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Bildhauer*in (Ausführung): Ewald Mataré (1887–1965)

Künstlertitel: Madonna mit Jesuskind und Weintraube

Datierung: 1943 - 1961 (Herstellung)

Museum: Museum Kurhaus Kleve

Typ: Kunstwerk

Gattung: Plastik / Skulptur

Inventar Nr.: 2006-VI-II

Werkverzeichnis Nr. (neu): WV P 295

Werkverzeichnis Nr. (alt): WV P 278

Kurzbeschreibung

Der frühere Zustand der Arbeit ist uns durch Abbildungen bekannt. Hierbei handelt es sich um eine mädchenhafte Madonna auf der Weltkugel, die in ihren Armen das Jesuskind trägt, das in der linken Hand eine Weintraube als Hinweis auf seinen lebensspendenden Opfertod hält und die rechte Hand zum Segensgestus erhoben hat. Die Gesichtsform und der Ausdruck von Mutter und Kind des früheren Zustandes sind heute leicht verändert, indem die Naivität geschmälert wurde. Bei der umgestalteten Fassung verzichtet Mataré auf die Krone. Die Gewandfaltung wird in ihrem Schwung leicht gesteigert.

Ursprünglich war die Skulptur als eine Auftragsarbeit für die Fassadennische des Weinhauses Denant, Plectrudisgasse, Köln, gedacht. Das Gebäude wurde 1945 zerstört, so dass die Skulptur nie an der Fassade angebracht werden konnte. Nach dem Tod der Geschwister Bonrath wurde die Maria bei der Testamentsvollstreckung versteigert. Da die Skulptur leicht beschädigt war, überarbeitete sie Mataré 1960/1961, wobei er einige Veränderungen vornahm.

Tagebucheintrag

Büderich, 28.06.1943:
„Trotz der furchtbarsten Verwüstungen in Düsseldorf und trotz des jede Nacht einsetzenden Alarms arbeite ich an einem Modell für die Madonna in Köln am alten Weinhaus Denant in der Plektrudisgasse. Ich fühle bei einer solchen Arbeit, bei der ich mich äußerlich an die dort vorher stehende Plastik in Größe und Stellung hielt, doch recht sehr, wie ich freier werde, und wie mir gerade die äußere Bindung Halt gibt, mich selbständig zu vertreten. Mein starres Verhalten in der Formgebung bei den Kühen, wirkt sich hier gut aus, und je mehr ich gerade bei den freien Arbeiten allzu gedanklich vorgehen muss, um eben hindurch zustoßen, lasse ich hier die Zügel schießen und arbeite fest nach einem Rezept. […]“

Oktober 1943:
„[…] Mein Holz für die Madonna für Köln liegt nun zersägt dort, aber nun soll’s nach Krefeld, um verleimt zu werden. Das Holz ist von einem großen Baum, Ulme, im Garten von Hohenlind und seit drei Jahren zersägt, es ist also mit einiger Trockenheit zu rechnen.“

Kripp am Rhein, Juni 1944:
„[…] Die Madonna für Köln habe ich nun endlich in Krefeld, um sie von dem Schnitzer Boysen vorarbeiten zu lassen, und es geht diese Arbeit, die mich seit einem Jahr peinigt, endlich ihren Weg. Es ist trockenes, widerborstiges Ulmenholz, was ich dazu verwandte, und da sie für das Freie gedacht ist, so muss ich sie später mit einem Ölkitt versehen und sie dann wahrscheinlich polichromieren. […]“

Büderich, September 1944:
„[…] Allerdings habe ich in Krefeld bei Boysen, einen guten Handwerker, die Madonna für Köln stehen, die von ihm nach meinem Entwurf soweit inzwischen gediehen ist, dass ich sie nun im Detail herausarbeiten kann, und diese Figur will ich nun nächste Woche herüberschaffen lassen, um sie im Atelier zu vollenden. Dabei habe ich aber dringend ein weibliches Wesen notwendig, als Modell für Gesicht, Hände und Leib, und da ist im weiten Umkreis niemand, den ich dazu herbeirufen könnte. Und ich sehe noch nicht, wie ich mich da aus der Affäre ziehen kann.“

