt er auch den geforderten Ariernachweis. Er wird allerdings nicht Parteimitglied und distanziert sich in privaten Briefen von der herrschenden Ideologie.

Nach dem Ende des Krieges, den Sabisch als Soldat der Luftwaffe übersteht, lässt er sich mit seiner Frau, der Altistin Ilse Ihme und seiner Tochter Angelika endgültig im niederrheinischen Kalkar nieder. Besonderer Raum soll seiner Beziehung zu Hermann Teuber gegeben werden, der wie zuvor Heinrich Nauen ebenfalls im alten Haus am Taubenturm arbeitet.

Als Mitbegründer der Künstlergruppe Krefeld 1945, Mitglied der Rheinischen Sezession und des Niederrheinischen Künstlerbundes – zwischen 1951 und 1965 als dessen Präsident – ist Sabisch gut in der Region vernetzt. Er profitiert von Porträtaufträgen, aber auch von dem hohen Bedarf an künstlerischen Ausgestaltungen für Kirchen und kommunale Gebäude im Zeichen des Wiederaufbaus; er gewinnt eine Vielzahl von Kunst-am-Bau-Wettbewerben in der Region.

Neben architekturgebundenen Arbeiten, vorrangig monumentalen Reliefs gestaltet er bis in die 1970er Jahre Freiraumplastiken und Brunnenanlagen. Der Holzschnitt ist ebenfalls ein klassisches bildnerisches Medium, dem er sich insbesondere in späteren Jahren ebenso widmet wie der Malerei.

Sabisch hat auch Schüler*innen angenommen: Sein prägender Einfluss auf Rota Blanck, Peter Theunissen, Ludwig Dinnendahl und Anna Kubach-Wilmsen soll in der Kalkarer Ausstellung genauer in das Augenmerk genommen werden. Alle vier studierten anschließend an deutschen Kunstakademien und wurden angesehene Bildhauer*innen.

Weitere Informationen zur Ausstellung: www.kalkar.de/de/inhalt/staedtisches-museum-kalkar/

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Nachguss von Matarés Klever „Engel“ im Mai 2022, um seinen „Zwilling“ am Bischofshaus in Essen zu rekonstruieren

Es war eine Schreckensmeldung im Frühjahr 2021: Bei einem Sturm stürzte die vergoldete Engelsfigur, die Ewald Mataré in den 1950er Jahren für das Essener Bischofshaus schuf, vom Dach, wobei der ausgestreckte rechte Arm mit dem erhobenen Zeigefinger abgebrochen ist, der daraufhin nicht wieder aufgefunden werden konnte. Zahlreiche Medien (Rheinische Post, Bildzeitung etc.) berichteten vom Malheur, aber auch davon, dass ein „Klever Zwilling“ womöglich Rettung verheißen könnte …

In der Tat existiert eine zweite Fassung der Figur, die sich seit 1988 im Eigentum des Museum Kurhaus Kleve befindet. Laut Aussage von Sonja Mataré (1926–2020), der Tochter des Künstlers, handelt es sich bei der Klever Variante sogar um einen Probeguss, der noch vor der Essener Skulptur entstanden sein soll – der sich somit de facto also vortrefflich für einen Nachguss eignen sollte. 

Ein Jahr später haben sich die Verantwortlichen und Beteiligten über die komplizierte Materie nunmehr geeinigt. Die Sonja Mataré-Stiftung wurde befragt und hat ihr Einverständnis erteilt, dass ein Nachguss der Fassung aus Kleve stattfinden darf. Augenblicklich werden Zustandsprotokolle erstellt, die Kunstspedition Hasenkamp organisiert zeitnah einen Transport, um die Klever Figur im Museum Kurhaus Kleve abzuholen und in die traditionsreiche Kunstgießerei Kayser nach Düsseldorf zu bringen (wo u.a. auch Paloma Varga Weisz und Thomas Schütte ihre Skulpturen gießen lassen), wo ein Nachguss des Armes entstehen soll. 

Das Museum Kurhaus Kleve ist stolz und glücklich, dass seine Fassung der Figur von Mataré dazu beitragen kann, dass die Skulptur am Essener Bischofshaus wieder in der von Mataré im Original konzipierten Form rekonstruiert werden kann. 

