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Bildhauer*in (Ausführung): Ewald Mataré (1887–1965)

Künstlertitel: Grasende Kuh II.

Datierung: 1930 (Herstellung)

Museum: Museum Kurhaus Kleve

Typ: Kunstwerk

Gattung: Plastik / Skulptur

Inventar Nr.: 2020-X-V (06)

Werkverzeichnis Nr. (neu): WV P 70

Werkverzeichnis Nr. (alt): WV P 64

Tagebucheintrag

16.07.1930:
„[…] Um zu arbeiten und nicht untätig zu sein, habe ich mit einer kleinen Kuh angefangen, auch hier ist die Beobachtung nicht so leicht, wie man mir unbedingt versicherte, weil gemäht wurde und nun alle Kühe jenseits des Sees bleiben, ich muss also nun mit dem Boot immer hin. Es ist noch eine kleine fressende Kuh, aber ich bin matt und muss in einer übergroßen leeren Scheune die rauche Arbeit machen, nachher kann ich dann auf die Weide mit der Arbeit […]“

23. Juli 1930:
„… Doch was ich suche, dass ganze Tier gewissermaßen in einem Schwung zu machen, so wie die Lösung einer algebraischen Gleichung, das ist’s. Doch habe ich andererseits wieder empfunden, dass unsere unbewusste Arbeit die echte ist, ich meine alles Denken sollte in der Kunst ausschalten, nur beobachten und machen, das ist alles. Ich muss nur viel roher sein. Das werde ich mit das ganze Leben sagen müssen. …“

27. Juli 1930:
„… Nur hinter der Natur steht die Form, alles andere ist romantisch. Vor Jahren war ich – wie noch heute – von einer Ausstellung chinesischer Kunst in Paris so begeistert, und ich begriff dazumal nicht, wieso die plastische Arbeiten rein äußerlich der Natur so fern in ihren formen und doch so naturnah und wahr wirken konnten. Heute ist mir dies ganz klar, die von ihnen (von den Chinesen) gefundene Form kam zustande, indem neben der unausgesetzten Naturbetrachtung ein bestehendes Formprinzip weiter gebildet wurde, wie vor z.B. im Mittelalter die Christusfigur so tausendfältig dargestellt hatten, dass sich ein gewisser Kodex herausbildete und der nun künstlerisch empfundene Formbild nur zu verbessern, oder zu verändern brauchte um ein seinen Vorstellung gerecht werdendes Bildnis zu schaffen. Dies war die Tradition, die uns heute eben fehlt, und die sich jeder gewissermaßen selbst schaffen muss. Hätte ich ein Vorbild einer Kuh, so könnte ich wahrscheinlich weit schneller zu einem brauchbaren Objekt nach meiner Auffassung kommen, als unausgesetzt das Tier bald so, bald so bilden zu müssen. Nun könnte man sagen, dass man so viele Vorbilder in den Museen für jedes Subjekt möchte ich sagen, hat, als man nur will, aber das ist es ja eben, das uns eines fehlt, und dass wir anstelle dessen so und so viele haben, und schließlich ist aus all dem die Erkenntnis zu ziehen, dass zu allen Zeiten, in allen Epochen die Formgestaltung aus der Naturbeobachtung hervorging, und sein besonderes Gepräge durch Material und Anwendungsart fand, das letztere fällt bei uns nun auch fast völlig fort, und wir haben deswegen auch schon das Wort >freie Kunst< erfunden. Auf der einen Seite erwächst durch dieses Losgelöstesein von jeder Bindung eine ungeheure Freiheit, auf der anderen Seite eben der große Nachteil, dass die, ich möchte sagen traditionelle Bindung an die Formgestaltung aufgehoben ist. Es überwiegt also heute meistens ein ästhetisches Prinzip, und uns scheint es nicht förderlich zu sein.“

