Eindrucksvolle Schenkung an Kunstwerken von Hanns Lamers und seiner Familie

Im September 2023 erhielt das Museum Kurhaus Kleve aus Privatbesitz eine eindrucksvolle Schenkung von 60 Kunstwerken und Archivalien von und aus dem Umkreis von Hanns Lamers (1897–1966). Darunter befinden sich Aquarelle, Ölbilder, Hinterglasgemälde, Holzschnitte, Zeichnungen, Skizzen und Dokumente von Hanns Lamers persönlich, aber auch u.a. von dessen Onkel mütterlicherseits, Rupert Vordermayer (1843–1884). In der Schenkung befinden sich auch Kunstwerke und Archivalien seines Vaters Heinrich Lamers (1864–1933), seiner Cousine Waltraud Anna Lamers (1908–1992) und seines Bruders Heinz Lamers jun. (1896–1939). Ebenfalls vertreten sind Kunstwerke von Emil Orlik (1870–1932) und Gerhard Marcks (1889–1981). 

Hanns Lamers ist nicht nur als Bewohner des sogenannten „Belvedere“, des Atelierturms von Barend Cornelis Koekkoek, auf immer mit Kleve verbunden. Er beeinflusste auch den jungen Joseph Beuys, dessen väterlicher Freund und künstlerischer Ratgeber er zeitlebens gewesen ist. Hanns Lamers lebte und arbeitete in Kleve und pflegte von hier aus ein Netzwerk in halb Europa. Bei seinem Freund und Künstlerkollegen, dem Photographen Willy Maywald (1907–1986), in Paris hielt er sich jedes Jahr wiederkehrend mehrere Monate auf, wo er Ausstellungen und Galerien besuchte, deren Einfluss er nach Kleve mitbrachte. Aus Frankreich, z.B. St. Tropez, Cannes oder der Cote d’Azur, brachte er Einflüsse für seine Arbeit mit.

In der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve befinden sich bereits unzählige Arbeiten von Hanns Lamers und seines familiären Umfelds, nicht nur aus dem persönlichen Besitz von Ilse Lamers (1902–1988), der Ehefrau von Hanns Lamers, die 1987 dutzende Werke dem Klever Museum übergeben hat, und auch aus anderem alten städtischen Besitz. Die hier beschriebene Schenkung bildet eine wunderbare Ergänzung der bereits vorhandenen Sammlung und ergänzt diese um kostbare Arbeiten aus mehreren Jahrzehnten. 

Besonders hervorzuheben ist ein frühes Aquarell aus seiner Studienzeit in Paris, als Lamers Reisen nach Nordafrika, Frankreich, Italien und Korsika unternahm. Dabei besuchte er auch die Künstlerstadt Positano südlich von Neapel, die insofern bemerkenswert ist, als er die eigentümliche Künstlerstadt naturalistisch, aber auch mit impressionistischen und surrealistischen Tendenzen darstellt. Kurz bevor Lamers 1935 da war, besuchte ein anderer für das Klever Museum wichtiger Künstler das berühmte Künstlerdorf: 1926 war Ewald Mataré da und malte ebenfalls mehrere Ansichten des bekannten Küstenorts. Die beiden Blickwinkel der Künstler anhand ihrer Werke in Relation zueinander setzen zu können, macht besondere Freude beim Betrachten und Interpretieren der Arbeiten. 

Einen eindrucksvollen Schritt in Richtung Abstraktion beschreitet eine Pfingstszene mit einer Ansicht der zwölf Apostel, die Flammen in Form von Kerzen auf ihren Häuptern aufweisen und in der zentralen Mitte vom Heiligen Geist in der Form einer Taube bekrönt werden. Die Figuren wirken wie Säulen und weisen blau gefärbte, nahezu geisterhafte Gesichter auf. 

