Zeichner*in und Kupferstecher*in (Ausführung): Hendrick Goltzius (1558–1617)
in der Manier von (nach): Lucas van Leyden (1494–1533)
Historischer Titel: Christus am Ölberg, aus: Die Passion, Blatt 2 aus einer Folge von 12 Kupferstichen
Datierung: 1597 (Herstellung)
Museum: Museum Kurhaus Kleve
Typ: Kunstwerk
Gattung: Graphik
Inventar Nr.: Hauptverz.-Nr. 0391
Die vorliegende Szenerie zeigt Jesus, der nach dem Mahl lediglich mit den Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes zum Garten Gethsemane am Fuße des Ölbergs gegangen ist, bei seiner letzten Andacht. Seine drei Begleiter, die er eigentlich um Unterstützung beim Wachen und Beten gebeten hatte, enttäuschen ihn: Petrus, den Goltzius mit einem Schwert in der rechten Hand zeigt, schläft mit dem Kopf nach links auf einem Stein. Ihm gegenüber auf der rechten Seite, mit den Füßen nach links, schläft zusammengekauert der jugendliche Johannes. Zwischen ihnen, mit seinem Oberkörper an einen Felsen gelehnt und seinen Kopf mit einer Kapuze bedeckt, lehnt Jakobus und schläft. Christus bleibt mit seiner Angst allein, die Goltzius – im Gegensatz zu erschütternd angstvollen Darstellungen etwa von Dürer 1508 (die Goltzius womöglich kannte) – jedoch nicht darstellt. Nur einen Steinwurf von den schlafenden Jüngern entfernt kniet er nieder und versinkt im Gebet. Ein Engel erscheint ihm, spendet Licht und bestärkt ihn, da – der Überlieferung zufolge – seine Schweißtropfen wie Blutstropfen zu Boden fielen. Zwischen Engel und Knienden erscheint der Kelch als Symbol des Erlösungsleidens. Im rechten Bildhintergrund nahen die Schergen mit Fackeln und Laternen.
Neben dem „Marienleben“ gehört „Die Passion“ zu den bekanntesten Stichfolgen von Goltzius mit religiösem Inhalt. Mit ihr thematisiert er den Leidensweg Jesu Christi und richtet sich mit der Wahl der Motivfolge gezielt an überkonfessionelle Adressaten. War unter dem spanischen König Philipp II nur der Katholizismus als Glaubensbekenntnis anerkannt, durften nach der Einführung eines „vorläufigen“ Religionsfriedens neben Katholiken auch kurzfristig Reformierte und Lutheraner ihre Religion frei wählen (in Antwerpen zumindest bis 1585; in Haarlem, wo sich Goltzius ab 1582 als Verleger etablierte, blieben die Reformierten auch über den Religionsfrieden hinaus an der Macht). Mit der Wahl der Passionsgeschichte, die sowohl unter Katholiken als auch Protestanten eine hohe Bedeutung genoss und zudem zu Goltzius Lebzeiten eine hohe Popularität besaß, sprach er bewusst einen breiten Kundenstamm an. Gewidmet hat er die zwölfteilige Serie Kardinal Federico Borromeo (1564-1631), einem – und dies war ein Novum – christliche Kunst fördernden Erzbischof in Mailand, der eine einflussreiche Persönlichkeit der Gegenreformation war. Eine dementsprechend deutlich sichtbare Kartusche mit Widmung ist im ersten Blatt der Folge angebracht, „Dem letzten Abendmahl“.
Der Stil der zwölfteiligen Serie entspricht dem Œuvre des Lucas van Leyden. Auch Einflüsse von Dürers Passionszyklus sind sichtbar. Während Goltzius’ Schaffen üblicherweise eine eher dramatischere Strichführung auszeichnet, die um Figuren und Hintergründe anschwillt, konzentriert er sich bei den vorliegenden Blättern auf ungewöhnlich dünne Linien, die er zu langen und geraden Schraffuren zusammenführt – ein Vorgehen, das sich auch bei van Leyden finden lässt. Obwohl Goltzius abermals versucht, sich mit den großen graphischen Künstlern seiner Zeit zu messen, sie vielmehr in Perfektion und Raffinesse zu übertreffen, darf nicht unerwähnt bleiben, dass er vor allem für van Leyden eine große Begeisterung pflegte. Für eine hohe Summe hatte er sogar ein Gemälde des Altmeisters erworben, „Die Heilung des Blinden von Jericho“ (1531); ebenso besaß er ein Glasbild, das dem Künstler zugeschrieben war und das er von Jan Saenredam eigens gravieren ließ.
- Otto Hirschmann, Verzeichnis des graphischen Werks von Hendrick Goltzius 1558-1617, zweite Auflage, Braunschweig: Klinkhardt & Biermann 1976, Nr. 22
- Kat. d. Ausst. „Hendrick Goltzius & Pia Fries: Proteus & Polymorphia“, Bestandskatalog der Kupferstiche von Hendrick Goltzius im Museum Kurhaus Kleve, bearb. v. Valentina Vlašić, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (8. Oktober 2017 – 11. Februar 2018), Kleve 2017, S. 61f, Abb. S. 60, Nr. 3B
Blattmaß 199 x 137 mm
Nummerierung: 2 (bez. u.l.)