Franka Hörnschemeyers „Oszilloskop“: Erwerbung eines skulpturalen Höhepunkts für die Sammlung

Mit ihrer Arbeit „Vermutung 722“ war sie einer der absoluten Höhepunkte der großen Jubiläumsausstellung „Schatzhaus und Labor. 25 Jahre Museum Kurhaus Kleve“, die vom 23. Juli 2022 bis 29. Januar 2023 zu sehen war und für Furore sorgte. Dank der essentiellen Unterstützung des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, der Förderstiftung Museum Kurhaus Kleve und des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. glückte dem Museum Kurhaus Kleve nun im Nachhall die Erwerbung einer eindrucksvollen, raumgreifenden Arbeit von Franka Hörnschemeyer, die einen neuen skulpturalen Höhepunkt für die Sammlung bilden wird. 

Die Bildhauerin und Professorin Franka Hörnschemeyer (1958 geboren in Osnabrück, lebt und arbeitet in Berlin) erforscht in ihrer Arbeit die Bedeutung, Funktionsweise und Materialität von Raum. Meist nutzt sie für ihre bildhauerischen Werke industriell gefertigte Baumaterialien. Neben Raumkonstruktionen und Skulpturen entste­hen auch Photographien, Videos und Zeichnungen.

Zu ihren wichtigsten Arbeiten in musealen Sammlungen und im öffentlichen Raum zählen u.a. „Discrete Case II.“ (2011) in der Dresdner Skulpturensammlung, „Trichter“ in Dresden (2011), und „BFD – Bündig Fluchtend Dicht“, eine labyrinthische Rauminstallation, die Hörn­schemeyer zwischen 1998 und 2001 für einen der Höfe im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages konzipierte. In Nordrhein-Westfalen ist Franka Hörnschemeyer als Künstlerin und durch ihre Professur an der Kunstakademie Düsseldorf seit dem Jahr 2015 in besonderer Weise präsent. 

Hörnschemeyers Werk widmet sich der tiefgreifenden Erforschung von Raum, seiner Struktur, Geschich­te und Materialität. In ihren Raumkonstruktionen bildet die Bewegung der Betrachtenden ein zentrales Moment, da räumliche Strukturen nur aus unterschiedlichen Perspektiven umfassend wahrzunehmen sind. Jede Erfahrung des Raums ist damit gleichzeitig eng mit der Dimension der Zeit verknüpft.

Der Mensch und sein Körper in Relation zum Raum sind für Franka Hörnschemeyers An­satz zentral: „Meine Ideen kreisen um die Beziehungen vom Menschen zum Raum und vom Raum zum Menschen. Mich interessiert alles, was ich mit meinen Raumvorstellungen koppeln kann. Deshalb reflek­tiere ich auch Theorien, die mit soziologischen, historischen und philosophischen Fragestellungen zu tun haben. In meiner Arbeit entwickle ich architektonische Konstruktionen, die ich als Systeme verstehe und in denen sich Gegenwart, Geschichte und Zukunft ineinander verschränken.

Die neue Arbeit für die Sammlung des MKK, „Oszilloskop“ (2014), konzentriert sich in besonderer Weise auf Fragen nach Raum und Zeit, deren „untrennbare Verwobenheit“ Hörnschemeyers Œuvre in vielen Facetten ins Bild rückt. Es nimmt eine Sonderstellung ein, denn in keinem anderen ihrer Werke findet die Auseinandersetzung der Künstlerin mit dem Begriff der „Grazie“ so deutlichen Ausdruck. Der Aufsatz „Über das Marionettentheater“ von Heinrich von Kleist ist in diesem Zusammenhang ein zentraler Text für das künstlerische Verständnis von Hörn­schemeyer. 

„Oszilloskop“ bewegt sich aus ihrem Mittelpunkt heraus. Die Bewegungsimpulse, die die Flü­gel aus Aluminium-Wabenverbundplatten in eine überraschend anmutige Bewegung versetzen, werden – einzigartig innerhalb Hörnschemeyers Werk – von einem Motor gesteuert, den die Künstlerin spezifisch für den jeweiligen Ort programmiert. Raumgreifend sind nicht nur die Flügel der Skulptur, sondern auch die Geräusche, die sie produzieren. Ein unregelmäßiges Klackern begleitet die Bewegungen und wirkt emotional und unmittelbar auf die Betrachtenden ein. Die Skulptur bietet demnach im Rahmen der Mu­seumsarbeit das Potential, als Teil der Sammlung in verschiedenen, immer neuen Raumsituationen seine Wirkung zu entfalten. Die starke Verbindung zwischen Mensch, Skulptur und Raum im weitesten Sinne steht exemplarisch für das künstlerische Werk von Franka Hörnschemeyer.

Bei der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve liegt ein besonderer Schwerpunkt auf künstlerischen Posi­tionen, die im Zusammenhang mit der Kunstakademie Düsseldorf stehen, zum Beispiel Künstler*innen, die dort studiert haben, u.a. Thomas Schütte und Michael van Ofen, oder Professor*innen wie Katharina Fritsch. Franka Hörnschemeyer stellt hier eine sinnvolle Ergänzung und Kontinuität dar.

[Verfasst von Prof. Peter Gorschlüter, Direktor des Museum Folkwang, Essen; für die Sammlungswebsite des MKK leicht angepasst und online gestellt durch Valentina Vlašić]

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Kleves „Galgenfigur, gehängt“ in der großen Paloma Varga Weisz–Übersichtsschau in Hannover

Die monumentale Skulptur „Galgenfigur, gehängt“, die sich seit 2004 in der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve befindet, wurde von der Düsseldorfer Künstlerin Paloma Varga Weisz geschaffen, die heute zu den bedeutendsten Bildhauerinnen Deutschlands unserer Zeit zählt. Die kolossale Arbeit ist nun von 7. Dezember 2024 bis 2. März 2025 in der großen Retrospektive „Paloma Varga Weisz. Multiface“ in der Kestner Gesellschaft e.V. in Hannover zu sehen. 

Die Ausstellung Multiface ist eine der umfassendsten Präsentationen von Paloma Varga Weisz’ Werk. Sie vereint neueste Werkgruppen mit Schlüsselarbeiten aus über drei Jahrzehnten und bietet einen Einblick in ihre poetische und zugleich subversive künstlerische Praxis. Ihre Werke – Skulpturen, Aquarelle, Zeichnungen und Installationen – durchdringen existenzielle Fragen zu Identität, Erinnerung, Verletzlichkeit und Transformation. Figuren und Formen bewegen sich zwischen Vertrautem und Fremdem, Körperlichem und Narrativem.

Als Holzbildhauerin ausgebildet, bricht Paloma Varga Weisz bewusst mit der Tradition des Handwerks. Indem sie traditionelle Techniken beherrscht und zugleich unterwandert, schafft sie Werke, die klassische Vorstellungen von Materialität und Form hinterfragen. Ihre Skulpturen verbinden historische Bezüge mit surrealen Elementen, humorvollen Brüchen und subtiler Ironie, wodurch sie die Grenzen zwischen handwerklicher Präzision und zeitgenössischer Reflexion eindrucksvoll auslotet.

Weitere Informationen über die Ausstellung ->hier

[verfasst von der Kestner Gesellschaft in Hannover; leicht angepasst und online gestellt von Valentina Vlašić]

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Restaurierung bislang unbekannter Skizzen und Entwürfe „Kunst am Bau“ von Ewald Mataré (1887–1965)

Mit der essentiellen Unterstützung des Ministeriums für Kultur und Wissenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen und der Ernst von Siemens Kunststiftung konnte in den Jahren 2022 bis 2024 die in der Geschichte des Museum Kurhaus Kleve größte Restaurierungsmaßnahme eines hochbedeutenden Objektkonvoluts in Angriff genommen: die Restaurierung bislang unbekannter Skizzen und Entwürfe „Kunst am Bau“ des Namensgebers des Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Ewald Mataré (1887–1965).

Zur kunsthistorischen Bedeutung des Objektkonvoluts

Die Originalentwürfe der Baudenkmäler, die einen Sonderstatus im Werk von Ewald Mataré einnehmen, wurden nach dem Tod der Tochter des Künstlers, Sonja Mataré (1926–2020), und wichtigsten Mäzenin für das Klever Museum beim Sichten des Ateliers 2021 entdeckt. Sie zählen zum Spätwerk von Mataré, als er ab 1945 an der Düsseldorfer Akademie wiedereingestellt wurde und bis 1957 die Bildhauerklasse leitete. Während dieser Jahre wurden ihm prominente, ehrenvolle Aufträge im In- und Ausland anvertraut, für die er Werke der angewandten Kunst außerordentlichen Ranges schuf.

Die kunsthistorische Bedeutung dieses Konvoluts an bislang gänzlich unbekannten Bauzeichnungen ist unbestritten. Darunter befinden sich u.a. die Originalskizzen für die Türen des Rathauses oder für das Wappen des Kreisamtes in Aachen, ein Entwurf zur Fassadengestaltung des Kölner Gürzenich, mehrere Entwürfe für die Türen des Notariats Pikalo in Düren, mehrere Entwürfe für Windfahnen für Kirchen im Rheinland (St. Georg, St. Michael usw.), mehrere Fensterentwürfe für einen Kriegerfriedhof in Rovaniemi in Finnland. Ebenfalls darunter befindet sich eine Entwurfszeichnung für einen Teppich, der vor einigen Jahren hochpreisig von der Akademie-Galerie in Düsseldorf angekauft worden ist.

Alle Werke zeichnet Matarés sicheres Formgefühl und eine von ihm entwickelte Systematik des Ornaments aus, bei dem immer wiederkehrende Grundmotive in graphische Formen variiert werden. Großzügige Rhythmen wechseln sich mit abstrahierten Kompositionen und gegenständlichen Symmetrien ab. Die Werke weisen eine ornamentale Flächenfüllung auf, in denen sich Matarés gestaltende Phantasie verdichtet.

Maßnahmen 2022–2024

Nach Einholung von Angeboten wurde mit der Maßnahme die Firma „Ratinger Restauratoren. Atelier für Papier- und Buchrestaurierung“ in Ratingen beauftragt. Die dortigen Sachbearbeiterinnen wurden angeleitet von Restauratorin Sabine Güttler.

