Bildhauer*in (Ausführung): Meister Arnt von Kalkar und Zwolle
Beschreibender Titel: Himmelfahrtschristus
Alternativer Titel: Salvator Mundi
Datierung: 1476 (Herstellung)
Museum: Museum Kurhaus Kleve
Typ: Kunstwerk
Gattung: Plastik / Skulptur
Inventar Nr.: 1997-04-09
Die Figur des Himmelfahrtschristus ist durch zwei Ausstellungen einem größeren Publikum bekannt geworden. Im Katalog der Ausstellung „Der Meister von Varsseveld“, Grubbenvorst 1965, hat Adolf Helfer das Bildwerk vorgestellt, die Schau „Herbst des Mittelalters“ in der Kunsthalle Köln 1970 ordnete es in den größeren Zusammenhang der niederrheinischen Spätgotik ein. Die folgende Beschreibung nimmt im Wesentlichen die Worte Adolf Helfers auf, der im berechtigten Besitzerstolz die Figur treffend charakterisiert hat.
„Das schwarze Haupthaar ist in der Mitte des Kopfes streng gescheitelt und gleitet beiderseits, glatt dem Kopfe anliegend, herab, um schon oberhalb der Schläfengegend in weiten horizontalen Einzelsträngen auszuschwenken, die durch ihre abstehende Lage dem Gesicht einen breiten, dunklen Rahmen geben. Von hier aus fällt dann das Haar in dicken Lockensträngen über die Schulter und den Rücken, um in kunstvoll gedrehte Einzellocken überzugehen, die am äußersten Ende mit einem hochstehenden stumpfen Haarhörnchen enden. Die Bartbehandlung […] zeigt in der Kinngegend eine deutliche Herzform, während die Gegend des Unterkieferwinkels von zierlichen enggedrehten Einzellöckchen bedeckt ist. Auf der gewölbten Stirn sind wellenförmige dünne Falten eingegraben.
Besonders eindrucksvoll aber sind die Augen. Die leicht vorgetriebenen großen Augäpfel, mit haardünnen Fältchen in den Unterlidern und Lachfalten im äußeren Augenwinkel geben dem Ausdruck der Augen ihre besondere Eigenart. Durch die künstlerisch hochstehende Bemalung hat hier der geschickte Faßmaler eine seltene Wirkung erzielt, die im abgebeizten Zustand nicht mehr vorhanden wäre. Der durchdringende Blick der Augen ist leicht nach unten gesenkt. Eindringlich mahnend war dieser Blick auf die Gläubigen gerichtet, und er fesselt das Auge des Beschauers noch heute mit fast hypnotischer Wirkung. Die Schläfengegend zeigt eine eigenartige Eindellung. Die Nase ist in ganzer Ausdehnung unterhalb des Nasenrückens beiderseits leicht eingedrückt. Die Nasenflügel sind gegen die Umgebung hart abgesetzt und gehen in eine scharfe Nasolabialfalte über. Der Mund ist so weit zum Sprechen geöffnet, dass die obere Zahnreihe deutlich sichtbar und ein Einblick ins Mundinnere möglich ist. Die sprechende Gebärde wird durch den ausgestreckten, auffällig langen Zeigefinger unterstrichen. Der Daumen ist lang, das erste Glied breit, der Nagel flach und vorne abgerundet.
Die Tunika zeigt eine reiche, weiche Faltung der aufgestauchten Ärmel beider Arme, mit hochgeschlagenem Saum am rechten Unterarm und einer aufliegenden Y-Falte; ferner eine üppige gleichmäßig gewulstete Gewandbehandlung, die im schärfsten Kontrast zu den schematisch um den Leib gelegten Röhrenfalten steht. So lässt der Gesamteindruck der Figur ihren Schnitzer als eine ausgereifte Künstlerpersönlichkeit von großem Können erkennen“.
