



Künstler*in: Unbekannte Kunsthandwerker aus Amlasch und Luristan (heutiges Iran)
Beschreibender Titel: Tierstatuen
Datierung: 1. Jahrtausend vor Christus (Herstellung)
Museum: Museum Kurhaus Kleve
Typ: Kunstwerk
Gattung: Plastik / Skulptur
Inventar Nr.: 2016-VIII-CCLIV
In der Sammlung außereuropäischer Werke zeigt sich der umfassende Sammleranspruch des Ehepaars Wörner, von dem die hier beschriebenen Objekte stammen und in das Museum Kurhaus Kleve gelangten. Es genügte Rose und Gustav nicht, lediglich die Errungenscha!en vorheriger Jahrhunderte ihrer eigenen europäischen Kultur zu besitzen und zu erforschen. Sie richteten ihr Augenmerk auch auf die frühgeschichtliche Kunst, die schließlich das Fundament für spätere Kunstströmungen bildete.
Ein Schwerpunkt von circa fünfzig Exponaten der großen „Sammlung Wörner“ liegt auf den Kleinbronzen des alten Orients, aus Amlasch und Luristan stammend. Amlasch liegt in der heutigen Provinz Gilan im Iran, in der Elburs-Gebirgsregion südlich des Kaspischen Meeres. Luristan befindet sich im heutigen Westiran. Durch Goldvorkommen in Bergen und Flüssen entwickelten sich in Amlasch und Luristan zwischen 1300 und 800 vor Christus reiche Zentren der Goldschmiedekunst, die handwerkliche Einflüsse – wie die Techniken der Granulation, des Filigrans und der Einlage von Halbedelsteinen – aus Mesopotamien und Syrien übernahmen und in ihren eigenen Objekten verarbeiteten.
Es entstand eine Vielzahl von Idolen und Kultgegenständen, von religiösen und profanen Kleinplastiken und von Nutzobjekten aus Ton und Bronze, von Grabkeramiken, Waffen- und Rüstungsteilen. In der Sammlung Wörner befindet sich eine Auswahl dieser Kultgegenstände: Dolche mit dreieckigen Klingen
und eingravierten, zur Spitze zeigenden Rillen, Standarten-Aufsätze des Typus „Bezwinger der Tiere“ mit typisch geometrischer Hell-Dunkel-Ornamentik Luristans in Verbindung mit Sonnen- und Tierzeichen sowie Anhänger und Statuetten aus Amlasch in Tierformen, die Buckelrinder, Pferde, Ziegen, Steinböcke und mehr mit großen Hörnern und Schwänzen zeigen, z.T. winzige Vollgüsse aus Bronze mit brauner oder grüner Patina. Es finden sich kleine Tierstatuen von Rindern oder Hunden auf Plinthen oder Sockeln.
In großen Mengen wurden diese kultischen Objekte, die bei Ausgrabungen in Amlasch und Luristan gefunden wurden, seit Beginn des 20. Jahrhunderts nach
Europa gebracht, wo sie rasch den Weg in Museen oder Privatsammlungen fanden. Die Grabbeigaben können oftmals nicht eindeutig identifiziert werden. Die Formen zeugen von einer faszinierenden, von europäischer Sicht aus wenig erforschten Kultur, die sowohl Verbindungen mit der Steppenkunst des Nordens
als auch mit der Kultur des Südens aufweist.
Die Zuordnung von Ursprung und Datierung dieser Bronzen zählt zweifellos zu den meist diskutierten Themen
der iranischen Archäologie. Ihre Ausstrahlung und Originalität hingegen eint Wissenschaftler*innen, Künstler*innen und Sammler*innen. Ihre fremd anmutende Schönheit, ihre Eleganz und Einfachheit, der kra!volle Rhythmus ihrer Formen und ihr abstrakter Modernismus sind Eigenschaften, die auch europäische Künstler*innen seit der Moderne zur Nachahmung anregten.
- Kat. d. Ausst. „Kleinplastik des 20. Jahrhunderts“, bearb. v. Guido de Werd u. Roland Mönig, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus e.V. aus Anlass der Ausstellung „Von Rodin bis Trockel – Kleinplastiken aus der Nationalgalerie Berlin und aus einer rheinischen Privatsammlung“ im Museum Kurhaus Kleve (10. Mai – 23. August 1998), Kleve 1998
- Kat. d. Ausst. „Die Sammlung Wörner: Von Haltung und Leidenschaft – Werke aus 500 Jahren Kunstgeschichte“, bearb. v. Valentina Vlašić, Hannah Eckstein und Leo Friedrichs, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (23. Oktober 2016 – 29. Januar 2017) und B.C. Koekkoek-Haus (6. November 2016 – 29. Januar 2017), Kleve 2016, S. 97, Abb. S. 97, Nr. IV.B