Teil 1 der Restaurierungsmaßnahme im Jahr 2022 bestand aus folgenden notwendigen Vorarbeiten für die Restaurierung:

  • Transport Kleve-Ratingen,
  • Entrollen,
  • Vereinzeln,
  • Photographieren,
  • Schadenskartierung,
  • Dokumentation.

Bei einem zweiten Teil der Restaurierungsmaßnahme in den Jahren 2023–2024 wurden folgende Aufgaben realisiert:

  • Testreihen (Anfärben, Klebetest, Ergänzungen …),
  • Restaurierung,
  • Dokumentation,
  • Verpackung,
  • Transport Ratingen-Kleve.

Konkrete Restaurierungsmaßnahmen

Die auf unterschiedlichen Materialien ausgeführten Entwürfe waren in einer Ecke des Ateliers im Wohnhaus von Ewald Mataré in Meerbusch-Büderich jahrzehntelang aufrechtstehend gelagert, eng zusammengerollt, ohne angemessenen Schutz und vermutlich eher vernachlässigt bewahrt.

Um einen Überblick über die vorliegenden Schäden zur erhalten und erforderliche Maßnahmen planen zu können, mussten die teils mehrere Meter langen Arbeiten zunächst entspannt werden. Erst nach Überwindung der extremen Rollneigung konnten die häufig ineinander verhakten Blätter zerstörungsfrei voneinander getrennt und erforderliche Maßnahmen geplant werden.

Neben unterschiedlichsten Verschmutzungen, zahlreichen mechanischen Schäden mit teils ungeeigneten Reparaturmaterialien sowie Fehlstellen durch Insektenfraß, stellten insbesondere die teils abpudernden Zeichenmaterialien wie Kreide und Kohle auf den verschiedenen Untergründen (wie Transparentpapier, Schwarz-Weiß-Photographien, Folie und Malerpapier) eine besondere Herausforderung dar. Verschiedenste Sorten von Klebebändern waren zum Zusammenhängen von Einzelblättern, für Ergänzungen oder als Reparaturen angebracht, deren Klebstoffe zum Teil durchschlugen oder ihre Funktion alterungsbedingt vollständig verloren hatten.

Vor der notwendigen Malschichtfixierung war zunächst oberflächlich anhaftender Schmutz zu reduzieren, ohne dabei jedoch wichtige Arbeitsspuren zu entfernen. Erst im Anschluss konnte partienweise geglättet, Risse geschlossen und Fehlstellen mit passend eingefärbtem Papier ergänzt werden. Säurehaltige und selbstklebende Reparaturbänder sowie deren Rückstände wurden entfernt und angemessen ersetzt. Zur dauerhaften Lagerung der teils großformatigen Entwürfe wurden abschließend individuelle Konzepte erarbeitet und umgesetzt.

Mit dem Erhalt dieser wichtigen Arbeitsmittel und Wiederherstellung der Lesbarkeit unter beständigem Abwägen zwischen restauratorisch notwendigem Eingriff und konservatorischer Sicherung von Originalsubstanz konnte ein wesentlicher Beitrag zum Verständnis der Arbeitsweise Ewald Matarés geleistet werden.

Nachhaltigkeit

Bei der Restaurierung wurde ein Fokus auf den Einsatz umweltverträglicher, langlebiger Materialien und ressourcenschonender Techniken gelegt. Materialien wurden eingesetzt, die nicht nur reversibel, sondern auch biologisch abbaubar und recyclingfähig sind. Schädliche Substanzen wurden gänzlich vermieden, wie auch der Einsatz energiereicher Techniken. Konnte bei gewissen Maßnahmen nicht gänzlich auf energieeffiziente Geräte verzichtet werden, wurde auf Geräte mit regenerativen Energiequellen geachtet.

Der Transport der Werke und ihre künftige dauerhafte Lagerung fanden unter Beachtung der Nachhaltigkeit statt. Die Werke wurden daher in säurefreien Transportboxen aus Karton transportiert, die sich – angekommen im Museum – auch direkt zur dauerhaften, konservatorisch sicheren Lagerung eignen.

Präsentation

Eine Auswahl des Konvoluts wurde im Rahmen der groß angelegten Ausstellung „Ewald Mataré: KOSMOS“ dem Publikum präsentiert, die am 27. Oktober 2024 eröffnen wurde und bis 9. März 2025 zu sehen war.

[verfasst von Sabine Güttler und Valentina Vlašić; online gestellt von Valentina Vlašić]

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Kleves „Handtuchhalter mit Liebespaar“ im Louvre in Paris, 16. Oktober 2024 – 3. Februar 2025

Der Narr ist aus der Kulturgeschichte nicht wegzudenken. Vom 16. Oktober 2024 bis 3. Februar 2025 widmet ihm das Musée du Louvre in Paris eine komplette Ausstellung mit dem klangvollen Namen „Figures du Fou – Du Moyen Âge aux Romantiques“, für die es aus der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve ein ganz besonderes Highlight als Leihgabe angefragt hat: Kleves begehrten „Handtuchhalter mit Liebespaar“ (um 1535–1540) von Arnt van Tricht. 

Der schöne Titel „Figures du Fou“ lässt sich – will man die Alliteration auch im Deutschen zumindest klanglich beibehalten – mit „Figuren des Verrückten“ übersetzen. Und diese sind auch der Schwerpunkt einer Ausstellung, in der über 300 Werke vom 13. bis zum 16. Jahrhundert aus ganz Europa zu sehen sind.

Künstler stellten die Figur des Narren wiederkehrend als sowohl humorvollen wie politisch-subversiven Kommentar gegen die Obrigkeit dar. In der Ausstellung finden sich Gemälde, Skulpturen, Stiche, Wandteppiche, illuminierte Manuskripte oder auch Alltagsgegenstände – vielfältige Exponate, die eint, dass sie die Figur des Narren in ihrem ganzen Reichtum und ihrer Komplexität widerspiegeln. 

Und die Narren waren geradezu Stars des Mittelalters und der Renaissance. Sie waren selbstbewusste und mitunter aggressive Schausteller und Unterhaltungskünstler, die das Publikum aufstachelten, anpeitschten und ablenkten. Narren nutzten gewalttätige, erotische, tragische oder parodistische Aufführungen, um zu warnen, zu spotten oder die etablierte Ordnung umzustoßen. Indem sie ihre Exzesse exhaltiert auf die Bühne holten, brachen die Narren mit den Anstandsregeln der etablierten Gesellschaft. Durch ihre einzigartige Position waren sie (zumindest im Mittelalter) die Einzigen, denen dieses Verhalten widerspruchslos zugestanden wurde. 

In seiner bildgewaltigen wie komplexen Ausstellung lädt der Louvre in Paris ein, die Figur des Narren wieder und auch gänzlich neu zu entdecken. Ein kunsthistorisches Highlight besonderer Güte und ein großes Muss, nicht nur für Klever Kunstinteressierte und Museumsgänger*innen. 

By the way: Der Förderverein des Museums, der Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V., hat aus Stolz und Freude über die Ausleihe eine eigene Baumwolltüte herausgegeben, die käuflich erworben werden kann. Weitere Infos dazu ->hier.

[Verfasst von Valentina Vlašić, Kuratorin des Museum Kurhaus Kleve, die die Ausstellung bereits im Oktober 2024 gesehen hat und begeistert war]

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Schenkung von René Block an das Museum Kurhaus Kleve – aus Dankbarkeit über die Ausstellung „Drei Hubwagen und ein Blatt Papier“

Von 26. April bis 8. September 2024 war im Museum Kurhaus Kleve die Ausstellung „Drei Hubwagen und ein Blatt Papier: Die Edition Block 1966–2022“ zu sehen, bei der es sich um ein Kooperationsprojekt des Museum Kurhaus Kleve mit dem Museum Schloss Moyland und dem Museum Goch handelte. Aus Dankbarkeit über die Ausstellung schenkte René Block dem Klever Museum nun zwei ausgewählte Kunstwerke aus seiner erlesenen Editionsreihe für die Sammlung. 

Die Ausstellung würdigte den Galeristen und Kurator René Block – der 1942 in Velbert geboren, aber in Weeze am Niederrhein aufgewachsen ist – für sein umfassendes und bis heute andauerndes Engagement für die internationale zeitgenössische Kunst sowie für Joseph Beuys.

Mit seiner „Edition Block“ in Berlin 1966 schuf René Block ein Instrument zur „Demokratisierung und Sozialisierung des Kunstmarktes“. Zu den 122 Editionen seines Verlags gehören Meilensteine wie die Skulptur „Der Denker“ (1976/1978) des koreanischen Medienkünstlers Nam June Paik, bekannte Multiples von Joseph Beuys wie z.B. „Schlitten“ (1969) oder „Filzanzug“ (1970), das raumgreifende Objekt „Hubwagen“ (2012/2013) von Alicja Kwade, das der Ausstellung ihren Namen gab, sowie mehrere Graphikmappen mit Beiträgen internationaler Künstler*innen.

Darüber hinaus arbeitete René Block in den 1980er und 1990er Jahren als Kurator großer Übersichtsausstellungen sowie war von 1997 bis 2006 künstlerischer Leiter der Kunsthalle Fridericianum in Kassel.

In der Präsentation im Museum Kurhaus Kleve waren ausgewählte Positionen aus dem gesamten Spektrum der „Edition Block“ zu sehen – von den 1960er Jahren bis heute, mit internationalen Künstler*innen aus Bosnien, Deutschland, Italien, Libanon, Niederlande, Polen und der Türkei.

Gleich mehrfach waren Joseph Beuys und Dieter Roth in der Auswahl vertreten. Darüber hinaus waren Werke von Rosa Barba, Mehta Baydu, KP Brehmer, Henning Christiansen, Robert Filiou, Mona Hatoum, Rebecca Horn, Šejla Kamerić, Jarosław Kozłowski, Aljcia Kwade, Olaf Metzel, Bjørn Nørgaard, Navid Nuur und Sigmar Polke zu sehen. 

Die ausgestellten Werke von Mona Hatoum sowie Navid Nuur schenkte René Block nach Abschluss der Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve, aus Dankbarkeit über die gelungene Kooperation, aber auch um die zeitgenössische Sammlung mit den Arbeiten aus seiner bekannten Reihe sinnfällig zu ergänzen. 