[verfasst von Valentina Vlašić, Kuratorin im Museum Kurhaus Kleve]

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Schenkung eines imposanten Reliefs der Bildhauerin Elna Brüx aus Klever Privatbesitz

Im April 2022 erhielt das Museum Kurhaus Kleve aus Klever Privatbesitz ein imposantes Relief der Klever Bildhauerin Elna Brüx als Schenkung, das ab sofort in die Sammlung eingegangen ist. Dargestellt ist ein überaus reizvolles Motiv: die ewige Geschichte um den „Tod und das Mädchen“. 

„Der Tod und das Mädchen“ ist ein weit verbreitetes Sujet, das in der bildenden Kunst, Musik und Literatur schon seit der Zeit der Renaissance behandelt worden ist. Hans Baldung Grien schuf um 1517/1525 den „Tod und das Mädchen“ sowie den „Tod und die Frau“ (beide heute im Kunstmuseum Basel), zwei intensive Gemälde, auf denen der Knochenmann noch Gewalt anwendet, um die Schöne in das Grab zu locken oder um ihr einen Kuss zu rauben. 
Bei Egon Schieles „Tod und Mädchen“ von 1915 (heute im Belvedere, Wien) nehmen die Protagonist*innen eine Platzhalterfunktion ein, um die tragische Liebe des Künstlers zu seiner Geliebten zu veranschaulichen. 
Franz Schubert vertonte 1817 mit „Der Tod und das Mädchen“ ein gleichnamiges Gedicht von Matthias Claudius, in dem die Hauptpassagen wie folgt lauten: 

Das Mädchen:
Vorüber! Ach vorüber!
Geh wilder Knochenmann!
Ich bin noch jung, geh Lieber!
Und rühre mich nicht an.

Der Tod:
Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!
Bin Freund, und komme nicht, zu strafen:
Sei gutes Muts! ich bin nicht wild,
Sollst sanft in meinen Armen schlafen.

Der Tod tritt stets als der Verführer oder der Geliebte des Mädchens in Erscheinung. Das ‘unschuldige, naive’ Mädchen verkörpert zumeist das blühende Leben und erscheint unter einem erotischen Aspekt als Verführerin. Nicht umsonst wird beispielsweise im Französischen der Orgasmus des Menschen als ‘La petite Mort’ bezeichnet. Bei Hans Baldung Griens „Tod und Mädchen“ von 1517, um den erotischen Aspekt zu unterstreichen, handelt es sich z.B. um die erste bildliche Darstellung von Schamhaar überhaupt. Das Mädchen erscheint stets im Kontrast zum Tod oder Knochenmann, der das ‘Memento mori’ veranschaulicht, die Bedrohung des Daseins durch den unausweichlichen Tod. 

Auch bei Elna Brüx’ vorliegender, äußerst imposanter Arbeit gehen der Tod und das Mädchen eine intensive und enge Beziehung ein. Im Zentrum steht das Mädchen, dem jedoch – und diese Annahme wird durch die Darstellung der Augen und Stirnfalten offensichtlich – die Leichtigkeit des Seins abhanden gekommen ist – und die vielmehr als Frau erscheint, denn als junges naives Mädchen. Eine erotische Komponente erhält ihre Darstellung durch die Beschneidung des Motivs: An der unteren Kante sind die aufragenden Brüste des Mädchens zu erkennen, die offensichtlich nackt sind, aber von Elna Brüx nur in der Andeutung gezeigt werden. 
Während das Mädchen die Betrachter*innen frontal anblickt, erscheint hinter ihr der Tod im Profil, der durch seinen Skelettkopf erkennbar ist. Er schmiegt sich eng an die Seite des Mädchens und scheint sie in gewisser Weise zu liebkosen. Doch der Frau haftet eine beinahe körperlich spürbare Erstarrung und Traurigkeit an, die tiefenpsychologisch womöglich auf die Biographie der Künstlerin umgemünzt werden könnte. 

Elna Brüx gehört zu einer Riege von Künstlerinnen aus Kleve des 20. Jahrhunderts, die heute – völlig zu Unrecht – in Vergessenheit geraten sind und deren Schaffen unbedingt neu entdeckt werden müsste. Als Elna Wick wurde sie 1923 in Hamburg-Wandsbek geboren, als Tochter des Kunstmalers Robert Wick, der eher lokale Berühmtheit erlangte und heute ebenfalls vergessen ist. Zu gewisser Prominenz gelangte Elna Brüx’ älterer Bruder, Armin Wick (1914–2008), der vor allem als Schauspieler und Regisseur Anerkennung erlangte und ein schillerndes Leben führte. 

