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in der Manier von (nach): Albrecht Dürer (1471 - 1528)

Zeichner*in und Kupferstecher*in (Ausführung): Hendrick Goltzius (1558–1617)

Historischer Titel: Die Beschneidung, aus: Das Marienleben, Folge von sechs Blättern

Datierung: 1594 (Herstellung)

Museum: Museum Kurhaus Kleve

Typ: Kunstwerk

Gattung: Graphik

Inventar Nr.: Hauptverz.-Nr.: 0389

Beschreibung

Ein großes Figurengedränge beherrscht Goltzius’ viertes Blatt von „Das Marienleben“, dessen Szenerie in einer Seitenkapelle einer Kirche angesiedelt ist und das die Beschneidung des Jesusknaben zum Thema hat. Gemäß der Schilderung des Evangelisten Lukas (Kapitel 2, Vers 21) soll er im zarten Säuglingsalter von acht Tagen in Bethlehem an der Vorhaut beschnitten worden sein, um seinen Bund mit Gott zu stärken. Im Zentrum steht die imposante Gestalt eines alten, bärtigen Priesters mit Kapuze über dem Kopf, der mit ernsthafter, verheißungsvoller Miene das Kind zur Beschneidung hält. Ihm gegenüber sitzt ein mit dem Rücken seitwärts zum Betrachter zugewandter Mann auf einem Schemel, der bereits das Messer gezückt hat. Die Protagonisten umringt eine neugierig blickende Menschenmenge. Eine ebensolche Darstellung existiert bereits, sie ist nahezu hundert Jahre zuvor entstanden, durch die Hand Albrecht Dürers (um 1503-1504). Goltzius hat im wahrsten Sinne des Wortes „abgekupfert“: Er hat die Figurenanordnung mit Hauptcharakteren und gaffend-gedrängter Zuschauergruppe übernommen, sie im Gegensatz zu Dürer jedoch nach links ausgerichtet, seine Initialen hat er wie Dürer auf einer Tafel am Boden liegend angebracht. Und, wie es Dürer zwar nicht hier, aber ansonsten ebenfalls öfters gerne tat (wie beispielsweise bei „Das Rosenkranzfest“ von 1506 oder beim „Allerheiligenbild“ im Landauer Altar von 1511), schmuggelte auch Goltzius sein Selbstporträt in das Geschehen. Im rechten Mittelgrund, links von einem Arkadenbogen, blickt er als unbeteiligt wirkender Mann, der lediglich durch einen modern anmutenden Schnurrbart zu identifizieren ist, aus dem Bild heraus. Perfekt imitiert Goltzius den Lichteinfall, die Bekleidung, die harten Faltenwürfe, selbst die Haarpracht. Sogar den Diener im Vordergrund mit langstieligem Kerzenhalter und angezündeter Kerze hat er nicht vergessen (den er – statt wie bei Dürer links – rechts platziert). Er steht diagonal zu einem leeren Kerzenhalter an der Wand im linken Hintergrund, der seiner Funktion – durch Menschenhand gemachtes Kunstlicht – durch das einfallende Sonnenlicht, das als Äquivalent zur Geburt Christi zu sehen ist, enthoben ist. Maria und Joseph, die bei Dürer zentraler rechts außen stehen, sind bei Goltzius links in den Bildhintergrund gerückt. Während die Personen bei Dürer kleinteiliger ausfallen, sind sie bei Goltzius monumentaler ausgebildet und konzentrieren sich mehr auf das Geschehen. Während der Holzschnitt des Nürnberger Meisters kantiger und härter ist, schafft Goltzius ein sinnlich ruhendes, atmosphärisches Gefüge. Nicht umsonst gilt „Die Beschneidung“ als berühmtestes Blatt der Folge.

