Zeichner*in (Ausführung): Jan de Beijer (1703–1780)
Beschreibender Titel: Älteste bekannte Ansicht des mittelalterlichen Hausese Walbeck (auch Haus Bönninghausen genannt), vom Südosten aus gesehen
Historischer Titel: t’ Huis d Wallbeek
Datierung: 1743 (?) (Herstellung)
Museum: Museum Kurhaus Kleve
Typ: Kunstwerk
Gattung: Graphik
Inventar Nr.: SAHz 163
Als einer der produktivsten und bedeutendsten topographischen Zeichner der Niederlande im 18. Jahrhundert gilt der in der Schweiz als Sohn eines Werbeoffiziers der holländischen Armee geborene Jan de Beijer. Seit 1709 ist die Familie de Beijer in Emmerich nachweisbar, wo Jan seine Jugend verbrachte und das reformierte Gymnasium besuchte. Über seine Frühzeit als Zeichner ist wenig bekannt, erstmals wird er 1731 in einem Reisetagebuch seines Lehrers Cornelis Pronk, bei dem er von etwa 1722 - 1731 in Amsterdam lernte, erwähnt. Die ersten erhaltenen Zeichnungen stammen aus dem Jahr 1732. Um 1751/52 scheint de Beijer dann nach Amsterdam gezogen zu sein. Mit dem aus Rees stammenden Maler Johann Moritz Quinkhardt (1688 - 1772) stand de Beijer in Kontakt. Nach einer älteren Quelle, soll er auch bei ihm gelernt haben. In Amsterdam gründete de Beijer eine Zeichengesellschaft, der Hendrik Pothoven, Abraham de Haen, Simon Fokke, Juriaan Andriessen, Hendrik Spilman und John Greenwood angehörten. Diese gesellige Gruppe unternahm jährlich eine Reise. Bis um 1769 in Amsterdam tätig, verbrachte de Beijer, der unverheiratet blieb, sein Lebensende wohl im Hause seines älteren Bruders Johan Andries in Emmerich. Nachdem de Beijer 1732 - 1735 am Niederrhein gezeichnet hatte, reiste er in den Jahren 1732 - 1746 vor allem nach Brabant und Limburg. 1751/52 - 1769 zeichnete er in der Umgebung von Amsterdam und Utrecht. Nach den Skizzen von Städten, Dörfern, Schlössern, Klöstern und Landhäusern entstanden im Atelier später ausgearbeitete Zeichnungen für Sammler und Verleger. Um 1740 bekam de Beijer wohl seinen ersten Auftrag, Vorlagen für einen Bildband zu liefern. Nach seinen Zeichnungen entstanden Stiche für das „Verheerlykt Nederland“ (Amsterdam, Isaak Tirion, 1745-1774), für Pieter Langendijks „De Stad Kleef“ (1747), für Johann Heinrich Schüttes „Kleefsche Waterlust“ (1752) und für „Het Verheerlykt Kleefschland“ (Gerrit Tielenburg, Amsterdam, 1758 - 1762). Neben den authentischen Zeichnungen de Beijers befinden sich in der Sammlung Angerhausen einige Kopien nach de Beijers Vorlagen, die von unbekannten Künstlern bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschaffen wurden.
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die älteste erhaltene Ansicht der Burg Walbeck, auch Haus Bönninghausen genannt, die nordwestlich von Walbeck im Geldrischen gelegen ist. Der Zeichner stand im Südosten der mittelalterlichen Burg am gegenüberliegenden Ufer des Burggrabens. Über eine Zugbrücke, auf der er eine galante Szene eingefügt hat, gelangt man durch den mit Treppengiebeln verzierten dreigeschossigen Torturm in den Burgkomplex. Hinter den strohgedeckten Dächern der Wirtschaftsgebäude erhebt sich die Hauptburg, deren Fassade Stufengiebel und deren Dach ein barocker, pavillonartiger Dachreiter schmücken. Die Flanken der Hauptburg verzieren Dachtürmchen, die in Wirklichkeit rund waren. Ein Backsteinfries läuft in Fenster- und Dachhöhe an der Außenwand der Gebäudeflügel entlang. Im 18. Jahrhundert wurden die alten Wirtschaftsgebäude abgerissen und durch ein neues Wohnhaus ersetzt. Ebenso vergrößerte man die mittelalterlichen Fensteröffnungen. Das Haus Walbeck war im 14. Jahrhundert im Besitz der Familie Schenck von Nideggen, die am Jülicher Hof das Mundschenkamt ausführten. 1526 heiratete die Erbtochter lrmgard Schenck den Herren Adrian von Bylandt, wodurch die Herrlichkeit dieser Familie übertragen wurde. 1635 folgte durch Heirat das Geschlecht von Bönninghausen, das sich bis 1803 auf Schloß Walbeck hielt.
- Kat. d. Ausst. „Der Niederrhein. Zeichnungen, Druckgraphik und Bücher aus der Sammlung Robert Angerhausen“, Städtisches Museum Haus Koekkoek (4. April – 30. Mai 1993), bearb. v. Ursula Geißelbrecht-Capecki, hrsg. v. Städtischen Museum Haus Koekkoek, Kleve 1993, S. 277, Abb. S. 21, Nr. J 10d