Bildhauer*in (Ausführung): Hans Steinbrenner (1928–2008)
Künstlertitel: Figur
Datierung: um 1969 (Herstellung)
Museum: Museum Kurhaus Kleve
Typ: Kunstwerk
Gattung: Plastik / Skulptur
Inventar Nr.: 2016-VIII-CCLXV
Die „Figuren“ Hans Steinbrenners folgen einfachen stereometrischen Formen. Es scheint, als seien sie sozusagen nach dem Baukastenprinzip aus Blöcken unterschiedlicher Größe und variabler Proportion zusammengesetzt worden. Bei genauerem Hinsehen aber zeigt sich, daß die Arbeitsweise des Künstlers mitnichten additiv ist, sondern die einzelnen Elemente sich vielmehr gegenseitig durchdringen, ergänzen und organisch aufeinander beziehen. Bezeichnenderweise wecken insbesondere die stelenartigen unter Steinbrenners Plastiken unweigerlich Assoziationen zu aufrecht stehenden menschlichen Figuren. Ein Vergleich mit archaischen Formulierungen des Menschenbildes, etwa mit den Kouroi der griechischen Vorklassik, bestätigt diese Assoziationen.
Der Brückenschlag zur Antike wirkt weniger willkürlich, wenn man bedenkt, daß Steinbrenner, der u.a. neben Michael Croissant bei Toni Stadler in München studierte, sich in seinen frühen gegenständlichen Plastiken an ebendiesem archaischen Figurenideal orientierte. Erst im Anschluß an eine Phase biomorpher Abstraktion ging er schließlich Anfang der 1960er Jahre dazu über, mit reinen stereometrischen Formen zu arbeiten. Damit versuchte er für die figürliche Plastik zu leisten, was Piet Mondrian ausgehend von der Beschäftigung mit der Landschaft im Medium der Malerei gelungen war: eine ebenso einfache wie einleuchtende Ordnung zu schaffen, die auf dem rechten Winkel basiert. Nur auf diese Weise glaubte Steinbrenner seiner Überzeugung gerecht werden zu können, daß Kunst „immer Überhöhung, Steigerung, Idealisierung der Wirklichkeit“ zu sein und das „Chaos“ der Existenz zu ordnen habe.
Zugleich konnte er – im Gegensatz etwa zu Gerhard Marcks, den ähnliche Gedanken umtrieben, der aber an der Darstellung des menschlichen Körpers festhielt – mit wirklich zeitgemäßen Formen arbeiten. Denn der „rechte Winkel“ gilt ihm als Abbild der Rationalität und Funktionalität des modernen Lebens, und der „Container“ ist für ihn das „Symbol einer materialistischen Klassengesellschaft“. Diese geist- und leblosen Chiffren des technischen Zeitalters zu beleben und zu beseelen ist das Ziel der vermeintlich so simpel konstruierten „Figuren“ Hans Steinbrenners.
- Kat. d. Ausst. „Kleinplastik des 20. Jahrhunderts“, bearb. v. Guido de Werd u. Roland Mönig, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus e.V. aus Anlass der Ausstellung „Von Rodin bis Trockel – Kleinplastiken aus der Nationalgalerie Berlin und aus einer rheinischen Privatsammlung“ im Museum Kurhaus Kleve (10. Mai – 23. August 1998), Kleve 1998
- Kat. d. Ausst. „Die Sammlung Wörner: Von Haltung und Leidenschaft – Werke aus 500 Jahren Kunstgeschichte“, bearb. v. Valentina Vlašić, Hannah Eckstein und Leo Friedrichs, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (23. Oktober 2016 – 29. Januar 2017) und B.C. Koekkoek-Haus (6. November 2016 – 29. Januar 2017), Kleve 2016
- Original & Kontext. Die Sammlung analog + digital, Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, 30.10.2021 - 27.02.2022