Mit den Virtuosenstücken „Das Marienleben“ erreichte Hendrick Goltzius im Alter von sechsunddreißig Jahren zweifellos den Höhepunkt seines bisherigen Schaffens. Nach seiner Italienreise reich an Eindrücken und an Inspiration, zeigte er nur zwei Jahre nach seiner Rückkehr auf selbstbewusste Weise, welche Lehren er aus seinem Aufenthalt im Süden gezogen hatte und mit welchen Künstlern er sich fortan zu messen beabsichtigte. Die Motivik der großformatigen Stichreihe ist altbekannt, zahlreiche Künstler haben sie zum Thema ihrer Werke gemacht. Goltzius hingegen beschäftigte sich mit ihr, um in einen Wettstreit mit seinen Vorgängern zu treten, die als die jeweils Besten ihrer Epoche galten. Sie diente dem Zweck der Verbreitung seiner profunden Fähigkeiten. Indem er sich der „imitatio“ und „aemulatio“ (Überbietung des Vorbilds) widmete, imitierte er den Stil jedes Künstlers nicht nur mühelos, sondern übertraf ihn auch spielerisch. Und er hatte Erfolg, schon zu Lebzeiten sorgten die sechs großformatigen Blätter für regelrechte Furore. Der Künstlerbiograph Karel van Mander behandelte sie derart ausführlich wie kein zweites Werk des Künstlers und lobte seinen Erfindungsreichtum („van zijn inventie“). Die Blätter waren schließlich keine Kopien, sondern hochkomplexe Paraphrasen. Während sich vier der sechs Kompositionen zwar zweifellos italianisant präsentieren, aber keinem eindeutigen Vorbild zuordnen lassen, sind zwei davon völlig unstreitig zu klassifizieren: „Die Beschneidung“ erscheint wie ein Werk von Albrecht Dürer (1471-1528), die „Anbetung der Könige“ erinnert deutlich an Lucas van Leyden (1494-1533). Auf sein hohes Imitationstalent wird auch in der Widmungsinschrift verwiesen, in der Cornelius Schonaeus Goltzius’ Fähigkeiten sogar in die antike Götter- und Mythenwelt katapultiert. Denn so, wie sich der Gott Proteus aus Liebe zur schönen Pomona in Wasser verwandelte, transformierte sich auch Goltzius als Stecher und Inventor für seinen Auftraggeber. Goltzius widmete „Das Marienleben“ dem bayrischen Herzog Wilhelm V (1548-1626), der ihn dafür mit einer goldenen Kette, die dessen Antlitz zierte, belohnte. Kaiser Rudolf II erließ ein Jahr, nachdem Goltzius die nach Dürer auch „Meisterstiche“ bezeichnete Folge vollendet hatte, ein Privileg, das den unerlaubten Nachdruck seines druckgraphischen Werks bei Strafe verbot.
Goltzius soll „Das Marienleben“ binnen kürzester Zeit geschaffen haben, um die Stichfolge auf einer bevorstehenden Messe in Frankfurt zu präsentieren – und begierig das Urteil der anwesenden Sammler und Künstler zu erfahren. Angeblich ließ er zu diesem Zweck sogar auf einigen Exemplaren der „Beschneidung“ und der „Anbetung der Könige“ sein Monogramm entfernen, nur um die Anwesenden zu einem Fehlurteil – die ein bisher unentdecktes Werk Dürers oder van Leydens vermuteten – zu verleiten. Mit Schadenfreude registrierte er im Anschluss an sein Täuschungsmanöver, dass einige Kritiker aufgrund der hohen Qualität der Blätter seine Mitarbeit definitiv ausgeschlossen hatten. Zornig und beschämt hinterließ er sie, als er die Wahrheit aufdeckte – eine Aktion, die ein regelrechter Skandal, aber auch die beste Werbung für Goltzius gewesen sein dürfte. Der Künstlerbiograph Karel van Mander trug geschickt zur Vermarktung seiner Kupferstiche bei, indem er sowohl solche Geschichten verbreitete als auch das Konkurrenzverhalten zwischen den Künstlern zum Thema machte. Van Mander berichtete auch darüber, wie sehr es der Künstler genoss, seine Mitmenschen über seine eigene Person im Unklaren zu halten. In München gab er sich gegenüber seinem Kolle-gen Johannes Sadeler (1550-1600) etwa als holländischer Käsehändler aus und trat in Rom, in Lumpen gehüllt, als sogenannter Hendrick van Bracht auf – überall wissbegierig auf das Urteil Anwesender, die seine Werke bewerteten.

Literatur
  • Die Masken der Schönheit - Hendrick Goltzius und das Kunstideal um 1600 2002, Abb. S. 147, Nr. 47
  • Otto Hirschmann, Verzeichnis des graphischen Werks von Hendrick Goltzius 1558-1617, zweite Auflage, Braunschweig: Klinkhardt & Biermann 1976, Nr. 12
  • Kat. d. Ausst. „Hendrick Goltzius & Pia Fries: Proteus & Polymorphia“, Bestandskatalog der Kupferstiche von Hendrick Goltzius im Museum Kurhaus Kleve, bearb. v. Valentina Vlašić, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (8. Oktober 2017 – 11. Februar 2018), Kleve 2017, S. 54, Abb. S. 56, Nr. 1D
Ausstellungen
  • Kunst des Mittelalters und des Barock rund um den Katharina von Kleve-Saal im Gebäudeteil Friedrich-Wilhelm-Bad, Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, 09.09.2021
Material/Technik:
Kupferstich
Maße:
Bildmaß 465 x 351 mm
Blattmaß 482 x 361 mm
Signatur/Beschriftung:
Signatur: bez. u.l. von der Mitte auf einem Täfelchen: 1594 / HG
Beschriftung: Unter dem Bild im Rand vier Hexameter in je zwei Zeilen nebeneinander: Cernis vt octaua … / … observatumq3 per annos. R. von den Versen: C. Schoneus.
Geographischer Bezug:
Haarlem (Entstehungsort)
Kleve (Standort)
Status:
Ausstellung
Creditline:
Museum Kurhaus Kleve - Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, Deutschland
Kontakt:
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