Elna Brüx, die schon früh ein großes Talent als Bildhauerin zeigte, teilte jedoch das Schicksal zahlreicher guter Künstlerinnen ihrer Generation: Sie heiratete früh, zog nach Kleve an den Niederrhein und gebar fünf Kinder (vier Söhne und eine Tochter), wonach sie zeitlebens zwischen ihrer Mutterrolle und ihrem Künstlerinnendasein changierte. Als Charakter war sie weder dominant noch zurückhaltend, aber eine starke Persönlichkeit (O-Ton von Isa Zins, die eine gute Freundin ihrer Tochter war), die klar, fordernd und – wenn es die Situation verlangte – auch schwierig sein konnte. Wenn sie über Kunst sprach, so Isa Zins, war sie niemals belehrend, sondern stets zutiefst freundschaftlich und wohlwollend vermittelnd. Ihrer Position – in einem nicht einfachen Frauenleben zu stecken, in dem sie keine Freiheit für ihre eigene Kunst besaß – war sie sich jedoch zeitlebens bewusst. 

Verheiratet war Elna Brüx mit Walther Brüx (1917–2006), der der unangefochtene Künstler in der Familie war und heute vor allem als Bildhauer in Erinnerung geblieben ist. Er war der Sohn des klassizistischen Bildhauers Gerd Brüx (1875–1944), in dessen Werkstatt er bereits als Kind spielte und überwiegend aufwuchs. Walther Brüx war u.a. einer der Mitbegründer des „Niederrheinischen Künstlerbundes“, der sich auch politisch engagierte und als Kunstlehrer, u.a. am Collegium Augustinianum Gaesdonck und am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, tätig war. Mit seiner Frau Elna bewegte er sich in der niederrheinischen Künstlerszene rund um Joseph Beuys und Ilse und Hanns Lamers, die durch Photographien von Willy Maywald, Fritz Getlinger und Hildegard Weber begleitet wurde. 

Während Walther Brüx formal klare, figurative Bildwerke schuf (u.a. seine Porträtköpfe von Beuys und Lamers), besaß Elna Brüx stets eine stilistisch eigenwilligere Formensprache. Ihre Werke sind eigentümlicher und weisen eine Nähe zu ursprünglicher Kunst (z.B. afrikanischen Skulpturen) auf. Ihre Werke geben nicht das Gesehene wider, sondern eine vereinfachte, geradezu zerlegte Wirklichkeit, die auf jedwede Details verzichtet. Insofern ist ihre hier besprochene Arbeit „Tod und Mädchen“ als Frühwerk zu verstehen, in der noch die Figuration überwiegt, aber erste Ansätze zu einer geometrischen Abstraktion erkennbar sind. Künstlerisch gesehen war Elna Brüx eine Perfektionistin, die auch oft Selbstzweifel plagten und die sogar eigene Werke, die nicht ihren Ansprüchen entsprachen, zerstören konnte. 

Zum Ende ihres Lebens, als ihre Kinder erwachsen und außer Haus waren, lebte Elna Brüx ein zurückgezogenes, aber in sich zufriedenes Künstlerinnen-Dasein (so ihr Sohn, Manuel Brüx). Ab einem gewissen Zeitpunkt waren Verkäufe für sie nicht mehr von Belang. Nachdem sie, überwiegend erblindet und beginnend dement, bei ihren Kindern lebte, verstarb sie schließlich in einem Altersheim am Niederrhein. Auf ihren Wunsch hin lies sie sich anonym in Wesel bestatten. Es gilt, ihr großartiges bildhauerisches Œuvre unbedingt wiederzuentdecken und für eine neue Generation zu erhalten. 

