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Maler*in (nach): Derick Baegert (um 1440–nach 1509/um 1515)

Maler*in (Kopie): Julius Fröbus GmbH, Köln

Beschreibender Titel: Hochaltar-Retabel für die Propsteikirche St. Johannes Baptist, Dortmund

Datierung: 1470 - 1474 (Zeit des Geschehens), 2024 (Herstellung)

Museum: Museum Kurhaus Kleve

Typ: Kunstwerk

Inventar Nr.: 2024-06-05

Kurzbeschreibung

Auf der geschlossenen Werktagsseite sind auf der linken Tafel zu sehen: Christus, der Heilige Dominikus, Johannes der Täufer, Petrus Martyr und der Stifter. Auf der rechten Tafel zu sehen ist: Die Heiligen Johannes der Evangelist, Thomas von Aquin, Maria Magdalena und Vinzenz Ferrer.

Auf der Feiertagsseite im geöffneten Zustand zu sehen sind: Auf der linken Seitentafel die Heilige Sippe; auf der Mitteltafel die Kreuzigung oder Passion Christi (bzw. der volkreiche Kalvarienberg); auf der rechten Seitentafel die Anbetung der Heiligen Drei Könige.

Katalogtext

Das Hochaltar-Retabel des Derick Baegert gilt als ältestes Werk des Künstlers. Es steht bis heute an seinem Bestimmungsort: im Chor der ehemaligen Dortmunder Dominikanerklosterkirche (heute Propsteikirche St. Johannes Baptist). Im geöffneten Zustand besitzt es eine Spannbreite von acht Metern, wodurch es das größte gemalte Flügelretabel in Nordwestdeutschland aus dieser Zeit darstellt. Derick Baegert erhielt den Auftrag wohl im Jahr 1470, den er vermutlich innerhalb von vier oder sechs Jahren abgeschlossen hat.

Auf der Werktagsseite, im geschlossenen Zustand, sind auf den Tafeln Christus und sieben stehende Heilige zu sehen. Auf der linken Tafel erscheint zudem ein kniender Stifter zu Füßen der anderen. Die Heiligen sind anhand ihrer Namen in gotischer Fraktur, die in goldenen Nimben angebracht sind, sowie anhand ihrer Attribute zu identifizieren. Auf der linken Tafel rechts innen erhebt Christus als Salvator Mundi die rechte Hand zum Segensgestus, während er in der linken ein aufgeschlagenes Buch hält. Sein linkes Standbein ruht auf einem Fliesenboden, während sein rechtes Spielbein erhöht auf einer Weltkugel steht, die ein komprimiertes, flächig dargestelltes Festland zeigt. Neben ihm stehen (von rechts nach links) der Heilige Dominikus, der Begründer des Dominikanerordens, Johannes der Täufer mit dem Lamm und der erste Märtyrer Petrus Martyr, der das Schwert, mit dem er enthauptet wurde, in seinen Händen hält. Auf der rechten Tafel sind (von links nach rechts) Johannes der Evangelist dargestellt, der Gelehrte Thomas von Aquin, die Heilige Maria Magdalena und der Generalprediger Vinzenz Ferrer.

Während die Heiligenfiguren in der Höhe zwischen 1,25 und 1,35 Meter messen, erscheint die Stifterfigur in standesgemäß kleinerer Proportion: Als Auftraggeber des Hochretabels gilt Prior Johann von Asseln, der von 1468 bis 1486 amtierte. Im Dominikanerhabit gekleidet, kniet er auf der linken Tafel zu Füßen Jesus Christi, zu dem er demütig seinen Blick richtet. An seinem Kopf befindet sich ein Spruchband, das sich schwungvoll nach oben hin entfaltet und auf dem „Erlöser der Welt, erbarme Dich unser“ steht. Die beschriebenen neun Personen erscheinen in einem Kreuzgang, der im oberen Viertel den Blick in einen Außenraum freigibt. Vier Engel halten Brokatstoff über die Köpfe der Dargestellten, wodurch sie die Personen von der Landschaftskulisse abschirmen.

Auf der Feiertagsseite präsentiert sich Betrachter*innen ein monumentales Panorama mittelalterlicher Malerei: auf der linken Tafel befindet sich die Heilige Sippe, auf der Mitteltafel die Kreuzigung auf einem volkreichen Kalvarienberg, auf der rechten Tafel die Anbetung der Heiligen Drei Könige.