[online gestellt von Valentina Vlašić]

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Schenkung von 33 Kunstwerken mehrerer Jahrhunderte mit Kleve-Bezug für die Sammlung des Freundeskreises im Museum Kurhaus Kleve

Im September 2024 hat der Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Klever Privatbesitz 32 Graphiken und ein Gemälde aus mehreren Jahrhunderten erhalten, die allesamt mit Kleve und den Ansichten der und rund um die Stadt zu tun haben und die direkt an vorhandene Kunstwerke im Museum Kurhaus Kleve anknüpfen.

Darunter befinden sich acht Stadt- und Landkarten, zwölf Kupfer-, Stahl- und Holzstiche, zwölf Werke zeitgenössischer Künstler*innen sowie ein Gemälde des 20. Jahrhunderts. Die Karten zeigen mitunter Stadtteile von Kleve und die Region in der Verbindung zu den Niederlanden und Belgien.

Besonders hervorzuheben sind zwei Kupferstiche nach Wenzel Hollar und Baudartius, beide verlegt durch Abraham und Frans Hogenberg, die die ältesten Arbeiten dieses Konvoluts aus dem 17. Jahrhundert bilden und Ansichten der wichtigen Festung Schenkenschanz zeigen.

Weitere Kupfer-, Stahl- und Holzstiche des 18. und 19. Jahrhunderts zeigen Kleves heute verloren gegangene Schönheit der früheren Jahrhunderte, die aus der Stadt einen begehrten Kurort gemacht haben. Die Schwanenburg ist darauf beispielsweise zu sehen, aber auch Schloss Moyland sowie die Klever Gärten rund um das ehemalige Kur- und Badehaus.

Von der Druckgraphik der vergangenen Jahrhunderte heben sich das Gemälde und die Zeichnungen sowie Aquarelle zum Teil zeitgenössischer Künstler*innen des 20. und 21. Jahrhunderts formal ab, schließen aber sinnfällig daran an. Wieder steht Kleves Topographie im Zentrum, die malerische Landschaft bei Morgen- und Abendlicht, Trauerweiden und Landschaftsansichten, wie sie die Klever Lande definieren.

Darunter befinden sich vier Werke des versierten Zeichners und Aquarellisten Fritz Poorten, der dem Klever Museum und seinem Freundeskreis seit Jahrzehnten verbunden ist. Darunter befindet sich aber auch ein imposantes Aquarell von Gitta van Heumen-Lucas. In das 20. Jahrhundert zu zählen sind ein Gemälde von Helmuth Liesegang und sieben Aquarelle von Paul Theissen. Alle zeigen eine weitreichende Farbpalette mit atmosphärischen Motiven von Seen, Sonnenaufgängen bzw. -untergängen, Städten und der Natur.

Alle Werke ergänzen die bereits im Museum Kurhaus Kleve vorhandene Sammlung sinnfällig und erweitern sie konsequent.

[verfasst von Lilly Matschinsky und Antonia Wagner unter Mithilfe von Valentina Vlašić]

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Spektakuläre Schenkung einer 14-teiligen Bilderserie von Pia Fries für die Klever Sammlung

Aus Dankbarkeit über ihre jahrzehntelange gute Zusammenarbeit mit dem Museum Kurhaus Kleve schenkte Pia Fries (*1955 in Beromünster, Schweiz) dem Freundeskreis der Klever Museen im August 2024 die 14-teilige, geradezu monumentale Bilderserie der „fahnenpapiere“, die ab sofort die Sammlung des Museum Kurhaus Kleve im Bereich der zeitgenössischen Malerei vortrefflich ergänzt und sinnfällig erweitert.

  • Ausstellungshistorie in Kleve

Nur wenige Künstlerinnen und Künstler sind mit dem Museum Kurhaus Kleve derart eng verbunden wie Pia Fries. 1992 stellte die Schweizer Malerin bereits im Städtischen Museum Haus Koekkoek in Kleve aus. 1997, im Eröffnungsjahr des Museum Kurhaus Kleve, war sie die erste Künstlerin, die eine Einzelausstellung in den neuen Räumen erhielt. Bereits damals zeichneten ihr Œuvre dezidierte Bezüge zur Malereigeschichte aus.

2017, zum 20-jährigen Jubiläum des Museum Kurhaus Kleve, kehrte sie für die Ausstellung „Hendrick Goltzius & Pia Fries: Proteus & Polymorphia“ zurück, um ihr malerisches Werk in eine sinnfällige Synthese mit den komplexen Bildschöpfungen des Altmeisters zu setzen. Obwohl sie seit 2010 zu den Werken von Hendrick Goltzius arbeitete, standen sich die beiden hochkarätigen künstlerischen Positionen, die vierhundert Jahre trennen, erstmals überhaupt in der Klever Ausstellung gegenüber.

2022 war Pia Fries nicht nur durch fünf monumentale Werke zu Goltzius’ „Herkules Farnese“ Teil der großen Jubiläumsausstellung „Schatzhaus & Labor. 25 Jahre Museum Kurhaus Kleve“, sondern realisierte mit der Ausstellung „Zwischen Gestern und Morgen. Klasse Pia Fries“ auch die erste Kooperation zwischen der Akademie der bildenden Künste München und dem Klever Museum.

  • Repräsentanz in der Sammlung

Dass Werke von Pia Fries nicht von Anfang an in der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve vertreten waren, stellte ein großes Desiderat dar.

Glücklicher Weise konnte im Nachhall der Ausstellung „Hendrick Goltzius & Pia Fries: Proteus & Polymorphia“ ein eindrucksvolles Diptychon von Pia Fries für die Sammlung des Museum Kurhaus Kleve erworben werden, „justis / nemen“, das seither zu den Höhepunkten der zeitgenössischen Malerei im Klever Museum gehört.

2023 konnten aus der Ausstellung „Zwischen Gestern und Morgen. Klasse Pia Fries“ die zwei Arbeiten „disloziert“ der Professorin erworben werden, die sich mit Goltzius’ „Herkules Farnese“ befassten.

  • fahnenpapiere

Nun potenziert Pia Fries durch die Schenkung der spektakulären 14-teiligen Bilderserie „fahnenpapiere“ ihre Repräsentanz in der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve. Die Werkserie war bereits 2017 in der Ausstellung „Hendrick Goltzius & Pia Fries: Proteus & Polymorphia“ zu sehen.

In Gegenüberstellung zu einem der monumentalsten Werke von Goltzius, seinem ca. drei Meter breiten Fries „Die Bestrafung der Niobe“, hat Pia Fries die Bildinhalte einer 2012 entstandenen Serie mit dem Titel „fahnenpapier“ kurzerhand uminterpretiert und in Korrelation zu dem über vierhundert Jahre alten Kupferstich von Goltzius gesetzt. Neu angeordnet, erzählen nun ihre abstrakten und furios gemalten Bildwerke die Geschichte vom Streit der Titanin Latona und der Königin Niobe von Theben, der in einem blutigen Massaker endet.

Die 14 Werke der „fahnenpapiere“ von Pia Fries sind abstrakt und rhythmisch zugleich, ihre Flächen sind gleichermaßen bemalt und unbemalt, die Farbe ist sowohl dick aufgebracht als auch mit Struktur abgeschabt usw. Mittels einer druckgraphischen Technik (dem Siebdruck) integrieren Fries’ Werke die Druckgraphiken von Hendrick Goltzius, die aber durch Aussparung und Beschränkung reduziert sind, wiederum potenziert durch bildfüllende oder bewusst akzentuierte Malerei.

[verfasst von Valentina Vlašić, Kuratorin im Museum Kurhaus Kleve]

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Neuerwerbung für das graphische Kabinett: Heinrich VIII. ab sofort neben seiner Ehefrau Anna von Cleve in der Klever Sammlung vertreten

Dank spontaner Zusage der Übernahme der Finanzierung durch den Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. konnte das Museum Kurhaus Kleve im Juli 2024 eine zwar kleine, aber inhaltlich bedeutende Neuerwerbung für sein graphisches Kabinett tätigen: ein delikates Schabkunstblatt mit einem Porträt des Tudor-Königs Heinrich VIII. (1491–1547).

Zu sehen ist ein imposantes Porträt des berühmten englischen Renaissancefürsten im repräsentativen Ornat, das vom Kupferstecher Richard Houston Mitte des 18. Jahrhunderts angefertigt wurde – und zwar direkt nach dem berühmtesten Porträt des Königs, das 1536/1537 durch den hoch angesehenen Renaissancemaler Hans Holbein d.J. nach dem lebenden Herrscher entstanden ist. Es ging durch einen Brand 1698 verloren und ist heute nur noch in einer Kopie von 1667 überliefert.

Warum ist ein Porträt eines englischen Königs von Bedeutung für die Klever Sammlung? Weil das englische Königshaus im 16. Jahrhundert engste familiäre Verbindungen zu Kleve aufwies, denn Heinrichs vierte Ehefrau war die berühmte Anna von Cleve (1515–1557), die dieser 1540 ehelichte, nachdem er ein Porträt von ihr (ebenfalls durch Hans Holbein d.J. erstellt) begutachtete. Leider ließ er sich jedoch noch im selben Jahr von ihr scheiden, als er sie in natura traf und – sprichwörtlich – der Funken zwischen den beiden nicht übersprang. 

Vor allem durch die Sammlung Robert Angerhausen, aber auch durch gezielte Erwerbungen der späteren Jahrzehnte befindet sich nahezu der komplette Stammbaum des Klever Herzoghauses in der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve. Dazu zählen neben der bereits erwähnten Anna von Cleve – die vor allem in mehreren Fassungen des Kupferstichs von Wenzel Hollar (nach dem erwähnten Porträt des Hans Holbein d.J.) enthalten ist – auch Porträts ihres Bruders Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg (1516–1592), ihrer Schwester Sybilla von Cleve (1512–1554) sowie deren Ehemanns Johann Friedrich I. von Sachsen (1503–1554) als auch ihrer Neffen und Söhne des Wilhelm, der Thronfolger Karl Friedrich (1555–1575) und Johann Wilhelm (1562–1609). 