November 1944:
„[…] Meine Madonna, die noch immer in Krefeld ist, von wo ich sie trotz aller Bemühungen nicht nach Büderich bekommen kann, entschwindet mir langsam aus dem Gedächtnis, vier Wochen bin ich jetzt bereit, sie zu vollenden. – Nun höre ich auch nichts mehr von Denant in Köln, die die Auftraggeber waren, und ich weiß nicht für wen und warum ich sie vollenden sollte, da sie ja für eine bestimmte Stelle an dem Haus Ecke Plektrudisgasse Aufstellung in einer Nische an der Hausfront finden sollte. Es bliebe also bei einer dekorativen Arbeit, für die ich anderwärts wenig Verwendung haben könnte. Köln ist derart zertrümmert, dass auch wohl dieses Has nicht mehr stehen wird, und seine Bewohner evakuiert (wie man das nennt). […]“

09.11.1944:
„Ich habe heute die Madonna aus Krefeld geholt, etwas umständlich, da ich sie selbst auf der Schulter tragen musste, soweit ich nicht die elektrische Bahn benutzen konnte und da endlich heute auch mein beschädigtes Atelierdach von Soldatenhänden instandgesetzt wird, so kann ich nun mit Muße – soweit es die Zeit zulässt – an die Vollendung der Figur herangehen, es ist eine Arbeit, die ihren Ursprung nicht in meinen Herzen hat, sondern sich gegebenen Bedingungen anpassen sollte, so war mir die Formgebung sozusagen vorgeschrieben. […]“

20.11.1944:
„Ich bin nun an der Madonna für Köln, soweit man konsequent arbeiten kann! Täglich werde ich zwei bis dreimal gezwungen, in den Bunker direkt unter meinem Atelier zu gehen, man kann sich vorstellen, was an Konzentration übrig bleibt, und bei allem Willen merke ich doch langsam, wie sehr mir die Schlussabrechnung zu ziehen versagt bleiben wird. Ich merke das Nachlassen der freudigen Kräfte, aus der allein die Vollendung des Erstrebten kommen kann – aber man bedenke auch, wie sehr man um der Arbeit selber willen arbeiten muss, denn morgen schon kann die Arbeit und auch ich selber nicht mehr vorhanden sein. […] Ich muss mich nun gewaltig zwingen, um an der Arbeit zu bleiben, aber man fühlt, dass sie einem nicht mehr gelingen wird, trotzdem es eine dekorative Figur werden soll, reizt einen die Vertiefung im Ausdruck des Gesichts und der Gebärde, und ich muss sagen: Lass die Zeit, denn besser hier unfertig zurückgelassen, als scheinbar abgeschlossen. […]“

08.01.1945:
„Ich habe endlich die Madonna für Köln soweit, dass ich an die Färbung gehen kann, da sie für die Fassade eines Hauses gedacht war, muss ich notwendigerweise eine Grundierung und einen wetterfesten Anstrich machen, doch komme ich wenig zurecht mit dieser Absicht, ein Färben in verschiedenen Tönen von Gesicht, Haar, Gewand etc. erscheint mir doch recht fraglich. Es liegt daran, dass die Arbeit durch ihre dekorative, in einer vergangenen Stilart bewusst gedachten Form mir nun am Ende selbst so fremd und leblos vorkommt, dass ich sie nur mit einer gewissen Abneigung betrachten kann. Soviel mir durch diese Art zu arbeiten klar geworden ist, ist eines am deutlichsten erkennbar, ein Erlebnis kann man aus diesen Formen für uns nicht herausgewinnen, aber in einer Zeit wie dieser, in der ein ruhiges Arbeiten an einer tiefer verwurzelten Arbeit nicht möglich ist (jedenfalls hier nicht möglich war) kam diese Arbeit, wo ich mehr ein Spiel trieb, als eine Form bildete, eher gelegen, sie half mir über manches hinweg und füll meine ständig unterbrochene Arbeitszeit am besten aus, aber nun tritt wieder die Leere ein, und die Hoffnung, dass sich inzwischen die äußeren Verhältnisse ändern würden, ist zerstört, und man sieht der Zukunft völlig teilnahmslos entgegen, die furchtbaren Ereignisse nehmen jedem allen Mut in der nahen Zukunft etwas Ersprießliches zu erhoffen. […]“