Helfer sah „die größte Verwandtschaft“ des Auffahrtschristus mit einer Dominikusfigur des Landesmuseums Münster, wegen des Gesichtstyps „mit den leicht vorstehenden, auffälligen, fesselnden Augen, dem vorstehenden Jochbeinbogen und der leichten Eindellung darüber, den hauchdünnen Einschnitten in den Unterlidern, den Lachfältchen der äußeren Augenwinkel, der gewellten Stirnfalten“, wegen „der Gewandbehandlung der Ärmel mit einer typischen Y-Falte in beiden Ärmelaufschlägen, den beredten überlangen Fingern der feingeäderten Hände“ und dachte an den Meister des Klever Chorgestühls als Verfertiger.
Unterdessen ist das Klever Chorgestühl von 1474 dem Meister Arnt von Kalkar und Zwolle zugeschrieben worden. Die Strenge der Gewandbehandlung mittels einfacher Röhrenfalten und die schon von Adolf Helfer angesprochene Art der aufgestauchten Ärmel des Auffahrtschristus haben ihre Parallelen in den frei stehenden Wangenfiguren des Chorgestühls, zum Beispiel dem Heiligen Franziskus.
Aus den Rechnungen der Xantener Kirchenfabrik geht hervor, dass Meister Arnt ein in seiner Werkstatt gefertigtes und von Derik van Ginderick gefasstes Salvatorbild auf Bestellung des Fabrikmeisters Gerard Vaick nach Xanten geliefert hat.
Nachdem schon Friedrich Gorissen die Hypothese aufgestellt hatte, dass der Helfersche Auffahrtschristus mit Vaicks Salvator identisch sein könnte, wurde diese Vermutung durch die nachfolgende Literatur weitergereicht. Der Gedanke ist in der Tat faszinierend: Das Klever Chorgestühl ist 1474 datiert, Vaicks Bestellung 1476; derselbe setzt in seinem Testament 1480 ein Legat aus, dass das liturgische Spiel um den Himmelfahrtschristus weiter gepflegt wird.
Der Helfersche Salvator gehört aufgrund der stilistischen Indizien in die zeitliche Nähe von Arnts Chorgestühl. All dem aber steht die Angabe des Herkunftsortes Lobberich entgegen.
Als Adolf Helfer die Figur erwarb, hatte er wegen des verwahrlosten Zustands des Objekts Mühe, in der Figur einen spätgotischen Himmelfahrtschristus zu erkennen. Die Oberfläche war von mehreren dicken Ölfarbenschichten überlagert, die alle Feinheiten des Schnitzwerks verdeckten. Der Besitzer entfernte eigenhändig die Übermalungen, so dass die alte Fassung zutage kam. Der Erhaltungszustand der Gewandfassung ist nicht so gut wie beim Inkarnat, „aber das Gewand bietet gerade dadurch einen schönen malerischen Anblick, weil vom dunklen Purpurrot der alten Bemalung große Flecken erhalten sind, die mit verschiedenen roten Farbtönen bis zum stellenweise freiliegenden mattgelblichen, dichtkrakelierten Bolus des Kreidegrundes abwechseln.“
Erstes Anzeichen für die Verwendung als Auffahrtschristus waren die an den Oberarmen hinten angebrachten Ringe, die der Befestigung von Seilen dienten. Ferner war der Künstler bemüht, das Gewicht der Figur möglichst gering zu halten, damit sie leichter hochzuziehen sei, er setzte deshalb die Figur aus einzelnen Dauben zusammen. Helfer: „Das Gewicht [ist] […] so unwahrscheinlich gering, dass sie sich leicht mit einer Hand hochheben läßt.“
Helfers Feststellungen, „die Darstellung eines spätgotischen Himmelfahrtschristus gehört ikonographisch […] zu den allergrößten Seltenheiten der Bildschnitzkunst“ und „bisher brachte kein einschlägiges Werk die Abbildung einer solchen Darstellung“, lassen sich nach Hans-Joachim Krauses Studie nicht mehr aufrecht erhalten. Krause kommt zu dem Ergebnis, „dass die Zahl erhaltener Einzelfiguren […] ungleich größer ist als angenommen wird und nach systematischer Suche sich gewiß noch vermehren lässt“, wobei er die Figuren des Auferstandenen mitzählt, die am Ostermorgen aufgestellt und nach vierzig Tagen bei der liturgischen Himmelfahrtsfeier emporgezogen wurden.
