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Maler*in (Ausführung): Jan [Johan] Baegert (um 1465 – um 1535)

Beschreibender Titel: Hl. Hieronymus

Datierung: um 1510 - 1530 (Herstellung)

Museum: Museum Kurhaus Kleve

Typ: Kunstwerk

Gattung: Gemälde

Inventar Nr.: Hauptverz.-Nr. 8 b (2)

Kurzbeschreibung

Zu sehen ist hier der Heilige Hieronymus, der vor dem gekreuzigten Christus kniet. Hinter dem Kreuz kniet der Stifter, ein Kartäusermönch; im Hintergrund – und das ist ein topographisch äußerst interessantes und aufschlussreiches Detail – ist das Kloster Insula Reginae Caeli auf der Insel Grave bei Wesel zu sehen.

Katalogtext

Das Jan Baegert zugeschriebene kleinformatige Gemälde auf zwei Tafeln zeigt in einem umschließenden Architekturrahmen Szenen aus dem Leben des im Mittelalter hochpopulären Kirchenvaters Hl. Hieronymus († 420). Beide wurden mit einer Würdigung des Kartäuserordens verbunden. Der Heilige kniet im Vordergrund als Büßer im Profil nach links. Er kasteit sich vor einem Kruzifix, an dem der Heiland lebendig gezeigt wird, indem er mit einem Stein in der Rechten zum schmerzhaften Schlag auf die Brust ausholt, die im Ausschnitt seines blauen Gewands freiliegt. Seinen roten Kardinalsmantel und den Hut, genannt Galero, hat er abgeworfen, auf den sandigen Boden oder den toten Ast eines Baums, und sich damit seiner kirchlichen Statussymbole entledigt. Links von ihm, kleiner als er, sehen Betrachter*innen im Vordergrund einen tonsurierten Mönch in weißer Kartäuserkutte mit Skapulier, Kapuzengewand und Gürtel, in der Position eines Stifters knien. Er zeigt die für Baegert typischen feinen Gesichtszüge: hohe Stirn, auseinanderliegende Augen, eine kurzen Mund-Nase-Partie mit kleinem Kinn. Das Ordensgewand ist bereits in einer Miniatur im Stundenbuch des Herzogs von Berry festgehalten.

Der vom Hl. Bruno von Wesel gegründete Kartäuserorden wird dort bereits in der Unterschrift der Darstellung des Mutterklosters mit dem Hl. Hieronymus in Bezug gesetzt: „Opidum mihi carcer est, solitudo paradisus. Pax est in cella, foris instant jurgia bella“ wird dieser in der Unterschrift des Blattes zitiert. Dies findet bei Jan Baegert oder dem Auftraggeber wohl Widerhall in dem neuen Bildelement der lieblichen Flusslandschaft um das Kloster im Rhein.

Neben dem heiligen Büßer wacht als imposante Erscheinung ein großer Löwe mit in drei Ebenen wellig fallender Mähne am langaufgerichteten Hals. Der Überlieferung in der „Legenda Aurea“ des Jacobus von Voragine nach hatte der Heilige einem Löwen einen Dorn aus der Pfote gezogen. Als er sich als Einsiedler in die syrische Wüste Chalcis zurückzog, blieb der dankbare Wüstenkönig fortan als schützender Begleiter bei ihm: ein Ausdruck für das gezähmte Wilde.

In der mittleren Bildebene ist der Hl. Hieronymus in dieser Szene gezeigt: Er steht aufrecht in rotem Gewand und Hut eines Kardinals, also eines ranghohen kirchlichen Würdenträgers, der Löwe ebenso ausgemergelt wie hilfesuchend in heraldischer Form an ihm aufgerichtet. Das Werk erzählt damit, als „Bild im Bild“ eine Geschichte, die die zeitgenössische Betrachterschaft wiedererkannte. In Wirklichkeit, so sollte Erasmus von Rotterdam in seiner wissenschaftlichen Untersuchung der Werke des Hieronymus aus Stridon belegen, war Hieronymus weder römischer Kardinal – das Amt gab es zu seinen Lebzeiten noch nicht – noch besaß er einen Löwen. Auch der Hut wurde erst im Mittelalter eingeführt. Bei diesen Bildmotiven liegt, wie die Forschung ergab, eine Vermischung mit dem phonetisch ähnlich klingenden Hl. Gerasimov vor. Bekannt wurde Hieronymus aufgrund seiner Bibelübersetzung wie Kasteiung gegen dokumentierte leibliche Versuchungen im Büßertyp.

Im Hintergrund zeigt sich in einer Flusslandschaft die Ordenswelt des Stifters: Er oder ein Bruder ist als kleiner Mönch mit übergestülpter Kapuze vor einem mächtigen, mauerbewehrten Kloster zu sehen, das durch Dr. Friedrich Gorissen 1963 als das am 2. Februar 1419 von Herzog Adolf gegründeten, abgeschieden im Rhein errichteten Kartäuserkloster auf der Graveninsel bei Wesel identifiziert werden konnte.