Bislang fehlte in dieser Reihe immer ein repräsentatives Porträt des Ehemanns der Anna von Cleve, das bislang nur in Publikationen enthalten war. Nun gibt es die Möglichkeit, bei einer Neuinstallation der graphischen Sammlung auch den berühmt-berüchtigten Tudor-König Heinrich VIII. in diese Reihe aufzunehmen. Besucher*innen kann dadurch nicht nur schlüssig die Verbindungen Kleves nach England zur Zeit des „Lands im Mittelpunkt der Mächte“ aufgezeigt, sondern auch ein wichtiges Kapitel Klever Geschichte vermittelt werden. 

Eine weitere Fassung des Blattes befindet sich u.a. in der National Portrait Gallery in London (siehe ->hier), wodurch sich das Klever Stück in bester Gesellschaft weiß und die hiesige graphische Sammlung international aufgewertet wird.

[verfasst von Valentina Vlašić, Kuratorin im Museum Kurhaus Kleve]

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Schenkung aus dem Nachlass von Jürgen Vogdt an das Museum Kurhaus Kleve – aus Dankbarkeit über die Ausstellung „Lebenslinien. In memoriam Jürgen Vogdt (1949–2023)“

Von 25. November 2023 bis 7. April 2024 war im Museum Kurhaus Kleve die Ausstellung „Lebenslinien. In memoriam Jürgen Vogdt (1949–2023)“ zu sehen, die das Schaffen des 2023 viel zu früh verstorbenen Künstlers vom Niederrhein umfassend wie bislang noch nie zuvor widerspiegelte. Aus Dankbarkeit über die eindrucksvolle Retrospektive schenkte die Witwe des Künstlers, Frau Uta Vogdt-Klinksiek, dem Museum Kurhaus Kleve nun zehn originale Zeichnungen des Künstlers aus seiner Serie „Mimmy“, die wie Kinderzeichnungen anmuten und Humor und Strichsicherheit gleichermaßen in sich vereinigen.

In der Ausstellung „Lebenslinien. In memoriam Jürgen Vogdt (1949–2023)“ waren rund 125 Zeichnungen, Gemälde und gebrauchsgraphische Arbeiten zu sehen, in denen die vitale Energie unvermindert zu Tage tritt, mit der Jürgen Vogdt die äußere Welt verschlang und zu einem eigenständigen Bildkosmos verdichtete. Als Strom unablässiger Notate, Chiffren und eruptiver Ausbrüche verdeutlichen die Blätter und Papiere dabei den Prozess der Bildfindung im Wechsel von gestischer Bestimmtheit und innerer Verletzlichkeit.

Gespeist von lebenslangen Anregungen durch Literatur, Film und Musik und durchaus in bekennender Nähe zum Werk etwa von Antoni Tàpies, Cy Twombly und späterhin Tracey Emin, verfolgte der ursprüngliche Autodidakt unbeirrt seinen eigenen, dezidiert nicht akademischen Weg durch labyrinthische Verzweigungen hindurch zu großer offener Weite des Werks. 

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Thomas Struths Familienportraits gehen in das Stadtmuseum in Düsseldorf

Zwei Familienportraits von Thomas Struth aus der breiten photographischen Sammlung des Museum Kurhaus Kleve werden im Herbst/Winter 2024/2025 in der Ausstellung „Das ist Gesellschaft. Soziale Fotografie in Düsseldorf“ (9. September 2024 - 5. Januar 2025) im Stadtmuseum Düsseldorf zu sehen sein. 

Die Exponate der Ausstellung schildern das Leben in Düsseldorf; der geographische Rahmen ist jedoch nicht lokal begrenzt. Ihren zeitlichen Schwerpunkt hat die Ausstellung in den Jahrzehnten zwischen dem Kriegsende und der Gegenwart. Das Leben in der Nachkriegszeit war auch in Düsseldorf geprägt von Wohnungsnot, Armut und von großen Flüchtlingsströmen aus den verloren gegangenen Ostgebieten. Das darauf folgende „Wirtschaftswunder“ zeigte sich in besonderen Ausprägungen des städtischen Lebens. Die „68er-Jahre“ waren von Unruhen der Student*innen und in Gewerkschaftskreisen geprägt. Junge Menschen, unter ihnen Künstlergruppen im Umfeld der Kunstakademie, formten einen neuen Lebensstil.

Heute ist Düsseldorf eine internationale Stadt mit über 180 vertretenen Nationen. Was mit den italienischen und später türkischen „Gastarbeiter*innen“ begann, wurde mit der drittgrößten japanischen Gemeinde in Europa erweitert und durch die Aufnahme von Flüchtlingen schließlich ergänzt. Durch die örtliche Konzentration einzelner Gruppen entstanden z.B. „Klein Japan“ in Niederkassel und „Klein Marokko“ hinter dem Hauptbahnhof mit ihren spezifischen Lebensweisen. Als weiteres Beispiel für eine kulturell eigenständige Gruppe sind auch die Darstellungen über Sinti und Roma in Düsseldorf aus den 90er- und 2000er-Jahren zu nennen. Die Großstadt macht auch die Lebenssituation beider Seiten einer gespaltenen Gesellschaft deutlich, ebenso wie die Freuden und Leiden, die unterschiedliche Bevölkerungsgruppen betreffen.

Weitere Informationen über die Ausstellung und das Museum ->hier.

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Kleves „most wanted painting“ geht nach Wuppertal: Von der Heydt-Museum zeigt Richters „Umgeschlagenes Blatt“ (1965)

Es ist und bleibt eines der Stars der Klever Sammlung, das kontinuierlich angefragt wird: Gerhard Richters „Umgeschlagenes Blatt“ (1965), das nun in der großen Ausstellung „Lucio Fontana: Erwartung“ (4. Oktober 2024 – 12. Januar 2025) im Von der Heydt-Museum Wuppertal zu sehen sein wird.

Lucio Fontana (1899–1968) zählt international zu den Schlüsselfiguren der Kunst des 20. Jahrhunderts und ist als Wegbereiter neuer Formen und Konzepte vergleichbar mit Persönlichkeiten wie Kasimir Malewitsch und Marcel Duchamp. Seine inspirierende Wirkung auf inzwischen mehrere Generationen von Künstler*innen ist unübersehbar. Dessen ungeachtet hat es in Deutschland seit fast 30 Jahren keine museale Ausstellung mehr gegeben, die Fontanas Geltung und seinem bis in die Gegenwart reichenden Einfluss gerecht wird.

Mit „Lucio Fontana: Erwartung“ möchte das Von der Heydt-Museum Fontanas komplexes Gesamtwerk anhand ausgewählter Arbeiten möglichst umfassend erlebbar machen: von den figurativen bis zu den konzeptuellen Arbeiten, von der Keramik bis zur Rauminstallation. Wegweisend, wenn nicht brisant ist Fontanas Schaffen insbesondere deshalb, weil er es ganz der Erfahrung von Raum und Zeit widmete. Angesichts einer durch die elektronischen Medien immer fluider werdenden Bildwelt erscheint seine schon 1946 gestellte Diagnose, die Geschwindigkeit sei die entscheidende Erfahrung der Moderne, heute aktueller denn je. 

Ein Raum der Ausstellung wird den Zeitgenossinnen und -genossen von Lucio Fontana vorbehalten sein. Thematisiert wird hier der tiefreichende Eindruck, den Fontanas Werke bei jungen Künstler*innen hinterlassen hat und in welcher Weise sich die von Fontana ausgehenden Impulse in deren Werken niederschlugen. In diesem Kontext wird Gerhard Richters „Umgeschlagenes Blatt“ aus der Klever Sammlung von großer Wichtigkeit sein. 

Weitere Informationen über die Ausstellung und das Museum in Wuppertal ->hier

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Gerhard Richters „Grau“ (1970) geht zu „Verborgene Schätze. Werke aus rheinischen Privatsammlungen“ in das Museum Kunstpalast nach Düsseldorf

Er gilt als wichtigster deutscher Maler unserer Zeit, der mit mehreren ikonischen Arbeiten – vor allem dem „Umgeschlagenen Blatt“ (1965) – vorzüglich in der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve vertreten ist: Gerhard Richter (siehe den bisher online gestellten Stand ->hier). Seit 2013 befindet sich sein monochromes Gemälde „Grau“ (1970) als Dauerleihgabe aus Meerbuscher Privatbesitz in der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve, wo es bereits mehrfach in ausgewählten Sammlungspräsentationen zu sehen war. Nun geht das Gemälde als Leihgabe an das Museum Kunstpalast in Düsseldorf, wo von 5. September 2024 bis 2. Februar 2025 die Ausstellung „Verborgene Schätze. Werke aus rheinischen Privatsammlungen“ zu sehen sein wird. 

Mit rund 130 Werken ermöglicht die Schau einen Überblick über das gesamte Œuvre Richters von den frühen 1960er Jahren bis in die jüngste Gegenwart. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Gattung Malerei: Mehr als 70 Gemälde führen die Besuchenden von den ersten, schwarz-weißen Photobildern, den strengen Farbtafeln und grauen Bildern zu den monumentalen Landschaften, den weichen und freien Abstraktionen bis zu den letzten ungegenständlichen Gemälden aus dem Jahr 2017. Zeichnungen, Aquarelle, Photographien und Skulpturen sowie der einzige von Gerhard Richter gedrehte Künstlerfilm belegen den großen Reichtum der rheinischen Sammlungen und verleihen der Ausstellung retrospektiven Charakter.

Die Ausstellung lenkt den Blick auf das Rheinland als ein ideales Umfeld, in dem sich das Werk von Gerhard Richter seit seiner Übersiedlung aus Dresden im Jahr 1961 entfalten konnte. Hier traf er auf Gleichgesinnte wie Sigmar Polke und Konrad Lueg, auf Vorbilder und Reizfiguren wie Joseph Beuys und schließlich auch auf eine so neugierige wie umtriebige Sammler*innenschaft, die sich rund um die jungen Galerien in Düsseldorf und Köln gebildet hatte.

Weitere Informationen über die Ausstellung ->hier.

