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Bildhauer*in (Ausführung): Paloma Varga Weisz (1966)

Künstlertitel: Galgenfigur, gehängt

Datierung: 2003 - 2004 (Herstellung)

Museum: Museum Kurhaus Kleve

Typ: Kunstwerk

Gattung: Plastik / Skulptur

Inventar Nr.: 2004-09-01

Kurzbeschreibung

In ein weißes Gewand gekleidete Figur, die mit starken Seilen an einen senkrecht stehenden Balken gefesselt ist.

Katalogtext

„Das Werk der Bildhauerin Paloma Varga Weisz handelt vom Mythos als eine Kraft von Märchen und Legenden, die sich im Laufe der Zeit verwandelt haben, deren ursprüngliche Kraft sich aber wie ein roter Faden durch das psychomentale und emotionale Bewusstsein zieht. Paloma Varga Weisz gleicht einer Ausgräberin. Es ist, als würde sie die Gedächtnisstruktur des Holzes freilegen. Als würde sie beim Ausgraben Gefundenes und Erfundenes in einen fernen Gleichklang bringen, staunend die Legenden ihres Körpergedächtnisses mit der Tiefe der Wälder verbinden, die wir als Kinder aus den Märchen kennen lernten. Weil Paloma Varga Weisz ‚Ausgräberin‘ ist, fehlt ihr jede ‚Sentimentalität‘. Das Erfundene, das sie mit dem Gefundenen vereint, hat sehr viel mehr mit einem Beobachten ihrer Gefühlswelt als mit der Gefühlswelt selbst zu tun. Das Schöne in ihrem Schaffen ist die Offenheit und Neugier, die es beseelen.“ (Jean-Christophe Ammann im Katalog der Künstlerin für das Museum Kurhaus Kleve, 2004 ).

In ihrer Ausstellung in Kleve – ihrer ersten musealen Soloschau überhaupt – zeigte Paloma Varga Weisz dem Publikum eine mystische Welt voller fremdartiger Fabelwesen: Hunde- oder Mäusemenschen, Beulenmänner und -frauen, karyatidenhafte und aus dem Holz herausgearbeitete nackte Frauen, hineingelegt in Nischen, die in die Wände der Säle eingehauen worden sind, Dreiaugenfrauen oder auf Baumstämmen sitzende Waldwesen.

Die zentrale Installation, die die über dreißig Meter lange Pinakothek im Museum einnahm, war das gleichsam überwältigende wie schauderhafte Galgenfeld, das im Anschluss auf der Biennale von Venedig gezeigt und 2016 vom Bonnefantenmuseum-Museum Maastricht erworben wurde. Auf einem weitläufig angelegten Schauplatz aus Sand zeigt es eine Hinrichtungsstätte im Stil früherer Jahrhunderte mit drei Gehängten: einer auf einem fast vier Meter hohen Balken aufgehängten Figur [„Galgenfigur (gehängt)“], einer am ganzen Leib an einen Balken gefesselten und offensichtlich gewürgt zu Tode gekommenen Figur [„Galgenfigur (gefesselt)“] und einer dritten, auf einer Art erhöhtem Freisitz teilnahmslos dasitzenden und herabblickenden Figur mit sechs Armen [„Galgenfigur (sechsarmig)“].

Diese monumentale Installation überwältigt Betrachter*innen durch ihre pure physische Präsenz. Die Inspiration fand die Künstlerin in niederländischen Zeichnungen des 17. Jahrhunderts, die die Amsterdamer Hinrichtungsstätte Buitenveldert zeigen. Die „Galgenfigur (gehängt)“ bezieht sich auf eine Zeichnung Rembrandts, die die Hinrichtung einer dänischen Dienstbotin zeigte, die ihre Vermieterin ermordet hatte. Mit ihrem 2003/04 geschaffenen Galgenfeld greift Varga Weisz diese vermeintlich längst vergangene barbarische Tradition auf, die jedoch unter anderem im Abu-Ghuraib-Folterskandal furchtbare Aktualität erhalten hat. Beispielhaft bringt die Künstlerin „Gefundenes und Erfundenes“ (Ammann) in einen neuen eindrucksvollen Zusammenhang.

Für Paloma Varga Weisz sind die perfekte Beherrschung des Handwerks und der Umgang mit dem Material von größter Bedeutung. Die in Holz geschnitzten Teile der Hingerichteten hat sie mit höchster Sensibilität durchgearbeitet. Der Gegensatz zwischen der Brutalität der archaischen Form der Bestrafung und der Ruhe und Gelöstheit in den Zügen der verschnürten und strangulierten Figuren sind gleichermaßen frappant und irritierend.

Literatur
  • Katalog der Ausstellung „Paloma Varga Weisz“ im Museum Kurhaus Kleve, 14.03.-09.05.2004, bearbeitet von Guido de Werd, hrsg. vom Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V., Kleve 2004, S. 5-11
  • Auswahl- / Bestandskatalog „Mein Rasierspiegel – Von Holthuys bis Beuys“, hrsg. v. Guido de Werd im Auftrag des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Abschiedsausstellung des scheidenden Gründungsdirektors Guido de Werd im Museum Kurhaus Kleve (9. September 2012 – 13. Januar 2013), Kleve 2012, S. 229, Abb. S. 86f, Nr. 1.195
  • Kat. d. Ausst. „Schatzhaus und Labor – 25 Jahre Museum Kurhaus Kleve“, bearb. v. Valentina Vlašić, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (23. Juli 2022 – 29. Januar 2023), Kleve 2022, S. 164, Abb. S. 165, Nr. 192
Material/Technik:
Figur aus Lindenholz und Stoff, Balken aus Eschen- und Eichenholz, Sockel aus Stahl
Maße:
Objektmaß 366 x 48 x 110 cm (komplett)
Objektmaß 185 x 45 x 86 cm (Figur)
Höhe 366 cm (Balken)
Objektmaß 80 x 80 cm (Sockel)
Geographischer Bezug:
Amsterdam (Ort mit spezifischem Bezug)
Kleve (Standort)
Status:
Depot
Creditline:
Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, Deutschland; erworben mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen
Copyright:
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Kontakt:
Bei Fragen, Anregungen oder Informationen zu diesem Objekt schreiben Sie bitte eine E-Mail mit diesem Weblink an sammlung [​at​] mkk.art.