Zwölf Figuren sind in Krauses Arbeit abgebildet, darunter auch das Helfersche Exemplar, das wegen seines Bildtypus’ und seiner Machart aus der Reihe der übrigen fällt. In der Regel nämlich ist die Figur, die am Himmelfahrtstag für das liturgische Spiel benutzt wurde, eine „imago resurrectionis“, ein Christus der Auferstehung, in einen weiten Mantel gehüllt, der die Brust frei gibt, damit das Mal der Seitenwunde sichtbar wird; dazu kommen die segnende Rechte und der Fahnenstab in der Linken.
Der Helfersche Auferstehungschristus zeigt nur die Male der Hände, er trägt einen schlichten, in sieben Röhrenfalten fallenden, rundum geschlossenen und purpurrot gefassten Rock. Offenbar liegt hier eine niederländische Tradition vor: Die Miniatur im Stundenbuch der Katharina von Kleve, „Christus fährt vor den Augen Mariens in den Himmel auf“, zeigt den im „Himmelloch“ entschwindenden Christus im einfachen durch Röhrenfalten gegliederten Purpurrock, aus dem die Füße herausschauen. Dies führt zu der Frage, wie der untere Abschluss der Figur ausgesehen haben könnte. Helfer hatte an einen abschließenden Wolkensockel gedacht. Krauses Forschungen haben ergeben, dass der Figurentyp mit Wolkenmotiv „weitgehend auf den südwestdeutschen und schweizerischen Raum beschränkt“ war.
Die meisten, auch die von Krause publizierten Figuren haben den Bodensockel. Möglicherweise hatte aber die Figur des Meisters Amt weder das eine noch das andere, sondern die Füße mit den Wundmalen schauten wie auf der Miniatur aus dem Purpurrock heraus. (Technisch müssten die Füße an einer Platte innerhalb des Rocks befestigt gewesen sein). Der an den Seilen hängende Himmelfahrtschristus bedurfte nicht der Standfestigkeit. In Xanten wurde die Auffahrtsfigur (in einem Kasten?) in der Sakristei aufbewahrt und zur Feier der Himmelfahrt hervorgeholt. Auch der Abschluss mit einer Plinthe ist nicht auszuschließen.
Die Zerstörung des unteren Teils, die schließlich zur Einkürzung der Figur führte, ließe sich durchaus auf einen Absturz zurückführen. Darauf deuten auch mehrere Spuren auf der Rückseite des Bildwerks: die beiden wenig fachmännisch angebrachten Eisenbänder, die das Haupthaar und die rückseitigen Bretter verklammern, sind in die Locken eingetieft und zerstören bzw. überdecken das Schnitzwerk - eine Lösung, die mit der feinen Arbeit Meister Arnts nicht in Einklang zu bringen ist. Ferner fehlt ein dreieckiges Stück in der Lockenpartie. Mit einer verunglückten Elevatio musste man immer rechnen. Die um 1489 aufgezeichnete Ordnung für die liturgischen Dienste in Regensburg-Prüfening verlangte beim Aufziehen der Figur „größte Aufmerksamkeit, damit keine Gefahr eintritt“ und ein Absturz vermieden wird.
Die auf der Vorderseite der Figur angebrachten „Scharniere’“ hatten den Sammler zu der Annahme verleitet, dass man „von hinten aus die hinteren und seitlichen Unterteile der Figur […] nach vorne hin aufklappen“ könne und so das Bildwerk „im Verlauf des Jahres wohl als Reliquiar oder noch eher zur Aufbewahrung eines Gefäßes oder einer Turmmonstranz gedient haben könnte“. Auch der Verfasser hat an das mögliche Vorhandensein solcher „Türen“ mehrere Hypothesen zur praktischen Nutzung des Hohlraums geknüpft, die aber alle nicht befriedigten.