 

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Prominente Leihgabe aus Kleve für die große Gerhard Richter-Ausstellung 2024/2025 in Düsseldorf

Vom 3. September 2024 bis 2. Februar 2025 findet im Museum Kunstpalast in Düsseldorf die Ausstellung „Gerhard Richter: Verborgene Schätze. Werke aus rheinischen Privatsammlungen“ statt, für die das Museum Kurhaus Kleve wegen einer kostbaren Leihgabe, dem Gemälde „Grau“ (1970) von Gerhard Richter, angefragt wurde, das sich seit 2013 als Dauerleihgabe aus rheinischem Privatbesitz in der Sammlung des Klever Museums befindet.

Über den Künstler

Gerhard Richter wurde am 9. Februar 1932 in Dresden geboren, er lebt und arbeitet in Köln. Er gilt heute als bedeutendster deutscher Künstler. Seine Werke bilden ein kulturelles Erbe für Deutschland, das auf der ganzen Welt gesammelt und geachtet wird.

1951 begann Richter ein Studium an der Dresdner Kunstakademie. 1961 flüchtete er nach Westdeutschland und setzte sein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf fort, wo u.a. Karl Otto Götz (1914–2017) sein Lehrer wurde. Gemeinsam mit den Künstlern Sigmar Polke (1941–2010) und Konrad Lueg (später „Fischer“, 1939–1996) gründete er den „kapitalistischen Realismus“, durch den er gegen den offiziellen „Sozialistischen Realismus“ der UdSSR protestierte und den westlichen Kapitalismus kommentierte. Ende der 1960 Jahre arbeitete er als Zeichenlehrer. Richter war von 1971 bis 1993 Professor an der Kunstakademie Düsseldorf und lehrte u.a. auch in Hamburg (1971, 1978).

Gerhard Richter ist dafür bekannt, sich innerhalb seines Œuvres alle paar Jahre neu erfunden zu haben. Legendär sind seine unscharfen Bilder von Photographien, mit denen er die NS-Zeit anprangerte, oder seine Werke zu dem RAF-Zyklus. Seine klassischen Stillleben sind begehrt, aber auch seine Landschaften und Meeresbilder oder abstrakten Kompositionen. Seine Pixel-Bilder sind farblich von einem Algorithmus erstellt, womit er u.a. das berühmte monumentale Fenster am Kölner Dom produziert hat.

Das Gerhard Richter-Archiv, das sich dem Leben und Werk des Künstlers verschrieben hat, befindet sich in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Dort wurden seit 2011 sechs Bände des Werkverzeichnisses der Arbeiten des Künstlers herausgegeben und von dort aus werden sämtliche Ausstellungen über den Künstler unterstützt und mit erforscht.

Über das Gemälde „Grau“ (1970)

Grau ist die Farbe des Alltags.

Die Menschen wissen seit langem, dass es nicht notwendig ist, viele Farben zu verwenden, um eine Aussage zu treffen. Manchmal reicht nur eine Farbe, um alles zu sagen – und das ist in diesem Fall die Farbe Grau.

Eigentlich ist Grau gar keine eigenständige Farbe, denn sie ist eine Kombination aus Weiß und Schwarz. Weiß ist ein Symbol für die Freiheit und Unschuld. Schwarz ist wiederum ein Symbol für die Unendlichkeit des menschlichen Lebens, für die Existenz nach dem Tod, für die Verzweiflung und vielleicht auch die Traurigkeit. Schwarz wird auch oft als Hintergrundfarbe verwendet, um andere Farben kräftiger zu machen und somit zu stärken.

Auf diese Weise wird Grau zu einer Kombination aus dunkeln und hellen menschlichen Gefühlen und erhält eine Neutralität, durch die viele Menschen sie mit dem Alltäglichen assoziieren. Gleichzeitig ist diese Alltäglichkeit die Verkörperung von Gefühlen wie Traurigkeit, Sicherheit, Bescheidenheit, Stabilität, Intellektualität, und vielleicht sogar Melancholie. Es sind diese Gefühle, die in der Farbpsychologie in der Farbe Grau kulminieren.

Dunkelgrau kann auch mit Kontinuität und Verlässlichkeit verbunden werden, die bei der Autorin dieses Artikels die Assoziation mit einem geliebten Menschen erwecken, für die dieses Gemälde mit der schlichten Farbe Grau sogar ein Bildnis über die Liebe darstellen könnte.

Die Leere und zugleich Fülle von Gerhard Richters Gemälde „Grau“ ermöglicht es Betrachter*innen, selbst eine Bedeutung in der Darstellung zu finden. Für diejenigen, die es mit Bedacht und Ruhe ansehen, eröffnet sich ein Resonanzboden, der ungeahnte Möglichkeiten bietet. Die Farbe Grau kann alles und nichts darstellen. Erst bei Betrachter*innen, die ausreichend Resonanzvermögen mitbringen, vermag die Farbe Grau in die Seelen der Rezipienten blicken und tiefere Gefühle hervorbringen.  

Über die Ausstellung in Düsseldorf 2024/2025

Mit der Ausstellung „Gerhard Richter: Verborgene Schätze. Werke aus rheinischen Privatsammlungen“ würdigt das Museum Kunstpalast, Düsseldorf die herausragende Bedeutung des Standorts Rheinland sowohl für die Biographie des Künstlers als auch für die Herausbildung einer vielfältigen Sammlerschaft seiner Werke. Die Werkschau macht Arbeiten zugänglich, die noch nie öffentlich gezeigt wurden und erzählt Geschichten von Sammler*innen, die mittlerweile untrennbar mit den von ihnen erworbenen Werken verbunden sind. Sie vereinigt rund 100 Arbeiten aus allen Gattungen und Werkgruppen des Künstlers, von den frühen Vermalungen und Verwischungen zu den abstrakten Gemälden, von den einfachen und farbigen Spiegeln zu den geometrischen, vom Zufall geordneten Farbtafeln; von den Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Editionen bis hin zu den übermalten Photographien.

Das Museum Kurhaus Kleve leiht für diesen Zweck eine Arbeit von Gerhard Richter, die sich seit 2013 aus einer Privatsammlung als eine Dauerleihgabe bei ihm befindet: das Gemälde „Grau“ von 1970 (Öl auf Leinwand, 41 cm x 32,5 cm, Werkverzeichnis Nummer 247-14). Seit 1974, als Johannes Cladders im Museum Abteiberg in Mönchengladbach eine ganze Ausstellung unter dem Titel „Graue Bilder“ veranstaltete, ist das Sujet vor allem bei Sammler*innen im Rheinland außerordentlich populär und daher in dieser beeindruckenden Ausführung ein besonders wichtiges Werk dieser Ausstellung.

 

→Geschrieben von Anastasiia Chaban im Zuge ihres wissenschaftlichen Forschungspraktikums im Museum Kurhaus Kleve im September 2023, die aus der Ukraine kommt und erst seit einem Jahr Deutsch lernt. Weitere Informationen über die Arbeit von Anastasiia Chaban sind ->hier abrufbar. 

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Maywalds „Juliette Greco“ und „Maria Elena Vieira da Silva“ für Moyland

Das Museum Kurhaus Kleve und sein Freundeskreis besitzen sage und schreibe 384 Schwarzweißphotographien des berühmten Klever Mode- und Künstlerphotographen Wilhelm „Willy“ Maywald (Komplettbestand ->hier abrufbar), von denen es nun 2 besondere Exemplare – eindrucksvolle Porträts der französischen Chansonsängerin Juliette Greco (1927–2020) und der portugisisch-französischen Malerin Maria Elena Vieira da Silva (1908–1992) – für die diesjährige Maywald-Einzelausstellung im Museum Schloss Moyland ausleiht. 

Die Ausstellung „Willy Maywald. Die Künstler daheim – Les Artistes chez eux“ ist zwar bereits ab 1. August 2024 zu sehen, eröffnet jedoch zusammen mit der Alice Springs-Retrospektive am 15. September 2024 im Museum Schloss Moyland.

Gezeigt wird eine von Momo Giesen kuratierte Auswahl der 63 Photographien, die sich in der Sammlung des Museum Schloss Moyland befinden und von den Brüdern van der Grinten ab 1960 erworben wurden. In der Ausstellung ist es möglich, in das faszinierende Werk des renommierten Modephotographen Willy Maywald einzutauchen.

Willy Maywald wurde 1907 in Kleve geboren, wo er im bekannten Hotel Maywald seiner Familie aufwuchs und früh Kontakt zu illustren Kreisen erhielt. Bekennend homosexuell, wurde ihm Kleve schnell zu klein und er zog – nach Zwischenstationen in Krefeld und Berlin – bald nach Paris, wo er Berühmtheit erlangte, da er u.a. Christian Dior’s „New Look“ (siehe auch ->hier) oder Werke anderer Modedesigner wie Jacques Fath oder Balenciaga photographierte. Er arbeitete für Zeitschriften wie Harper’s Bazaar oder Vogue und in der französischen Metropole eröffneten sich für ihn Zugänge zu einflussreichen Künstler*innen wie Pablo Picasso, Georges Braque, Fernand Léger und Juliette Greco, die er in sehr eindrucksvollen Porträts festhielt.

Die Ausstellung bietet einen Einblick in die Gedankenwelt des Photographen. Besucher*innen können die porträtierten Künstler*innnen auf eine persönliche, sehr individuelle und private Weise kennen lernen.

Zudem wird dort die WDR-Produktion „Eleganz des Blicks – Der Fotograf Willy Maywald“ der Regisseurin Annette von Wangenheim gezeigt, die einen eindrucksstarken Blick auf Maywalds Leben wirft und interessante Eindrücke von Wegbegleiter*innen einfließen lässt. Der Film hatte übrigens bei der aus Anlass von Maywalds 100. Geburtstag 2007 von Valentina Vlašić kuratierten Klever Maywald-Ausstellung „Glanz und Eleganz“ im Museum B.C. Koekkoek-Haus eine seiner Uraufführungen (siehe bspw. ->hier und ->hier). 

Weitere Infos über die Ausstellung 2024 im Museum Schloss Moyland ->hier.

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Resultat der großen Jan Baegert-Retrospektive 2024: 4 originale Kunstwerke bereichern ab sofort die Klever Sammlung!