09.02.1945:
„Die farbige Belebung der Madonna will mir nicht gelingen, und so bin ich bei einem Kompromiss stehengeblieben, und nur die Haare und Augen leicht andeutend! Wäre die Arbeit in gröberen Formen gewesen, hätte sich die farbige Anlage leichter eingefügt in das Ganze, aber wie sie nun vorhanden ist, kam ich durch die Bemalung einer Wirklichkeit zu nahe, so dass man meinen könnte, es stehe wirklich eine lebendige Person da, und es würde an das Panoptikumhafte gegrenzt haben, eine Wirkung, die meinem künstlerischen Bestreben doch ganz und gar zuwider ist. Hier liegt die Stelle, die den Finger in die Wunde legt: Ich ging von den mich bewegenden Prinzipien ab und beschränke mich auf ein Nacherleben einer Epoche, die tot ist, müsste ich da nicht in eine Sackgasse laufen? […]“

20.05.1945:
„[…] dann denke ich an meine letzte große, plastische Arbeit, die Madonna, die ich nach mehreren kleinen Entwürfen hoffte, vor mich bringen zu können, ach es ist immer dasselbe! Doch darf ich nicht vergessen, dass ich diese Arbeit unter den schwierigsten Bedingungen arbeiten musste – täglich mehrmals durch feindliche Flieger bedroht in den Keller, es ist nicht zu schildern. […]“

15.12.1945:
„Vorgestern die beendete Madonna nach Krefeld zu Jammers gebracht und die bis heran dort befindliche Madonna nach Köln zum Denant-Weinhaus zu den Gebrüdern Bonrath gebracht. Diese Madonna, die ursprünglich für die damals noch stehende Barockfassade bestimmt war, ziert nun deren Zimmer und wurde mit großer Freude aufgenommen. […]“

Literatur
  • Werkverzeichnis „Ewald Mataré – Das plastische Werk“, bearb. v. Sabine Maja Schilling, Köln 1987, S. 212f, Abb. S. 212, Nr. 278
  • Ewald Mataré – Tagebücher, Köln 1973
  • Auswahl- / Bestandskatalog „Mein Rasierspiegel – Von Holthuys bis Beuys“, hrsg. v. Guido de Werd im Auftrag des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Abschiedsausstellung des scheidenden Gründungsdirektors Guido de Werd im Museum Kurhaus Kleve (9. September 2012 – 13. Januar 2013), Kleve 2012, S. 342, Abb. S. 343, Nr. 3.39
Material/Technik:
Ulmenholz, farbig gefasst
Maße:
Objektmaß 151 x 52 x 31 cm
Signatur/Beschriftung:
Signatur: AMD (= A[nno] M[ataré] D[omine]?) / 1945 (Rückseitig auf Kugel bezeichnet, signiert und datiert)
Geographischer Bezug:
Meerbusch-Büderich (Herkunftsort)
Kleve (Standort)
Status:
Depot
Creditline:
Museum Kurhaus Kleve – Dauerleihgabe des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V., Kleve, Deutschland; Schenkung von Sonja Mataré, Meerbusch-Büderich, und einer Privatsammlerin, Köln
Copyright:
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Kontakt:
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