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Bildhauer*in (Ausführung): Joseph Beuys (1921–1986)

Beschreibender Titel: Madonna aus einer Krippe

Datierung: um 1955 (Herstellung)

Museum: Museum Kurhaus Kleve

Typ: Kunstwerk

Gattung: Plastik / Skulptur

Inventar Nr.: 1991-XII-I

Beschreibung

Zärtlich, liebevoll schaut Maria auf ihr Kind herunter. Im Gegensatz zum zarten Gesicht, mit feinem Bleistiftstrich auf den ovalen Untergrund gesetzt, und den schmalen, zum Gebet gefalteten Händen steht ihre grobe, fast schon klotzige Statur. Grob und ungeschlacht umhüllt der Mantel die kniende Frau, jegliche Körperform kaschierend – nur das Gesicht und die Hände schauen aus dem alles verhüllenden Mantel hervor, dessen Kapuze Maria über den Kopf gezogen hat.
Die kleine, etwa 19,5 Zentimeter hohe Figur wirkt wie aus einem groben Holzklotz herausgehauen, der mit wenigen, gezielten Schnitten des Messers in die zunächst primitiv scheinende Form gebracht wurde. Fast wie ein Felsen kantet sich das Holz auf die Spitze zu. Die geschnitzten, nicht plan­geschliffenen Kanten wirken einerseits wie die Struktur eines Steins, andererseits aber auch wie die Falten des dicken, steifen Stoffes, aus dem der Mantel gewirkt ist. Das Gesicht bildete Joseph Beuys, der die kleine Madonna schuf, schlicht als flache Scheibe aus, die Hände sind aus den im Mantel angedeuteten Armen herausgeschnitten: Sorgfältig faltet sie sie zu einem nach vorne offenen Dreieck. Die, passend zur eigentlich zarten Figur Mariens, schlanken Beine sind unter dem Mante! angedeutet.
Bis jetzt gelang es nicht, die kleine Figur exakt zu datieren, doch scheint sie vor 1959 entstanden zu sein. Noch erinnert sie in ihrer hingebungsvollen Haltung und der hellen grau-blauen Farbgebung an traditionelle Marien­darstellungen. Und doch entwickelt Beuys schon in dieser frühen Skulptur die traditionelle Thematik weiter. Die grobschlächtige Kontur, das stilisierte Gesicht in der Mulde und der völlig vom Mantel verdeckte Körper sind in dieser Form eher untypisch, neu. Gegen die Glitzerwelt der Devotionalien aus dem Kunstgewerbe, gegen süßliche Mariendarstellungen setzt Joseph Beuys bewusst die eher primitive, grobe Figur. Die zarte, verwundbare Maria wirkt unter ihrem festen Mantel trotz allem Leid, das auf die junge Mutter zukommen wird, wie ein Fels, wie ein Eckstein, der unverrückbar den Schlägen des Schicksals standhält. Zusammen mit dem Mataré-Schüler Herbert Belau hatte Beuys die Figur für eine Krippe geschaffen – Belau gestaltete den Josef und das Christus-Kind, das ebenfalls zur Klever Samm­lung gehört. Zu seiner Maria formte der Klever Künstler auch ein kleines Tonmodell, das zur Sammlung van der Grinten gehört.
„Maria ist die, die den, den sie ins Leben gebar, tot in ihren Schoß zurück­genommen hat, mütterlich wie auch die Muttergottheiten, deren Platz sie, dem Heidentum wehrend, besetzt hält“, schreibt Franz-Joseph van der Grinten zu seiner Beuys-Pietà. Mütterlich wie die Muttergottheiten weist auch die kleine Madonna über das christliche Gottesbild hinaus – sie wird zur Mutterfigur schlechthin.

Literatur
  • Kat. d. Ausst. „Joseph Beuys und das Mittelalter“, hrsg. v. Hiltrud Westermann-Angerhausen in Zusammenarbeit mit Dagmar Täube, erschienen aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Schnütgen, Köln (24. Januar – 27. April 1997), Ostfildern-Ruit 1997, Nr. 33
  • Kersting, Rita: „Für Kleve gewonnen 1987–1992“, mit einem Vorwort von Paul Kratz und einem Beitrag von Guido de Werd, hrsg. v. den Freunden des Städtischen Museums Haus Koekkoek Kleve e.V., Kleve 1992, Abb. S. 34 ff, Nr. 20
  • Kat. d. Ausst. „52 Werke aus der Sammlung des 20. Jahrhunderts“, bearb. v. Guido de Werd, Roland Mönig und Ursula Geißelbrecht-Capecki, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der Eröffnung des Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung am 18. April 1997, Kleve 1997, Nr. 7
  • Auswahl- / Bestandskatalog „Mein Rasierspiegel – Von Holthuys bis Beuys“, hrsg. v. Guido de Werd im Auftrag des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Abschiedsausstellung des scheidenden Gründungsdirektors Guido de Werd im Museum Kurhaus Kleve (9. September 2012 – 13. Januar 2013), Kleve 2012
Ausstellungen
  • Joseph Beuys. Frühe Jahre 1947-1955, Domschatzkammer, Köln, Köln, 24.03.2022 - 24.07.2022
  • Joseph Beuys. Werklinien, Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, 01.05.2016 - 04.09.2016
Material/Technik:
Holz, bemalt
Maße:
Objektmaß 19,8 x 17,5 x 12 cm
Geographischer Bezug:
Düsseldorf (Herkunftsort)
Kleve (Standort)
Status:
Ausstellung
Creditline:
Museum Kurhaus Kleve – Dauerleihgabe des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V., erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen, der Kunststiftung NRW, der Stadt Kleve und einer privaten Spende
Copyright:
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Kontakt:
Bei Fragen, Anregungen oder Informationen zu diesem Objekt schreiben Sie bitte eine E-Mail mit diesem Weblink an sammlung [​at​] mkk.art.