Gesellschaftlich bedeutend ist eine Anzahl von 17 „Jahresschnitten“ von Hanns Lamers, von denen auch schon mehrere in der Sammlung zu finden sind. Hanns Lamers besaß die schöne Angewohnheit, jedes Jahr wiederkehrend zum Jahresende sogenannte „Jahresschnitte“ an Freunde, Sammler*innen und weitere Personen zu versenden, die religiöse Motive gepaart mit Kommentaren zur jeweiligen Zeit und Gesellschaft sowie mahnende Botschaften und Denkanregungen abgaben. Hanns Lamers nahm als Soldat am Ersten und Zweiten Weltkrieg teil, wodurch er mit seinen „Jahresschnitten“ seine Hauptbotschaft des Friedens und der gewaltfreien Zukunft an einen Kreis von Abnehmer*innen verteilen konnte. Immer wieder thematisiert er z.B. Krieg und Raketen, die als Symbol für die Entscheidung verstanden werden können, für die die gesamte Menschheit verantwortlich ist: Werden wir den technologischen Entwicklungsprozess für das Gemeinwohl oder für die Produktion von Kriegswaffen nutzen? Werden unsere Raketen Kriegswaffen sein oder Fahrzeuge, die die Raumfahrt ermöglichen?

Hanns Lamers ist nicht der erste in der Familie, der religiöse Motive verwendet. Sein Vater Heinrich Lamers war Kirchenmaler, und seine Mutter Johanna Lamers-Vordermayer (1870–1945) brachte die Kunst des Krippenbaus nach Kleve. Hanns Lamers’ Onkel Gerhard Lamers (1871–1964) war ebenfalls Kirchenmaler (manchmal mit Hilfe von Waltraud Lamers), und auch sein Onkel Rupert Vordermayer verwendete häufig religiöse Motive, von denen sich einige in dieser hier beschriebenen Schenkung befinden. Unter anderem sind Engel bei verschiedenen Tätigkeiten zu sehen (z.B. beim Musizieren, Trinken). Werke von Rupert Vordermayer waren bislang noch nicht in der Klever Sammlung vertreten. Rupert Vordermayer war Maler und studierte an der Kunstakademie München unter Professor Sándor (Alexander) von Wagner (1870–1919). Von ihm befinden sich auch gemalte Porträts und Skizzen in der Sammlung, die einen Einblick in seinen künstlerischen Schaffensprozess geben. In der Schenkung befinden sich mehrere Graphiken von Heinz Lamers jun., die veranschaulichen, wie versiert der Künstler in einer präzisen Strichführung war. 

Diese Schenkung bildet insgesamt eine treffliche Erweiterung des derzeitigen Bestandes an Kunstwerken dieser Familie, da sie den Künstler*innen, die bereits in der Sammlung vertreten waren, mehr Kontext verleiht, diese aber auch durch Werke eines familiären Kontextes erweitert, die bisher nicht Teil der Sammlung waren. Zwei Werke von Waltraud Anna Lamers, die einen großen Teil ihres Lebens in Nidau in der Schweiz verbracht hat (und auch am Ende ihres Lebens 1992 dort lebte), stellen ein solches Beispiel dar. 

Das Museum Kurhaus Kleve ist froh und dankbar, diese reiche Sammlung an Kunstwerken dieser für Kleve bedeutenden Künstlerfamilie als Schenkung für seinen Bestand von Klever Künstler*innen erhalten zu haben.

 

→Dieser Text zur Schenkung wurde geschrieben von Jessica „Violet“ Roberts im Zuge ihres wissenschaftlichen Praktikums im Museum Kurhaus Kleve im Dezember 2023, die den Bestand als Teil ihres Praktikums von Oktober bis Dezember 2023 vollständig inventarisiert und online verfügbar gemacht hat. Weitere Informationen über die Arbeit von Jessica „Violet“ Roberts sind ->hier abrufbar. 

→Unter diesem Text sind die Höhepunkte der Schenkung als „verknüpfte Objekte“ angegeben. Unter folgendem Link ->hier lassen sich alle Werke der Schenkung online auf der Sammlungswebsite des Museum Kurhaus Kleve begutachten.