Beschreibung

Noch bei der „Kleinen grasenden Kuh“ beschwert sich Mataré: „die Beine [kann ich] nicht so dünn machen wie ich möchte, sie brechen mir sonst ab“ und „ich werde schon eines Tages ein Biest formen, ich stütze mich noch allzu sehr auf Konturen statt auf Volumen“. Die „Grasende Kuh II .“ überzeugt durch eine große Klarheit. Der Leib der Kuh ähnelt einem Parallelogramm, der hohe, spitz zulaufende Hintern korrespondiert mit dem nach unten gespreizten Hals, der Ansatz der Hinterläufe mit der Nackenpartie. Der Kopf ist zentral in der Komposition, er dient neben den Beinen als fünftes Verbindungselement zum Grund.
„Bei meiner jetzigen Arbeit, der fressenden Kuh, habe ich mein Hauptaugenmerk wieder auf die Beine gelegt, die ich mehr mit dem Körper verquicken will; bei meiner letzten stehenden Kuh in Toila habe ich sie absichtlich wie in den Körper hineingesteckt gedacht, nun will ich zum Gegenteil kommen. Alles, was ich mache, ist an einer Grundform arbeiten, mir gewissermaßen selbst eine Tradition schaffen und solange das Tier hin- und herschmeißen. Ähnlich wie mit den Beinen verhält es sich mit den Hörnern, auch sie sind ein wesentliches Element, darum versuche ich auch, sie bald einzubeziehen, bald trennend zu behandeln.“
Besonders die Hörner beschäftigen Mataré bei der Arbeit an dem Holz, die in Größe und Form mit der übrigen Proportion der Kuh übereinstimmen müssen. Zum Schluss korrigiert er diese: „Ich habe das ganze Biest noch einmal umgekrempelt. Nun wird’s hoffentlich besser. Sähe ich von Anfang an genauer zu, hätte ich mir viel Arbeit erspart. Jetzt habe ich auch die Beine besser im Zusammenhang. Nur die Hörner machen mir Sorge, und die werde ich wohl nicht mehr gut bekommen, erst wenn sie auf das gewollte Maß zusammengefeilt sind, sieht man, was die Uhr geschlagen hat. Sie sind eben doch nicht von Anfang an richtig konzipiert“. Seine Probleme in der Konzeption der Hörner zeigen sich noch heute an der Skulptur in Holz, bei der die Hörnerpartie separat eingesetzt ist. „Das Holz, das ich bei dieser kleinen Kuh verwandte, habe ich quergenommen, d.h. die Mittelachse zeigt sich seitlich in der Mitte, so dass die Jahresringe gewissermaßen mitschwingen in dem gesamten Schwung des Tieres zum Kopf und Boden, so schwingt das Tier in sich selbst. Gleichzeitig erhalte ich einen Buckel, den ich recht kräftig machen will, so wie im Kopf eine eigene gleichmäßige Maserung in sich. Auch die Beine erhalten dadurch eine ringförmige Maserung und unterstützen die Rundung gegenüber dem Körper. Man soll dem Ganzen aber nicht so viel Bedeutung beimessen, es ist nur eine aus dem Material zugegebene Zutat, wozu soll ich sie unbeachtet lassen?“

Literatur
  • Werkverzeichnis „Ewald Mataré – Das plastische Werk“, bearb. v. Sabine Maja Schilling, Köln 1987, S. 164f, Abb. S. 164, Nr. 64
  • Auswahl- / Bestandskatalog „Mein Rasierspiegel – Von Holthuys bis Beuys“, hrsg. v. Guido de Werd im Auftrag des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Abschiedsausstellung des scheidenden Gründungsdirektors Guido de Werd im Museum Kurhaus Kleve (9. September 2012 – 13. Januar 2013), Kleve 2012, S. 342, Abb. S. 319, Nr. 3.21
  • Kat. d. Ausst. „Ewald Mataré: Die Berliner Jahre 1907 – 1932“, bearb. v. Valentina Vlašić, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (29. März – 28. Juni 2015), Kleve 2015, S. 151, Abb. S. 141, Nr. 97
  • Ewald Mataré, Kaiserslautern und Heilbronn 1981, S. 76, Abb. S. 64
  • Museum Henriette Polak, Zutphen - Een keuze uit de collectie, Zutphen 1991, S. 90, Abb. S. 59, Nr. 16
Ausstellungen
  • Ewald Mataré, Sammlungspräsentation, Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve
Material/Technik:
Lindenholz, auf ovaler Plinthe montiert
Maße:
Objektmaß 16,1 x 25,9 x 9,2 cm
Geographischer Bezug:
Sahalahti (Entstehungsort)
Kleve (Standort)
Status:
Ausstellung
Creditline:
Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung; Dauerleihgabe des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V.; Vermächtnis Sonja Mataré, Meerbusch-Büderich
Copyright:
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Kontakt:
Bei Fragen, Anregungen oder Informationen zu diesem Objekt schreiben Sie bitte eine E-Mail mit diesem Weblink an sammlung [​at​] mkk.art.