Ein höchst erfreuliches Resultat der großen Altmeister-Ausstellung „Schönheit & Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters“ (24.03. – 23.06.2024) ist, dass ab sofort vier weitere originale Kunstwerke von Jan Baegert die Klever Sammlung bereichern und als Dauerleihgaben vor Ort bleiben. Drei dieser vier Arbeiten künftig unabhängig voneinander zu zeigen, würde auch keinerlei Sinn machen – das hat die Klever Ausstellung deutlich gemacht. Denn die Arbeiten bildeten ursprünglich große zusammenhängende Tafelgemälde des Jan Baegert, die kurz nach 1500 entstanden sind und vermutlich kurz nach 1800 zersägt wurden. 

Sie müssen großartig gewesen sein und das Œuvre des Jan Baegert (um 1465–nach 1535) zu Lebzeiten unter seinen Mitmenschen gefestigt haben: der vermutlich über 4 Meter breite Kreuzigungs- oder Passionsaltar sowie der wahrscheinlich 2,5 Meter breite Marienaltar. Heute sind von diesen Meisterwerken leider nur noch Fragmente vorhanden: Vom Kreuzigungs- oder Passionsaltar konnten in der Klever Ausstellung erstmals überhaupt 9 Fragmente aus 6 Museen zusammengeführt werden, vom Marienaltar 4 Fragmente aus 3 Museen. 

Vom Kreuzigungs- oder Passionsaltar bleiben künftig die drei Fragmente links oben zusammen, die den Reiterzug aus Jerusalem zeigen (im Eigentum des Museums für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund), die Kreuztragung Christi, begleitet von der Heiligen Veronika mit dem Schweißtuch und der Würfelszene (im Eigentum des Badischen Landesmuseums Karlsruhe), sowie Maria Muttergottes, die von Johannes und Maria Salomé gehalten wird (im Eigentum der Klever Sammlung).

Diese drei Fragmente wurden kurz nach 1800 auf absurde Weise voneinander getrennt: die Zerteilungen gingen direkt durch Personen und architektonische Details. Das Hinterteil eines gelbrot gekleideten Soldaten ist auf dem Fragment in Dortmund zu sehen, während sein Kopf und ein ausgestrecktes Bein nach Karlsruhe ragen; ein blauweiß gekleideter Soldat steht mit seiner linken Körperhälfte in Karlsruhe, während seine rechte in Kleve zu sehen ist; usw. Ein Berg im Hintergrund der Szenerie beginnt in Kleve und geht nach Karlsruhe über, die Stadtmauer Jerusalems ragt von Karlsruhe rüber nach Dortmund usw. 

Noch absurder mutet die Zerteilung der Fragmente des Marienaltars an: auf dem Klever Fragment sind kniende Männer an einer Bettkante zu sehen, die für Besucher*innen i.d.R. alleine nicht zu identifizieren sind. Erst zusammen mit dem Fragment aus Karlsruhe erschließt sich die Szenerie, denn die Bettkante geht in die im Bett sitzende Maria über, die dort kurz vor ihrem Tod erscheint. Ohne das Karlsruher Fragment ist das Klever Fragment nicht zu begreifen – und umgekehrt. 

Die beiden Museen – das Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund und das Badische Landesmuseum in Kalsruhe – stimmten der Dauerleihanfrage aus Kleve umgehend zu, da sie die gemeinsame Präsentation in diesem plausiblen Kontext ebenfalls als völlig überzeugend erachteten. Die Werke sollen künftig gemeinsam ausgestellt werden. Zum gegebeben Zeitpunkt sollen sie auch in Rotation in den beiden anderen Museen gezeigt werden. So schließt sich der Kreis und zumindest drei ehemals zusammengehörige Teile können endlich wieder dauerhaft gemeinsam präsentiert werden – so, wie sie vom Künstler ursprünglich angedacht gewesen sind. 

Eine vierte Arbeit bleibt ebenfalls als Dauerleihgabe in Kleve, die Christus am Kreuz mit Heiligen und Stifter zeigt. Sie ist in mehrfacher Hinsicht wichtig für die Klever Sammlung, da sie nicht nur ein Frühwerk aus dem Schaffen des Künstlers ist, sondern auch aus Jan Baegerts Geburtsstadt Wesel stammt. Sie wird dem Klever Museum als Dauerleihgabe des Städtischen Museums in Wesel überreicht. Zudem ist im Hintergrund die Klever Schwanenburg zu sehen. Beim eingangs beschriebenen Kreuzigungs- oder Passionsaltar des Jan Baegert konnte bislang leider kein einziges Fragment des Gekreuzigten selbst wiederentdeckt und zugeschrieben werden – was ab sofort durch die Weseler Dauerleihgabe (zumindest in kleinerem Maßstab) kompensiert werden kann. 

[verfasst von Valentina Vlašić, Kuratorin im Museum Kurhaus Kleve]

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Derick und Jan Baegert: die zwei spektakulären Digitalisate der Altäre von Vater und Sohn gehen in die Klever Sammlung ein

Im Zentrum der großen Mittelalter-Retrospektive „Schönheit & Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters“ (24.03. – 23.06.2024) im Museum Kurhaus Kleve standen zwei Hauptwerke von Jan Baegert, von denen heute bedauerlicherweise nur noch Fragmente erhalten sind: der Passionsaltar und der Marienaltar. Bei ihnen handelte es sich um die Höhepunkte im Œuvre des mittelalterlichen Meisters. Um Besucher*innen einen Eindruck der ursprünglichen Opulenz des Passionsaltars zu ermöglichen, fertigte das Museum Kurhaus Kleve Digitalisate zweier Passionsaltäre an, die die Motivik, den Bildaufbau und das Kolorit des zerstörten Meisterwerks besitzen. Nach Ablauf der Ausstellung gehen nun beide Digitalisate dieser Altäre in die Sammlung des Museum Kurhaus Kleve ein. 

Das eindrucksvolle Digitalisat des Hochaltar-Retabels von Jan Baegerts Vater Derick bildete den inoffiziellen Höhepunkt der Ausstellung. Auf der Mitteltafel der Feiertagsseite, die fast vier Meter breit ist, finden sich zahlreiche für Kleve wichtige Details: Dort sind nicht nur zwei Klever Grafen und Herzöge hoch zu Ross dargestellt (Graf Adolf I. von Kleve-Mark und Herzog Johann I. von Kleve), sondern auch eine der ältesten Darstellungen der Klever Schwanenburg. Derick Baegert präsentierte sich auf dieser Tafel selbstbewusst im Selbstporträt (rechts oberhalb der Heiligen Veronika, die das Schweißtuch hält) – und zwar knapp 25 Jahre bevor Dürer sein bedeutendes Selbstporträt fertigte.

Die vielfigurige Massenszene enthält zahlreiche Haupt- und Nebenszenen, Simultan- und Zeitebenen. Christus als Gekreuzigter nimmt das Zentrum ein, ist zeitgleich aber im linken Hintergrund noch beim Reiterzug aus Jerusalem zu sehen sowie im rechten Hintergrund bei der Kreuzabnahme, Beweinung und Grablegung. Im Vordergrund bricht seine Mutter Maria unter dem Kreuz zusammen, gehalten von Johannes und Maria Salomé. Maria Magdalena umgreift in Agonie den Kreuzesbalken. Vermutlich nahezu identisch verhält sich der Bildaufbau bei Jan Baegerts vermutetem Meisterwerk des Passionsaltars – und anhand der ungemein hohen Qualität der Fragmente ist zu vermuten, dass Jan Baegert dabei seinen Vater Derick vermutlich bei weitem übertroffen hat.

Doch während Derick Baegert das Glück hatte, dass sein Altar seit fast 550 Jahren an ein- und demselben Ort – nämlich der Propsteikirche St. Johannes Baptist in Dortmund – steht, ist beim Passionsaltar des Jan Baegert nichts bekannt – weder der Auftraggeber, noch der Standort oder der Zeitpunkt der Zerstörung. Es konnten lediglich 9 Fragmente in 6 unterschiedlichen Museen identifiziert werden, die in der Klever Ausstellung erstmals überhaupt zusammenhängend präsentiert wurden. Da essentielle Teile nach wie vor fehlen – beispielsweise konnte bislang kein einziges Fragment des Gekreuzigten selbst entdeckt und zugeschrieben werden – griff das Klever Museum auf das moderate Mittel zurück, den Besucher*innen die volle Opulenz der mittelalterlichen Arbeit durch das Digitalisat des Dortmunder Hochaltars des Vaters zu veranschaulichen – eine Rechnung, die nach den Resonanzen der Besucher*innen voll aufgegangen ist. Die Qualität des durch die Julius Fröbus GmbH angefertigten Digitalisats des Hochaltars überzeugte voll und ganz. 

Um sich nicht nur auf die Arbeit des Vaters zu konzentrieren und auch das einzige Altarretabel von Jan Baegert zu zeigen, das noch heute der ursprünglichen Intention des Künstlers entspricht, ließ das Museum Kurhaus Kleve auch den sogenannten „Cappenberger Altar“ als Digitalisat anfertigen. Er weist abermals dieselbe Szenerie – eine vielfigurige Kreuzigung mit u.a. Reiterzug, Kreuzabnahme und Beweinung etc. – auf. Er ist geradezu idealtypisch für die Bildsprache Jan Baegerts mit seinen properen Gesichtern, runden Körperformen, modischen Kleidungsstücken und mehr. Er ist auch insofern von Bedeutung, da er Jan Baegert über 80 Jahre lang den Notnamen „Meister des Cappenberger Altars“ einbrachte, der ihm sogar noch heute anhängt. So bezeichnet ihn beispielsweise die National Gallery in London nach wie vor auf diese Weise und nennt seinen Namen lediglich in Klammern, ergänzt um ein Fragezeichen. 

Beide Digitalisate, die in enger Absprache mit den Eigentümern erstellt wurden – der Propsteikirche St. Johannes Baptist in Dortmund und der Stiftskirche Schloss Cappenberg in Selm –, gehen nun in die Sammlung des Museum Kurhaus Kleve ein, wo sie den Bestand der originalen Kunstwerke der niederrheinischen Malerei trefflich ergänzen. Präsentiert oder ausgeliehen werden dürfen sie nur nach Zustimmung der Eigentümer, die für jeden Anlass neu eingeholt werden muss. 