Wie die Forschung herausgearbeitet hat, ist das Tor-Wächterhaus eine architektonische Besonderheit, das durch einen Schornstein als beheizbar ausgewiesen ist. Dieses Häuschen findet sich in einem weiteren Gemälde Jan Baegerts ebenso wie in dem Barthel Bruyn (1493–1555) zugeschriebenen Gemälde des Büßenden Hl. Hieronymus im Museum von Douai. Der vermeintlich spazierende Kapuzenträger wehrt tatsächlich vor dem Klosterportal einen Stier mit breiten Hörnern ab, der in einer Koppel gehalten wird. Ein solcher Stier kennzeichnet in Bildern der Versuchung des Hl. Antonius um 1500 das gefährliche Böse. Der Kirchenlehrer Irenäus wertet zwar den Stier als Beispiel für den Alten Bund, dem der Neue in Christus gegenüberstehe; doch im Kontext des das Portal schützenden Mönchs dürfte er hier auf die Versuchung anspielen, die das Tier im holländischen Sprachgebrauch des 16. Jahrhunderts ohnehin symbolisiert.

In die gleiche Richtung könnte die auf den toten Baum gekletterte Katze weisen, die zwar aufgrund ihrer Farbe kein Teufels-, aber doch ein Versuchungssymbol sein kann. Zieht man volkstümliche Sprichwörter heran, so könnte sie auch auf die bedeutende Mittlerrolle des Hl. Hieronymus verweisen, auf den sich die Gebete des Stiftermönchs richten, dem der Gekreuzigte wie segnend sein Haupt zuwendet. Das Werk ermöglichte Betrachter*innen die Versenkung in das Leid Christi ebenso wie in die Kasteiung des bußfertigen Sünders. Es ist noch von der Rechtfertigungslehre geprägt und bleibt damit in der Spätgotik verhaftet, wie auch der doppelte Löwe auf eine Entstehungszeit jedenfalls vor 1517 verweist. Das Werk ermöglichte klösterlichen Betrachter*innen die Versenkung im Rahmen der devotia moderna und exemplifizierte die Abwehr von und die Buße nach Versuchungen. Der erfahrene Hl. Hieronymus wird als wirkmächtiger Fürsprecher empfohlen.

Das Werk dürfte in die frühe mittlere Schaffensperiode Baegerts einzuordnen sein, etwa um 1510–1514, als der Kult um Bruno den Kartäuser offizielle Bestätigung erfuhr. Jan Baegert beweist mit einzelnen Elementen dieses Werks ein ingeniöses Talent, der damit künstlerische Alleinstellungsmerkmale schuf. Als Werk eines Künstlers in der Umbruchzeit von Spätmittelalter und Früher Neuzeit im Grenzraum Niederlande / Niederrhein kommt dem Klever Altarbild eine besondere Bedeutung zu, auch weil nur wenige Werke Jan Baegerts aufgrund von Plünderung, Krieg und Zerstörung überkommen sind. Die Kombination von Hieronymus mit Kartäusern ist dabei auch ein Zeitdokument: 1542 wird sich der schweigsame Kartäuserorden endgültig von dem beredten Kirchenvater Hl. Hieronymus distanzieren.

Verfasst von Martina Nibbeling-Wrießnig für den Katalog zur Ausstellung „Schönheit und Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters“ 2024 im Museum Kurhaus Kleve.

Literatur
  • Kat. d. Ausst. „Jan Baegert: Zwei kleine Altarwerke des Weseler Malers ‘Jan Baegert’ um 1525“, bearb. v. Friedrich Gorissen, hrsg. v. Städtischen Museum Haus Koekkoek aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung (20. Juli – 29. September 1963), Kleve 1963, S. 16-19, Nr. 5-6
  • Tschira van Oyen, Gundula: Jan Baegert – Der Meister van Cappenburg, Ein Beitrag zur Malerei am Niederrhein zwischen Spätgotik und Renaissance – Gesamtdarstellung und kritischer Katalog, Baden-Baden 1972, S. 19f., 89, Nr. 35-36
  • Bestandskatalog „Städtisches Museum Haus Koekkoek Kleve – Katalog Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Kunstgewerbe“, bearb. v. Guido de Werd, hrsg. v. Städtischen Museum Haus Koekkoek Kleve mit Unterstützung des Landschaftsverbands Rheinland, Kleve 1974, S. 18f., Abb. Nr. I, 6, Nr. 14
  • Auswahl- / Bestandskatalog „Mein Rasierspiegel – Von Holthuys bis Beuys“, hrsg. v. Guido de Werd im Auftrag des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Abschiedsausstellung des scheidenden Gründungsdirektors Guido de Werd im Museum Kurhaus Kleve (9. September 2012 – 13. Januar 2013), Kleve 2012, S. 437, Abb. S. 425, Nr. 5.35
  • Kat. d. Ausst. „Schönheit und Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters“, bearb. v. Valentina Vlašić, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (24. März – 23. Juni 2024), Kleve 2024, S. 181f, Abb. S. 180, Nr. 7
Ausstellungen
  • Kunst des Mittelalters und des Barock rund um den Katharina von Kleve-Saal im Gebäudeteil Friedrich-Wilhelm-Bad, Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, 09.09.2021
  • Schönheit und Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters, Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, 24.03.2024 - 23.06.2024
Material/Technik:
Tempera und Öl auf Eichenholz, Teil eines Altarbildes
Maße:
Bildmaß 35,8 x 28 cm
Geographischer Bezug:
Wesel (Herkunftsort)
Kleve (Standort)
Status:
Ausstellung
Creditline:
Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, Deutschland; erworben mit Hilfe des Kultusministers Nordrhein-Westfalens und des Landschaftsverbandes Rheinland
Kontakt:
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