Bei der Heiligen Sippe ist Marias weit verzweigte Familie dargestellt. Maria ist die zentrale Figur, sie sitzt auf einem Marmorthron, der von einem Baldachin geschützt wird. Auf ihrem Schoß befindet sich das Jesuskind mit einem Apfel in seiner linken Hand, dem Maria mit ernster Miene eine weiße Federnelke reicht. Auf Marias Kopf hat ein Engel eine Krone gesetzt, die gemäß einer der Visionen der Birgitta von Schweden zusammen mit dem Thron auf ihre Würde als Königin verweist. Links und rechts haben sich 25 Angehörige der Heiligen Sippe versammelt, 16 Erwachsene und neun Kinder, die allesamt mit Namen bezeichnet sind. Marias Mutter Anna ist links von ihr zu sehen, neben ihr mit Stock Joachim, ihr erster Ehemann. Dahinter erscheint ihr zweiter Gatte Cleophas, den sie nach dem Tod des Joachim ehelichte. Aus dieser Ehe ging Marias Schwester hervor, die Maria Cleophe hieß und unten links im Bild mit ihren vier Kindern Judas Thaddäus, Joseph Justus, Symon Zelotes und Jacobus minor dargestellt ist. Ihr Ehemann Alphäus erscheint im Rücken von Maria Cleophe, rechts neben Maria Salome, die als einzige Protagonistin die Betrachter*innen unmittelbar anzusehen scheint. Maria Salome ist ebenfalls die Schwester der Muttergottes, aus der Ehe von Anna mit ihrem dritten Ehemann Salomas, der über ihr dargestellt ist. Links neben ihm ist ihr Gatte Zebedeus zu sehen. Ihrem Sohn Johannes der Evangelist auf ihrem Schoß reicht Maria Salome ebenfalls eine weiße Federnelke. Rechts daneben erscheint ihr zweiter Sohn Jacobus maior, der sich einem Distelfinken in seiner Faust widmet. Auf der rechten Seite oben erscheint Marias Verlobter Joseph als alter, kahlköpfiger und bartloser Mann. Neben ihm sind seine Schwägerin Elisabeth und ihr Ehemann Zacharias, die sich ihrem Kind Johannes dem Täufer (Baptist) widmen. Rechts unter ihnen erscheinen Esmeria, Annas Schwester, und Eliud, deren Sohn Enim (Emyne) rechts unter ihnen als Erwachsener im schweren Brokatmantel dargestellt ist. Ihm zu Füßen, die rechte untere Bildecke einnehmend, erscheint dessen Ehefrau Memelia, die ihrem Sohn Servatius die Brust gibt. Im Hintergrund der Szenerie ist die älteste Ansicht der Stadt Dortmund zu sehen.