[verfasst von Valentina Vlašić, Kuratorin im Museum Kurhaus Kleve]

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Klever Leihgaben von Beuys und Mataré gehen in den Kölner Dom

Im Nachhall des großen Beuys-Jahres 2021 findet vom 24. März bis 24. Juli 2022 an promintenter Stelle – dem Kölner Dom – eine erlesene Ausstellung zu den Ursprüngen von Joseph Beuys statt, die bei seinem Lehrer Ewald Mataré, aber in erster Linie in seiner Heimatstadt Kleve zu suchen sind. Die Domschatzkammer zu Köln zeigt „Joseph Beuys. Frühe Jahre 1947–1955“ und hat dazu zentrale Leihgaben im Klever Museum angefragt, die dieses auch im Auftrag seines Freundeskreises gerne gewährt. Schließlich soll der Name des großen Klever Sohnes auch außerhalb der Stadt kontinuierlich bekannt gehalten werden. Exzellent recherchierte und organisierte Ausstellungen wie im Kölner Dom tragen maßgeblich dazu bei. 

Somit gehen zentrale Werke des „frühen Beuys“ nach Köln, zu denen – dem Ort geschuldet – zuvorderst sakrale Arbeiten gehören [hier besonders zu erwähnen seien „Madonna aus einer Krippe“ oder „Ohne Titel (Christusfigur)“], aber zu denen auch frühe Ikonen wie beispielsweise „Corsett“ oder „Porträtbüste“ zu zählen sind (siehe u.a., eine Übersicht der nach Köln gehenden Exponate unter „Verknüpfte Objekte“). 

In der Gegenüberstellung von Ewald Matarés „Brennendem Köln“ (das im Kölner Dom erstmals überhaupt im Eisenguss präsentiert wird) und Joseph Beuys’ „Bischofstür“ [aus „Ohne Titel (Meiner Kölner Dom)“] wird die Verbindung beider Künstler augenscheinlich und nachvollziehbar. 

Wer die Präsentationen in der Domschatzkammer zu Köln kennt, weiß, dass die Anzahl der Exponate zwar vergleichsweise überschaubar ausfällt, ihre Auswahl jedoch äußerst delikat und weitsichtig zusammengetragen wurde und zu einer konzentrierten und überzeugenden Ausstellung führt. In der Ausstellung „Joseph Beuys. Frühe Jahre 1947–1955“ wird der frühe Beuys erlebbar, der eine hohe Affinität zu seinem Lehrer Ewald Mataré aufweist und ein besonderes Augenmerk auf das Zusammenwirken von Materialien und Formen legt. Die Auswahl der Werke zeigt die geistige Verbindung zwischen den beiden, bevor sich Beuys ab 1955 schließlich einem anderen künstlerischen Weg zugewandt hat, bei dem er sich zwar von Mataré entfernt, der ihn jedoch schlussendlich zu einem der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts gemacht hat.

Das Klever Museum darf sich freuen, für eine solch prominente Örtlichkeit wie den Kölner Dom Exponate seiner beiden wichtigsten Sammlungsschwerpunkte – Mataré und Beuys – leihen zu dürfen. Es erscheint ein Katalog. Aufgrund der Corona-Pandemie soll am 24. März 2022 keine Eröffnungsveranstaltung stattfinden, allerdings soll im Sommer 2022 – rund um die Finissage – voraussichtlich eine öffentliche Abschlussveranstaltung stattfinden. Bei Interesse informieren Sie sich unter www.koelner-dom.de/besuchen/domschatzkammer

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Hendrick Goltzius’ „Herkules Farnese“ (um 1592-1617) geht als Leihgabe von März bis April 2022 nach Düsseldorf und vereint sich dort wieder mit Pia Fries

Bereits 2017 waren sie in der großen Sonderausstellung „Hendrick Goltzius und Pia Fries: Proteus und Polymorphia“ gemeinsam zu sehen (für einen Ausstellungsrückblick siehe hier: https://www.museumkurhaus.de/de/11004.html?from=ausstellungenArchiv): der muskulöse „Herkules Farnese“, eines der bekanntesten Motive des großen manieristischen Kupferstechers Hendrick Goltzius (1558–1617), und die Werke der aus der Schweiz stammenden und seit Jahrzehnten in Düsseldorf lebenden Malerin Pia Fries (*1955), die 2017/2018 in ihrer Werkschau im Museum Kurhaus Kleve eine fulminante Symbiose miteinander eingingen.

Damals lag der Fokus der zeitgenössischen Malerin Pia Fries noch vornehmlich auf den „Himmelsstürmern“ von Hendrick Goltzius, zu denen sie mehrere malerische Serien geschaffen hat. Doch im Zuge dieser ersten gemeinsamen Präsentation der beiden 2017 rückte auch erstmals der ikonische „Herkules Farnese“ in den Augenmerk der Malerin, der das erste von drei Blättern zu den antiken Statuen in Rom darstellte und von Goltzius um 1592 konzipiert und wohl posthum 1617 gestochen wurde. 

