Photograph*in (Ausführung): Annette Kelm (1975)
Künstlertitel: Finanzamt Kreuzberg, Mehringdamm 22
Datierung: 2008 (Herstellung)
Museum: Museum Kurhaus Kleve
Typ: Kunstwerk
Gattung: Photographie
Inventar Nr.: 2008-07-03
Die Motive in den Photographien von Annette Kelm sind meist mit einer nüchternen Sachlichkeit inszeniert, die an Dokumentaraufnahmen, Werbebilder der 30er Jahre oder post-konzeptuelle Strategien denken lässt. Obwohl die Sujets der in Berlin lebenden Künstlerin wie etwa Gebäude, Vintage-Designobjekte oder Musikinstrumente bei neutralem Licht und regelmäßiger Ausleuchtung frontal aufgenommen sind, erschließen sich diese Bilder vor allem über das, was man auf den ersten Blick nicht sieht – über Referenzen auf die Geschichte der Gestaltung, der bildenden Kunst, des Films und der Architektur, die sich in den mitunter bewusst lapidaren, bisweilen aber auch manieristisch-extravaganten Gegenständen und Ansichten verdichten. Dieses ästhetische Spektrum stellt Annette Kelm für ihre Ausstellungen bevorzugt zu präzise ausgearbeiteten Arrangements von Bildern und Bildfolgen zusammen, in denen der evozierte thematische Zusammenhang zwischen den gezeigten Objekten jedoch oftmals bewusst opak bleibt. Auf der Grundlage der Distanzierung des Betrachters wird so ein offenes Spiel von visuellen Assoziationen erzeugt, das die medialen Parameter der Bildproduktion und deren historische wie kulturelle Kontexte aufscheinen lässt. Für „Texte zur Kunst“ hat Annette Kelm eine Fotografie entwickelt, auf der sich vor strahlendblauem Himmel zwei massive Türme in neoromanischem Stil erheben. Gesimse und Zinnen verleihen ihnen und damit dem gesamten, nur ausschnitthaft erfassten Gebäude – dem Finanzamt in Berlin-Kreuzberg, das von den Architekten Wilhelm Drewitz und Ferdinand Fleischinger zwischen 1850 und 1853 als Kaserne des königlichen Garde-Dragoner-Regiments errichtet wurde – den Anschein einer wehrhaften Festung, ohne jedoch den Eklektizismus der Architektur verbergen zu können. Im Verhältnis zu ihrem urbanen Umfeld und der heutigen Funktion des Gebäudes ist der Fassade der Charakter einer Kulisse eigen, deren Status zwischen Repräsentation und sich jenseits von Zweck und administrativer Ästhetik verselbstständigender Inszenierung schwankt.