Die auf der zentralen Mitteltafel dargestellte Kreuzigung zeigt eine Massenszene mit mehreren Simultangeschehnissen. Das Zentrum bildet der frontale gekreuzigte Christus, der von den zwei Schächern Dimas und Gesmas, die schräg mit Tauen an Kreuze gebunden sind, flankiert wird. Die Ereignisse um die Kreuzigung beginnen zeitlich gesehen links oben, wo ein Menschenzug beim Verlassen eines doppeltürmigen Stadttores von Jerusalem zu erkennen ist. Die weiß gekleideten Schächer marschieren vor Christus, der unter dem Kreuz gestürzt ist und sich wieder aufrichtet. Ein berittener Herold kündet durch das Blasen der Posaune vom Geschehen. Unter dieser Szenerie im Hintergrund erscheint links unten die von mehreren Personen umringte Hl. Veronika. Sie reichte Christus auf dessen Weg nach Golgatha mitleidsvoll ein Schweißtuch, in dem dieser sein schweißüberströmtes Antlitz abtrocknete. Das Tuch mit dem „Vera icon“ (wahren Abbild) präsentiert sie an den Zipfeln haltend. Die Personen um sie herum tragen Mode, die im Burgund des 15. Jahrhunderts üblich war. Der Mann mit braunroter Haube und Blick zu den Betrachter*innen wird gemeinhin als Selbstporträt von Derick Baegert identifiziert – ein bahnbrechendes Novum, da Künstler zu dieser Zeit noch als Handwerker galten, denen der derart exponierte Stellenwert, sich als Teilnehmer unter die Kreuzigung mischen zu dürfen, nicht zugestanden wurde. Links unterhalb des Kreuzes sinkt Maria Muttergottes ohnmächtig zusammen. Sie wird links vom Jünger Johannes gehalten, rechts von einer luxuriös gekleideten Maria Cleophas, die als Herzogin Elisabeth von Kleve gedeutet wird. Maria Magdalena umschlingt den Holzbalken, an dem der Leichnam Jesu Christi hängt. Über ihr erscheint in fürstlicher Kleidung der berittene gute Hauptmann, der mit dem Zeigefinger auf den Gekreuzigten weist und als Graf Adolf I. von Kleve-Mark identifiziert wird. Neben ihm ist als auffallendste Figur unter den Teilnehmern der Kreuzigung dessen Sohn zu sehen, Herzog Johann I. von Kleve, der hoch zu Ross den Gekreuzigten anblickt, seine linke Hand in der Hüfte stützt und mit der rechten seinen Hut zu einem ehrfurchtsvollen Gruß erhebt. Rechts daneben erscheinen weitere Menschengruppen: Soldaten und Adlige blicken auf die Szenerie, zum Teil mit erstaunten Mienen. Die rechte untere Bildecke wird vom Würfelspiel um die Kleider Jesu Christi eingenommen, bei der sich drei tumbe Gestalten um die Würfel balgen. In der rechten oberen Bildecke sind simultan die Kreuzabnahme und die Grablegung Jesu Christ dargestellt. Der Hintergrund wird von einem Ausblick auf eine Stadtkulisse eingenommen, für die sich Derick Baegert nicht an der topographischen Wirklichkeit orientierte, sondern für die er ein Capriccio mehrerer Gebäude erstellte. Die Doppeltürme der Stadtmauer Jerusalems münden im Schwanenturm, im vorgelagerten Palas und im Johannisturm der Schwanenburg zu Kleve, der ehemaligen Residenz der klevischen Grafen und Herzöge, an die sich schließlich weitere Gebäude von und rund um Wesel anschließen.

Auf der rechten Innentafel ist die Anbetung der Heiligen Drei Könige zu sehen. Zentral ist die Muttergottes mit dem nackten Jesuskind auf ihrem Schoß, über die Engel einen Baldachin aus Goldbrokat halten, der den Hintergrund des ärmlichen Gebäudes aus Stall und Ruine bereichert. Die Heiligen Drei König Caspar, Melchior und Balthasar haben sich um sie versammelt, von denen zwei der drei bereits niederknien und Geschenke überreichen. Im linken Hintergrund ist ihr Gefolge aus unter anderem Trompetern und Pferdehaltern zu sehen. Rechts hinter Maria erscheint der greise Joseph am Stock, hinter dem sich die Hirten und weiteres einfaches Volk versammelt haben. Trotz des Figurengewimmels bleiben sogar noch Platz für den Ochsen und den Esel, die im Bildzentrum links neben Maria auftauchen und an den Stallcharakter der Szenerie erinnern.

Literatur
  • Kat. d. Ausst. „Schönheit und Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters“, bearb. v. Valentina Vlašić, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (24. März – 23. Juni 2024), Kleve 2024, S. 161-169, Abb. S. 163-167, Nr. 1
Ausstellungen
  • Schönheit und Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters, Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, 24.03.2024 - 23.06.2024
Material/Technik:
1:1-Digitalisat der Julius Fröbus GmbH. nach dem Original in der Propsteikirche St. Johannes Baptist, Dortmund, angefertigt worden mit Erlaubnis des Eigentümers aus Anlass der Ausstellung „Schönheit & Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters“ (24.03. – 23.06.2024) im Museum Kurhaus Kleve
Maße:
Bildmaß 206 x 174 cm (linke Seitentafel)
Bildmaß 207 x 371 cm (Mitteltafel)
Bildmaß 206 x 174 cm (rechte Seitentafel)
Geographischer Bezug:
Jerusalem (Dargestellter Ort)
Kleve (Dargestellter Ort)
Wesel (Dargestellter Ort)
Dortmund (Dargestellter Ort)
Dortmund (Herkunftsort)
Kleve (Standort)
Status:
Depot
Creditline:
Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, Deutschland; Digitalisat der Julius Fröbus GmbH nach dem Original in der Propsteikirche St. Johannes Baptist, Dortmund, angefertigt worden mit Erlaubnis des Eigentümers aus Anlass der Ausstellung „Schönheit & Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters“ (24.03. – 23.06.2024) im Museum Kurhaus Kleve; zu präsentieren ebenfalls nur mit Erlaubnis des Eigentümers
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