Nun hat die neuerliche Untersuchung der Skulptur ergeben, dass die „Scharniere“ nicht Drehpunkte von Klappöffnungen gewesen sein können. Die „Türflügel“ werden nämlich an der Rückseite durch je drei Dübel festgehalten. Die „Scharniere“ waren (und sind z. T. noch) von der Leinwand und der Grundierung für die Fassung überzogen; die „Türritzen“ sind säuberlich vergipst; die Dübel liegen ebenfalls unter Fassung. Die Scharniere waren lediglich ein bequemes Mittel, als Beschläge die Daubenkonstruktion zu verstärken, so wie eiserne Reifen einer Kufe die nötige Festigkeit verleihen. Ein weiteres Verstärkungseisen ist in der Mitte der Figur in Höhe der Ärmel unter der Fassung auszumachen.
Gegen die Benutzung als Türen spricht auch die ungleiche Höhe von Klappen und Scharnieren, ferner dass man die Klappenflügel nur von hinten nach vorn und nicht, wie es normal wäre, von innen nach außen hätte öffnen können. Damit sind alle Theorien zur Nutzung des Innenraums gegenstandslos. Die ungewöhnliche Machart der Figur diente einzig dazu, das Gewicht für den Aufzugsvorgang zu verringern; sie findet keine Parallele in den übrigen erhaltenen Auffahrtsbildwerken.
Wie sah der liturgische Rahmen einer Himmelfahrtsfeier aus, in der die Figur emporgezogen wurde?
In der älteren Form wurde in Verbindung mit einer Prozession ein Kruzifix in die Höhe gezogen, so in Augsburg, Erfurt und Münster, eine Form, die sich aus der Elevatio der Osterfeier bereits seit dem 10. Jahrhundert entwickelt hatte. Auch in Xanten kannte man bis in das 15. Jahrhundert die Erhebung des Kreuzes, bis es durch die Salvatorfigur abgelöst wurde.
Die liturgische Feier wurde um 1300 zu einem dramatischen Spiel erweitert, bot doch der Himmelfahrtstag im wahren Wortsinn einen „dramatischen“ Akt: die Auffahrt des Erlösers und sein Entschwinden in den Wolken. Um das den Gläubigen realistisch vor Augen zu stellen, bediente man sich der Salvatorfigur.
Als älteste Anweisung zu einem solchen Spiel gilt die Beschreibung des Dekans Johannes Perckhauser, die um 1360 für das St. Kastulus-Stift zu Moosburg verfaßt wurde. Perckhauser merkt an, dass das Spiel „antiquo more“ (nach altem Brauch) aufgeführt werde. Die wesentlichen Handlungen sind folgende:
Vor dem Kreuzaltar in der Kirchenmitte wurde unter einer Öffnung in der Decke ein zeltartiges Gehäuse aus Brettern und Tüchern errichtet, das den Berg Sinai darstellen sollte. (Gewöhnlich gilt der Ölberg als Stätte der Himmelfahrt.) Das Christusbild (Ymago salvatoris), bekleidet mit liturgischen Gewändern, das Vexillum in der Hand, wurde auf den Verschlag gestellt. Aus der Deckenöffnung wurde eine dünne Schnur herabgelassen und auf dem Scheitel des Bildes festgemacht. Außerdem wurden zwei Blumenkränze, die die Bildwerke einer Taube und eines Engels umschlossen, herabgelassen.
Folgende Personen wirkten mit: Zwölf Choristen für die Apostel; auch die Rollen der Maria und zweier in Jungfrauengewänder gekleideter Engel wurden von Männern übernommen. Die Apostel trugen Diakongewänder und Gloriolen mit ihren Namen sowie die entsprechenden Attribute in den Händen, z.B. Petrus den Schlüssel, usw.
In einer Prozession zogen die Spieler unter dem Gesang des Responsoriums „Post passionem suam“ ( Nach seinem Leiden) zu dem Gehäuse; Maria stand inmitten der Apostel, die Engel nahmen einen erhöhten Platz beiderseits des Zeltes ein, in dem sich eine Person für die Rolle des Salvators befand.