[verfasst von Valentina Vlašić, Kuratorin im Museum Kurhaus Kleve]

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ENDLICH MIT GESICHT + PROFIL: Porträts der bedeutenden Jan Baegert-Forscherin Gundula Tschira-van Oyen

Ohne sie hätte die Altmeister-Ausstellung „Schönheit & Verzückung. Jan Baegert und die Malerei der Mittelalters“ (24. März – 23. Juni 2024) im Museum Kurhaus Kleve nicht realisiert werden können: Gundula Tschira-van Oyen, die große Jan Baegert-Forscherin, von deren Zuschreibungen, Kenntnissen und Entdeckungen alle nachkommenden Generationen an Kunsthistoriker*innen profitieren werden. Leider war sie bislang genauso wenig bekannt wie ihr Forschungsgegenstand, der niederrheinische mittelalterliche Maler Jan Baegert aus Wesel. Dank der Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve sind nun weitere Informationen über ihr Leben aufgetaucht. 

Die Gender-and-Diversity-Studentin Jessica „Violet“ Roberts, die im Zuge ihres Studiums an der Hochschule Rhein-Waal ein 6-monatiges wissenschaftliches Praktikum im Museum Kurhaus Kleve absolvierte (weitere Infos ->hier), bei dem sie u.a. auch als Junior-Kuratorin an der Konzeption der Ausstellung mitarbeitete, stellte sich die Frage, warum eine 1925 in Lobberich am Niederrhein geborene Kunsthistorikerin ausgerechnet über einen mittelalterlichen Maler aus Wesel promovierte. Den Forschungsstand trug Roberts in einem kenntnisreichen Beitrag im Katalog der Ausstellung zusammen (weitere Infos zum Katalog ->hier). 

Dabei war es ihr trotz kurzfristiger intensiver Recherche während der Ausstellungsvorbereitung leider nicht möglich an essentielle Informationen über Gundula Tschira-van Oyen zu gelangen, wie beispielsweise wann sie gestorben ist oder wie sie ausgesehen hat. Einen dementsprechenden Aufruf platzierte sie am Ende ihres Artikels, den die Kuratorin der Ausstellung, Valentina Vlašić, bei (fast) allen ihren Führungen wiederholte. 

Diesen Aufruf nahm sich ein Mitglied des Freundeskreises, Wolfgang R. Müller aus Rees, zu Herzen und recherchierte einige Wochen lang auf eigene Faust. Ihm gelang schließlich der Coup, die Kontaktaufnahme zu einem direkten Familienmitglied von Gundula Tschira-van Oyen: zu einem ihrer drei Kinder. 

Diese Tochter – deren Name und Kontaktdaten dem Museum Kurhaus Kleve bekannt sind, aber die nicht veröffentlicht werden sollen – stellte dem Museum Kurhaus Kleve die hier vorliegenden fünf Porträts aus den 1960er Jahren der Kunsthistorikerin zur Verfügung. Sie zeigen Gundula Tschira-van Oyen als wachen Geist und als Frau mit Verstand, Stilsicherheit und Humor. Es sind die ersten Porträts überhaupt, die von ihr veröffentlicht werden.

Zeitlebens erhielt sie für ihre Forschungen nie die Anerkennung, die ihr gebührte – weshalb der Ausstellungskatalog des Klever Museums von 2024 ihr gewidmet ist. Ihre Tochter bestätigte, dass sie sich nach der Geburt ihrer drei Kinder vorwiegend um ihre Familie kümmerte und ihre Forschungen zeitlebens hinten an stellte. 

Sie starb – wie von den Klever Museumsleuten vermutet – kurze Zeit nach ihrer Korrespondenz mit dem damaligen Museumsdirektor Guido de Werd im Alter von 76 Jahren. Beide schrieben sich im November und Dezember 2001, Gundula Tschira-van Oyen interessierte sich – wie sollte es anders sein – um eine Arbeit von Jan Baegert, für die sie dem Klever Museum gratulierte. Die komplette Korrespondenz ist im Beitrag von Roberts im Katalog zur Ausstellung abgedruckt. Gundula Tschira-van Oyen starb nur wenige Monate später, am 23. September 2002. Somit verbrachte sie ihr gesamtes Leben mit der Forschung zu Jan Baegert. 

Ihre Familie besuchte die Ausstellung in Kleve und war vom Engagement und der Zuschreibung des Kuratorenteams tief berührt. Sie bleibt dem Museum weiterhin verbunden. Mit den Passphotos, die sie dem Klever Museum bereitgestellt hat, erhält die Wissenschaftlerin nun auch endlich ein (äußerst sympatisches) Gesicht.

[verfasst von Valentina Vlašić, Kuratorin im Museum Kurhaus Kleve]

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Schenkung von sieben Aquarellen der Berner Malerin Lisa Hoever für die Klever Sammlung

Im Frühsommer 2024 erhielten das Museum Kurhaus Kleve und sein Freundeskreis eine Schenkung von sieben delikaten, kleinformatigen Aquarellen der Malerin Lisa Hoever (geboren 1952 in Münster). Die Künstlerin studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie und zog, nach Zwischenstationen u.a. in Berlin und Florenz, nach Bern, wo sie seit über fünfunddreißig Jahren lebt und arbeitet.

Lisa Hoever ist eine Malerin abstrakter Werke, deren Inspiration in der Natur zu finden ist, besonders bei Pflanzen. Die Motive, die sie in der Realität sieht, versetzt sie auf das Papier, mal vergrößert, mal verkleinert, mal ausgeschnitten, mal im Ganzen, wodurch sie ihnen eine zeitlose Eleganz und Präsenz verleiht.

Lisa Hoevers Hauptwerkzeug ist Farbe, die sie auf magische Weise zu komponieren versteht. Sie arbeitet vornehmlich mit Aquarellfarben, die schnell trocknen und keine nachträglichen Änderungen zulassen. Sie formuliert ihre Motive schnell, präzise und kompakt. Trotzdem zeichnen sich ihre Arbeiten durch eine hohe Leichtigkeit und Transparenz aus, deren Muster und Ornamente das Auge der Betrachter*innen zu hypnotisieren und nicht loszulassen verstehen. Gleichzeitig gleicht keines ihrer Aquarelle dem anderen, jedes besitzt einen eigenen Charakter, eine eigene Persönlichkeit, Stimmung und Atmosphäre.

Einzelnen Kunstwerken unterlegt die Künstlerin Kommentare in der Form von Gedichten, die viel über ihr Selbstverständnis und Denken preisgeben. Als Beispiel sei genannt:

Gesicht bleibt Gesicht
Mauer bleibt Mauer
Dickicht & Gezweig
Wolke über Wolke doch Luft dazwischen
für Rufe & Schauer
Auch Pigmente ausbringen wie der Bauer den Mist damit auf den Planquadraten des Sichtbaren gedeihen möge
die Schönheit dieser ersten und letzten Feldfrucht
des Seins

Die Schenkung von sieben originalen Aquarellen an das Klever Museum fand durch einen schönen Zufall zustande. Lisa Hoever hegt einen engen Kontakt zum Niederrhein, den sie regelmäßig besucht. Ihre Schwester Ida Hoever lebt und arbeitet am Niederrhein, wo sich die weit verstreute Familie einmal jährlich zu treffen pflegt. Das Museum Kurhaus Kleve ist beiden kunstsinnigen Schwestern bestens bekannt.

Lisa Hoevers Nichte machte die Künstlerin auf einen Eintrag auf der Sammlungswebsite des Museum Kurhaus Kleve vom Sommer 2022 aufmerksam (siehe hier: https://sammlung.mkk.art/projekte/209-schne-kleine-schenkung-aus-privatbesitz-ein-abstraktes-bild-der-malerin-lisa-hoever), bei dem beschrieben ist, dass Gründungsdirektor Guido de Werd dem Museum eine Edition von Lisa Hoever geschenkt hat. Die Edition wurde im Museum Franz Gertsch in Burgdorf in der Schweiz herausgegeben, wo 2021-22 eine große Übersichtsausstellung der Arbeiten von Lisa Hoever zu sehen war. Guido de Werd empfand die Arbeit als passende Ergänzung zur vorhandenen Klever Sammlung – mit Arbeiten u.a. von Ulrich Erben, Karl Otto Götz, Günther Förg oder Franz Gertsch.

Als Lisa Hoever auf die Schenkung aufmerksam wurde, war sie darüber derart erfreut, dass sie das Museum Kurhaus Kleve kontaktierte und nicht nur die Schenkung des originalen Aquarells – das als Grundlage für die von Guido de Werd geschenkte Edition diente – tätigte, sondern darüber hinaus weitere sechs kleinformatige Aquarelle nachlegte, die in künftigen Sammlungspräsentationen in einer Serie gemeinsam präsentiert werden können.

Den besonders schönen und aussagekräftigen kleinformatigen Blättern haftet eine starke Präsenz und unverwechselbare Bildsprache an. Die digitalen Wiedergaben werden den formschönen Unikaten kaum gerecht, die durch eine bestechende Kombination aus Farbkraft und Komposition überzeugen.

[verfasst von Anastasiia Chaban (weitere Informationen ->hier) und Valentina Vlašić]

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Nachruf auf Bibliothekar Klaus Nöller (1957–2024)

Am 20. März 2024 verstarb völlig überraschend Klaus Nöller (1957–2024), der seit 1997 Bibliothekar am Museum Kurhaus Kleve gewesen ist und Wertvolles – wie kein Zweiter – für die Sammlung des städtischen Klever Museums geleistet hat. Durch diesen Nachruf soll seinen großartigen Leistungen im Bereich der Sammlung sowie seinem liebenswürdig-eigenwilligem Charakter gedacht werden. 

Klaus Nöller studierte Ingenieurswesen in Köln, konnte einen Beruf wegen einer frühen schweren Erkrankung jedoch nie ausüben. Als ihn der Gründungsdirektor des Museum Kurhaus Kleve, Guido de Werd, bei der Ausübung einer für sein Können nicht angemessenen Maßnahme des Arbeitsamts im Rathaus der Stadt Kleve kennenlernte, erkannte er seiner wachen Verstand, seinen Humor und seine Fähigkeiten. Glücklicher Weise war es ihm möglich, ihn in das städtische Museum zu holen. Dort wurde Klaus Nöller eingangs noch durch die Stadt Kleve beschäftigt, danach – da Guido de Werd seine Leistungen für die Sammlung honorierte – wurde seine Anstellung jahrzehntelang durch den Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. fortgeführt.