Seither beschäftigte sich Pia Fries mehrere Jahre lang mit den Formen und Proportionen von Hendrick Goltzius, die der deutsch-niederländische Künstler in seinem ikonischen Kupferstich „Herkules Farnese“ verwendete. Pia Fries’ Ausgangslage bildete – wie schon zuvor in ihren vorangegangenen Serien zu den „Himmelsstürmern“ – der Kupferstich von Hendrick Goltzius, den sie mit dem Mittel des Siebdruckes auf ihre Werke übertrug. Das tat sie jedoch selbstverständlich nicht 1:1, sondern sie zersplitterte, dekonstruierte und remodellierte die Vorlage von Goltzius, die sie dann mit den Mitteln der Malerei potenzierte und zu eigenen Bildschöpfungen kreierte. 

Entstanden ist eine vielteilige graphische Serie aus Siebdrucken, die durch Pia Fries’ Malereien allesamt Unikate bilden. Sie stellen eine gültige und schlüssige Hommage an den „Herkules Farnese“ von Hendrick Goltzius dar und wurden noch nie öffentlich präsentiert.

Dieses Desiderat behebt nun die traditionsreiche und auf Graphik spezialisierte Kunsthandlung „C.G. Boerner“ in Düsseldorf, die erstmals überhaupt die neue Graphikserie von Pia Fries über Goltzius’ „Herkules Farnese“ öffentlich ausstellt. Zu sehen ist die Ausstellung vom 18. März bis 29. April 2022. Es erscheint eine Publikation. Der Klever Impulsgeber – der historische Kupferstich von Hendrick Goltzius – geht eigens dafür als Leihgabe nach Düsseldorf. 

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Schenkung eines Gemäldes von Adriaen Hendriksz. Verboom (1627–1673) aus Klever Privatbesitz

In die Sammlung des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. gelangte im Januar 2022 eine wunderbare Kostbarkeit: ein Gemälde mit Blick auf Kleve eines Malers des Goldenen Jahrhunderts der Niederlande, Adriaen Hendriksz. Verboom (Rotterdam 1627–1673). Verboom war ein Landschaftsmaler, der sich im Umkreis des berühmten Jacob van Ruisdael (Haarlem 1628/29–1682) bewegte und seine Gemälde u.a. von Zeitgenossen wie Adriaen van de Velde oder Philips Wouwerman staffieren ließ.

Die imposante Landschaft wird von grünen und dunkelbraunen Tönen dominiert, einer Eigenart des Künstlers. Der Blick geht vom Kermisdahlberg zur Klever Burg sowie über die Unterstadt und die Rheinebene bis nach Hochelten. Im Dächergewirr der Klever Unterstadt ist der Dachreiter der Minoritenkirche erkennbar. Der Rhein windet sich als silberner Streifen durch die sich zum Horizont ausbreitende Ebene. Der Horizont wird von der Kuppe des Eltenberges begrenzt. 

Links von der Bildmitte ragen zwei Bäume ins Bild, die das Gemälde in zwei Hälften gliedern. Links im Vordergrund ruht ein Hirte mit seinen Kühen. Am linken Bildrand erhebt sich, dunkel und eindrucksvoll, die Klever Burg, die hier aus mehreren Einzelbauwerken besteht. Der Maler visualisiert keine topographische Genauigkeit.

Das Sonnenlicht beleuchtet die Südseite der Burg und die weite Rheinlandschaft, während die Nordseite der Burg in einem dunklen Schatten liegt, der sich über die nahen Bereiche der tiefer gelegenen Unterstadt ausbreitet. Der Kermisdahl wie auch die weiträumige Rheinebene strahlen hingegen im Sonnenlicht. Das Bild verdankt seine Wirkung vor allem diesen starken Hell-Dunkel-Kontrasten; die vielen Brauntöne verleihen ihm eine stimmungsmäßige Schwere. 