Wenn dieser die Antiphon „Ascendo ad patrem“ (Ich fahre zum Vater auf) anstimmte, wurde das Bildwerk ein Stück hochgezogen, und die genannten Kränze senkten sich herab. Wenn der Salvator zum zweiten Mal die Antiphon anstimmte, wurde die Figur bis zur halben Höhe des Kirchenschiffs gezogen und die Aussendung der Apostel unter dem Ruf „Ite in orbem“ (Geht hinaus in die Welt) angekündigt.
Danach erst wurde der Auffahrtschristus vollständig in den Dachraum gezogen. Die Engel sangen die Antiphon „Viri Galilaei“ (Ihr Männer von Galiläa), während die Apostel zum Himmel schauten und schließlich unter dem Gesang der Antiphon „Illi autem profecti’ (Jene aber zogen hinaus) den Kirchenraum verließen.
Anschließend wurden Hostien und Blumen aus dem „Himmelloch“ herabgeworfen. Chorknaben sammelten sie auf und sangen das „Sanctus“. Zuguterletzt fehlte auch das burleske Element nicht, die Moosburger Anweisung warnte davor, ein Teufelsbild zusammen mit Pech, Schwefel, Wasser, Feuer und Farbe hinabzuwerfen. Doch scheint sich gerade dieser Brauch bis heute gehalten zu haben. In Mittenwald wird alljährlich ein Salvatorbild, das seit Ostern aufgestellt ist, am Himmelfahrtstag emporgezogen, zusammen mit zwei Engeln, die brennende Kerzen tragen. Nach lautem Gepolter auf dem Dachboden - Christi Kampf mit dem Teufel! - wird eine Teufelspuppe hinabgeworfen, die anschließend verbrannt wird.
Himmelfahrtsspiele an anderen Orten, z.B. in Augsburg, Bamberg, Berlin oder Halle, spielten die dramatischen Motive mehr oder weniger durch. Diese sind aus den biblischen Texten abgeleitet: Abschiedsmotiv, Geistsendung, Missionsauftrag der Apostel.
Die Texte und die wesentlichen Bestandteile des Spiels dürften auch im Klevischen ähnlich gewesen sein. Da Osterspiele für Xanten und Kleve, ferner für Emmerich verbürgt sind, darf man annehmen, dass das Aufziehen eines Salvators am Himmelfahrtstag außer in Xanten auch sonst im Kleverland gebräuchlich gewesen ist.
In Xanten lassen sich aus den Angaben im Liber Ordinarius und in den Fabrikrechnungen 1492-149 folgende Handlungen zusammenstellen: Priester holen das Salvatorbild nach dem Stundengebet zur Non - auch dieser Zeitpunkt war fast an allen Orten gleich, der Himmelfahrtstag hieß nachgerade „Nontag“ oder ‘„Nona aurea“ - aus der Sakristei und stellen es unter das „Himmelloch“ im Chor. Eine Person dient im Chor und singt wahrscheinlich die Worte des Erlösers. Zwei Knaben über dem Gewölbe ziehen die Figur hoch, dort leiten einmal ( 1492) ein Stiftsherr
(Sander), mal mehrere den Aufzug des Bildes ( 1494). Auch der Rektor der Stiftsschule wird als Beteiligter genannt (1492-1494). Die Rechnung von 1495 bestätigt, dass die Feier nach den Anweisungen des 1480 verstorbenen Gerard Vaick veranstaltet wurde.
Mit dem Einzug der Reformation geriet das Brauchtum um den Auffahrtschristus mehr und mehr in die Kritik. Eine Chronik aus Stendal spricht für die Zeit um 1500 von einem „alten catholischen abergläubischen Ritus“, wenn „jährlich […] die Himmelfarth Christi in einem hölzernen Götzen, der aufgezogen ward, praesentiret und fürgebilde“ werde. Martin Luther zählte die „Himel fart zur None“ ebenso wie die Palmprozession mit dem Christus auf dem Esel oder die Osterspiele zu den „offentlichen mißbreuchen“, deren Abstellung er wünschte. So kam das Aufziehen des Salvators allmählich außer Brauch. Nur in Traditionsnischen, zum Beispiel in Baumburg und Mittenwald, hat sich das Spiel um den Auffahrtschristus gehalten, könnte aber auch in der Gegenreformation neu belebt worden sein; die Figur, die jetzt in Mittenwald benutzt wird, stammt aus dem Barock.