Im neu gegründeten Klever Museum übernahm Klaus Nöller die Stelle des Bibliothekars, in der neu von Walter Nikkels gestalteten Bibliothek im zweiten und dritten Obergeschoss des Gebäudeteils Badhotel. Hier entwickelte und realisierte er zusammen mit Guido de Werd und vor allem Roland Mönig (von 1997 bis 2014 u.a. stellvertretender Museumsdirektor und Kustos der Sammlung) eine bis heute gültige Inventarverwaltung, die u.a. alphabetisch sortierte Künstler*innen-Namen und vielschichtige Themengebiete enthält (z.B. nach Gattungen wie Gemälde, Photographie oder Kunstgewerbe sortiert; oder nach Zeitalter wie Mittelalter, Barock oder Bauhaus; topographisch gegliedert und vieles mehr).

Hier erfasste Klaus Nöller in den Jahren seiner Tätigkeit 45.000 Bücher – mehr Datensätze, als jede/r andere Mitarbeiter*in bislang inventarisiert hat. 

Dabei hat Klaus Nöller u.a. präzise Buchtitel, Künstler*innen- und Autor*innen-Namen, Erscheinungsort und -jahr sowie Verlag erfasst. Ohne diese essentielle Tätigkeit wären die Wissenschaftler*innen des Museum Kurhaus Kleve nicht in der Lage, ihrer Arbeit fachkundig nachzugehen, zu recherchieren und kunsthistorische Forschung zu betreiben. 

Um welche Bücher handelte es sich dabei? Klaus Nöller inventarisierte sämtliche Katalogneuerscheinungen beider Klever Museen – des Museum Kurhaus Kleve als auch des B.C. Koekkoek-Hauses, die er u.a. auch immer direkt bei der Deutschen Nationalbibliothek meldete und auch unaufgefordert dorthin versandte. Er führte die ISBN und die Nummern der Schriftenreihe Museum Kurhaus Kleve und half dem Freundeskreis auch beim Versand der Museumskataloge, die von Privatleuten bestellt wurden und per Post verschickt werden mussten. Er erfasste auch alle Kataloge dem Klever Museum verbundener Künstler*innen und weiterer Personen, von denen jede Woche unzählige Exemplare im Museum eintreffen.

Klaus Nöller kümmerte sich auch jahrzehntelang um den professionellen sogenannten „Schriftentausch“, bei dem er sich um den kostenlosen Tausch von Fachpublikationen zwischen Museen, Bibliotheken und Lehr- und Forschungsinstituten handelt, wofür i.d.R. ein großer Aufwand an Kommunikation und Schriftverkehr notwendig ist.

Klaus Nöller erfasste auch komplette Bibliotheken, die dem Museum und seinem Freundeskreis aus Nachlässen und Vermächtnissen zugedacht wurden. Dazu gehörten u.a. die bedeutende Sammlung an alten Büchern von 1500 bis 1900 von Robert Angerhausen, aber auch die Bibliothek von Ewald, Hanna und Sonja Mataré, die Bibliothek von Alex Vömel, die Bibliothek von Bernd Füchte, die Bibliothek von Gerard Lemmens und nicht zuletzt die Bibliothek von Rose und Gustav Wörner, für die Klaus Nöller 2018 in einer konzentrierten Aktion mit weiteren Museumsmitarbeiter*innen und Ehrenamtlichen des Freundeskreises die komplette Bibliothek des Museum Kurhaus Kleve umräumen musste (damals ca. 15 Tonnen an Büchern). 

Als 1997 die Museumsdatenbank „Faust“ eingeführt wurde, war es Klaus Nöller, der alle zuvor von Friedrich Gorissen und Guido de Werd handschriftlich verfassten Inventarkarten in das neue digitale System abtippte. Als die Datenbank 2006 von „Faust“ auf „MuseumPlus Classic“ wechselte, war es Klaus Nöller, der sie für die neuen Formularfelder anpasste. Als 2015 die Notwendigkeit der Permanentinventur im Museum Kurhaus Kleve ankam, war es Klaus Nöller, der zusammen mit Valentina Vlašić jedem städtischen Kunstwerk eine Anlagenummer des SAP-Systems hinterlegte. Als Valentina Vlašić 2020-2021 die Sammlungswebsite des Museum Kurhaus Kleve finalisierte, war es Klaus Nöller, der dafür sorgte, dass tausende Datensätze an Literatur fristgerecht unter jedem online abrufbaren Kunstwerk verfügbar waren. 

In den 1990er und 2000er Jahren war es Klaus Nöller, der akkurat für jede einzelne Ausstellung Pressemappen zusammenfügte und kopierte, die anschießend problemlos an Fördermittelgeber zum Ausweiß der Tätigkeiten versandt werden konnten. Er führte ein Zeitschrifteninventar und legte jeden Lexikonband (vom Thieme-Becker über SAUR – Lexika aller Zeiten und Völker) geflissentlich an. Bis zum letzten Augenblick realisierte er für jede Ausstellung, zu der ein Katalog erschienen war, den Katalogversand an Leihgeber*innen, Fördermittelgeber*innen und die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst. Jede ihm zugedachte Arbeit hinter den Kulissen, die meistens kein Dankeschön erhielt oder keine öffentliche Wahrnehmung besaß, realisierte er akkurat und ohne zu murren. 

Klaus Nöller war ein Klever Sohn, der entfernte Familie in Emmerich besaß, zu der er jedoch kaum Kontakt hielt. Die Kolleg*innen im Museum Kurhaus Kleve waren wie eine Ersatzfamilie für ihn – und er für sie. Bei jeder Betriebsfeier, egal, ob Weihnachtsfeiern oder Geburtstagsessen, fand er sich in ihrer Mitte ein und war unverzichtbarer Bestandteil und gern gesehener Teilnehmer. Er hörte gerne jedwedem Schwatz aus seinem beruflichen Umfeld zu, verlor jedoch selbst nie ein Wort zu viel über sich selbst – außer, wenn es um seine große Leidenschaft, den Fußball ging. Hier kommentierte er mit großem Witz und Ironie die Siege und Verluste kürzlich stattgefundener Spiele. Er kam nicht zu allen Ausstellungseröffnungen, doch wenn er erschien, war es für die Museumsmitarbeiter*innen – augenzwinkernd – wie ein royaler Adelsschlag für deren monatelange Vorbereitungen.

Obwohl er nicht viel besaß, brachte er an jedem 12. Juni, zu seinem Geburtstag, für die komplette Belegschaft Erdbeerkuchen mit Sahne mit, wozu er seine Kolleg*innen immer pünktlich um 10 Uhr zum gemeinsamen Verzehr zusammentrommelte. Da er kein Auto besaß, erledigte er diesen Einkauf immer zu Fuß, bei jedwedem Wetter und trotz seiner schweren Erkrankung. Unvergessen bleibt sein stets langsamer, geradezu gemütlich erscheinender Gang, wenn man ihn mal auf der Straße sah und/oder traf. Er wirkte immer, als sei er völlig frei und würde ohne Hast über einen Strandboulevard spazieren, und nicht schnellen Schrittes an einer viel befahrenen Straße zur Arbeit marschieren. 

Klaus Nöller arbeitete nur zwei Tage die Woche, montags und mittwochs, jeweils von 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr. Zeitlebens kam er keine Sekunde zu spät zur Arbeit. Urlaubs-, Krankheits- oder sonstige Abwesenheitszeiten kannte er so gut wie nicht, da das Museum seinen einzigen Sozialkontakt darstellte. Man konnte immer auf ihn zählen und er lehnte nie eine Arbeitsaufforderung ab. Auch wenn die Zeiten fordernd und anspruchsvoll waren (wie z.B. während der Jahre mit dem Corona-Virus), war Klaus Nöller eine Konstante, ein Fels in der Brandung. Obwohl er zeitlebens krank und sozial schwach aufgestellt war, beschwerte er sich nie und verlor nie ein schlechtes Wort über seine Mitmenschen und Kolleg*innen.

Wir werden ihn vermissen, für seine Arbeit und ihn als Menschen, und seiner in Freundschaft gedenken. Die Arbeit, die er für das Museum geleistet hat, ist unanfechtbar und sucht ihresgleichen. 

[verfasst von Valentina Vlašić, stellvertretend für die Mitarbeiter*innen des Museum Kurhaus Kleve]

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Ein delikates Klever Altmeisterwerk geht nach Düsseldorf: Graf Adolf von Kleve aus der Sammlung des Freundeskreises

Eine Klever Kostbarkeit aus der Sammlung seines Freundeskreises geht zeitnah nach Düsseldorf, zur Ausstellung „Allianzen: Düsseldorf/Lissabon“ des Stadtmuseums Düsseldorf (zu sehen von 7. September – 7. Januar 2024). Die Ausstellung verfolgt die Verbindungen zwischen Düsseldorf (und seiner Nachbarn) und Lissabon, die seit dem 15. Jahrhundert durch Allianzen der Heiratspolitik bestehen. Exemplarisch werden hier Hochzeitspaare mehrerer Jahrhunderte gezeigt:

des 15. Jahrhunderts Adolf von Kleve und Beatrix von Portugal, des 17. Jahrhunderts Peter II. von Portugal und Maria Sophie von der Pfalz, im 19. Jahrhundert Peter V. von Portugal und Stephanie von Hohenzollern-Sigmaringen sowie im 20./21. Jahrhundert die deutsch-portugiesische Familie von Carlos Quintas.

Gemälde, Pläne, Modelle und Exponate des Kunstgewerbes sowie Photographien und Videos dokumentieren die Architektur und Stadtentwicklung von Düsseldorf und Lissabon der Epochen. 

Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Stadtmuseum Lissabon. Weitere Leihgeber*innen sind u.a. das Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst Lissabon, das Marine Museum Lissabon und die Marine Akademie Portugal in Lissabon sowie das Stadtarchiv Düsseldorf, das Landes Archiv Nordrhein Westfalen u.a.

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