[Valentina Vlašić]

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Objekt des Monats Januar 2022: Elfteiliges Teegeschirr der berühmten Keramikerin Eva Stricker-Zeisel im Dekor „Mattgrün“ aus dem Jahr 1930

Eva Stricker-Zeisel (1906–2011) entstammt einer gut bürgerlichen Budapester Familie mit jüdischen Wurzeln. In ihrer Heimatstadt erhielt sie eine Ausbildung zur Töpferin und arbeitete in verschiedenen Manufakturen. 1928 ging sie zur „Hansa Keramik“ nach Hamburg, kurze Zeit später zur Schramberger Majolikafabrik, bis sie zuletzt zum Carstens-Konzern wechselte. Für Hirschau arbeitete sie (meist von Berlin aus) im Jahr 1931. Anfang 1932 ging sie, wie viele linke Intellektuelle, in die Sowjetunion, wo sie für die beiden größten Porzellan- / Keramikfabriken des Landes, einmal bei Lomonosov (St. Petersburg) und bei Dulevo (Moskau), arbeitete, jedoch im stalinistischen Regime für eineinhalb Jahre in Haft kam. Schließlich emigrierte sie über Österreich in die USA, wo es ihr schnell gelang, Fuß zu fassen und zu einer „Star-Entwerferin“ für Glas, Keramik, Porzellan und andere Materialien zu werden. Vor und nach ihrem Tod erhielt sie zahlreiche Ausstellungen. Nahezu jedes bedeutende Kunstmuseum in den USA besitzt eine Sammlung mit ihren Entwürfen.

In der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve sind Objekte aus ihrer Schramberger und Hirschauer Zeit zu sehen. Allein für Schramberg stellte sie ca. 200 Formen her. Für Schramberg kennzeichnend sind die streng geometrischen Formen wie (Halb-) Kugel und Zylinder. In den USA wollte sie von ihren frühen Entwürfen nichts mehr wissen, distanzierte sich sogar von ihnen und bezeichnete sie als „mit Zirkel und Lineal konstruiert“, als seelenlosen Bauhausstil, bei dem sie, so Stricker-Zeisel, blind Gropius oder Moholy-Nagy gefolgt sei. Ihr spätes Werk zeigt eine deutliche Abkehr und ist von der Dominanz organischer Formen und Linien bestimmt.

In der Klever Museumssammlung sind wunderbare Beispiele ihres Œuvres zu sehen: Tee-, Kaffee-, Likör- und Speiseservices, Vasen und Teile aller Art. Der Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. besitzt ca. 700 Teile ihrer Werke.

Das hier beschriebene „Objekt des Monats“, ein Teegeschirr, stammt aus dem Frühjahr 1930 und ist beispielhaft für die damalige Schaffenszeit der Künstlerin. Eva Stricker-Zeisel war immer mehr an den Formen als an den Dekoren interessiert. Hier haben die drei Teile des Teekerns – Kanne, Zuckerdose und Milchgießer – konkave Längsseiten und die Form entstammt einem auf der Seite liegenden Zylinderabschnitt. Die Deckel von Kanne und Zuckerdose haben jeweils ausgesparte Griffstege, so dass die Umrisslinien von einem Deckelknauf nicht gestört werden. Diese Kannenform (Formnummer 3301) war im Vertrieb und Verkauf viel weniger erfolgreich als die am weitesten verbreitete Kanne von ihr (Formnummer 3211). Sie entspricht aber mit ihrer unauffälligen grünen Mattglasur exakt den Vorstellungen der Bauhauskeramiker*innen, die generell eine zurückhaltende Glasur bevorzugten. Bei diesen Objekten kommt Stricker-Zeisel den Entwürfen von Marianne Brandt sehr nahe bzw. führt diese konsequent zu Ende. Das komplette Service wirkt in sich stimmig.

Die Zeit schien aber noch nicht reif zu sein für diese reduzierte Gestaltung. Der Verkauf verlief offensichtlich so schleppend, dass die Objekte nur einmal in den für Deutschland bestimmten Katalogen auftauchen. Die wenigen erhaltenen Exemplare stammen immer aus beiden Hauptexportländern für die modernisierte Schramberger Keramik, aus den Niederlanden und den USA. Die einzelnen Teile des Service sind unter den Inventarnummern 2019-VII-245 A-F einsehbar.

Zum Vergleich kann man sich die erfolgreiche Schramberger Teekanne aus dem Jahr 1929 von ihr in verschiedenen Dekoren in der Sammlung aufrufen, indem die Formnummer 3211 in die Suchmaske eingegeben wird.

[Werner Steinecke]

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