Der „Himmelfahrtschristus“ oder „Salvator Mundi“ zählt zu einem der Hauptwerke niederrheinischer Plastik überhaupt und stammt aus der Werkstatt des bedeutendsten Bildschnitzers des 15. Jahrhunderts am Niederrhein, Meister Arnt von Kalkar und Zwolle.
Der „Himmelfahrtschristus“ stellt zusammen mit einem stehenden Schmerzensmann in der Kirche von Oostrum bei Venray einen Höhepunkt im Werk des Meisters Arnt dar. Die ausgehöhlte Skulptur kann geöffnet werden, an ihrer Rückseite befinden sich Ösen. Es handelt sich bei ihr um den einzigen niederrheinischen Beleg für einen im Mittelalter populären Brauch: An Christi Himmelfahrt zog man die Skulptur eines sog. „Auffahrtschristus“ vom Kirchenschiff ins Gewölbe – eine Figur, die mit segnend erhobener rechter Hand auf einer Wolke stand. (Die Wolke ist bei unserem Exemplar verloren gegangen.) Während der „Himmelfahrt“ öffneten sich die Klappen an der Rückseite und wirbelten weiße Rosen herunter auf die Gläubigen. Wahrscheinlich ist das Bildwerk in der Klever Sammlung identisch mit dem von Meister Arnt 1476 an den Xantener Kirchenmeister Gerhard Vaick ausgelieferten und von Theodorick von Ginderich bemalten „Ymago Salvatoris“. Testamentarisch vermachte Vaick bei seinem Tod 1480 ein Legat zur weiteren Pflege dieses Liturgiespiels am Himmelfahrtstag im Xantener Dom. Wenige Jahre später sollte Luther gegen solche Bräuche in der katholischen Kirche opponieren, so dass diese im Laufe der Zeit in Misskredit gerieten.
- Kat. d. Ausst. „Heilige aus Holz – Niederrheinische Skulpturen des späten Mittelalters“, bearb. v. Guido de Werd, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (13. Dezember 1998 – 21. März 1999), Kleve 1998, S. 12-23, 54, Abb. S. 13, 15, 55-57, Nr. 3
- Kat. d. Ausst. „Anblick / Ausblick. Das Museum Kurhaus Kleve“, hrsg. v. Walter Nikkels u. Guido de Werd im Auftrag des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der Eröffnung des Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung am 18. April 1997, Kleve 1997, Abb. S. 146
- Auswahl- / Bestandskatalog „Mein Rasierspiegel – Von Holthuys bis Beuys“, hrsg. v. Guido de Werd im Auftrag des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Abschiedsausstellung des scheidenden Gründungsdirektors Guido de Werd im Museum Kurhaus Kleve (9. September 2012 – 13. Januar 2013), Kleve 2012, S. 434, Abb. S. 411, Nr. 5.8
- Kat. d. Ausst. „Die ganze Welt in Gottes Hand. Von der Heilserwartung des Mittelalters zu Mercators Beschreibung der Welt“, hrsg. v. der Stadt Duisburg aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg (19. Juni – 8. Januar 2017), Duisburg 2016, Abb. S. 70, 76, Nr. 50
- Die ganze Welt in Gottes Hand. Von der Heilserwartung des Mittelalters zu Mercators Beschreibung der Welt, Kultur- und Stadthistorisches Museum, Duisburg, 19.06.2016 - 08.01.2017
- Arnt der Bilderschneider – Meister der beseelten Skulpturen, Museum Schnütgen, Köln, 25.06.2020 - 20.09.2020
- Kunst des Mittelalters und des Barock rund um den Katharina von Kleve-Saal im Gebäudeteil Friedrich-Wilhelm-Bad, Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, 09.09.2021