
Zeichner*in (Ausführung): Abraham Jansz. Begheyn (1637–1697)
Beschreibender Titel: Wesel von Süden
Datierung: 1696 - 1697 (Herstellung)
Museum: Museum Kurhaus Kleve
Typ: Kunstwerk
Gattung: Graphik
Inventar Nr.: SAHz 0310
Begheyn hat die Stadt Wesel aus zwei Himmelsrichtungen festgehalten: Der hier vorliegende Blick von Süden geht über die mächtigen Befestigungswerke. Alle wichtigen Bauwerke der Stadt wurden vom Künstler bezeichnet. Links im Vordergrund sind das Zollhäuschen und das Fährhaus am Rheinufer vor der Lippemündung zu sehen, dahinter der Rheinkran, ganz links der Fährsteg zur Fähre nach Büderich. Innerhalb der Stadtmauern ragen die Willibrordikirche, der Rathausturm, die Johanniterkirche, das Löwtor, der Giebel des Hohen Hauses und die Dominikanerkirche St. Maria Himmelfahrt, das Schneidermannshaus, das Viehtor, das Jökernhaus und das seit 1612 als Schule genutzte Kloster Mariengaarde hervor. Von der Mühle auf dem Kaldenbergturm und der Mühle von Mathena wird das Stadtpanorama eingerahmt. Das Hauptinteresse des Zeichners lag an der im Vordergrund zu sehenden, seit 1687 auf Befehl des Großen Kurfürsten errichteten Zitadelle, die sich auf dieser Zeichnung noch im Bau befindet. Friedrich Wilhelm, der Wesel 1680 aus der Hand der französischen Besetzer zurückerhalten hatte, ließ seit 1681 die Befestigung mit fünf Bastionen und sieben Ravelins nach Erkenntnissen der damals berühmtesten Festungsarchitekten, Sebastian le Prȇtre de Vauban (1633-1704) und Menno van Coehoorn (1641-1704) ausbauen.
Auch auf der zweiten Zeichnung (siehe Inventarnummer SAHz 309, siehe Verknüpfung unten), die von einem erhöhten Standpunkt südöstlich der Stadt aufgenommen wurde, nimmt die Zitadelle einen wichtigen Platz, nämlich den ganzen linken Teil, ein. Am gegenüberliegenden Rheinufer ist im Hintergrund Büderich zu erkennen. In Wesel hat der Künstler nur jene Gebäude bezeichnet, die auf der vorigen Zeichnung nicht abgebildet waren: der Turm der Lutherkirche – ein im 17. Jahrhundert umfunktioniertes Wohnhaus, das 1686 einen Turm erhalten hatte – und das Dämmsche Tor mit der über den Stadtgraben führenden Holzbrücke.
In seinem Todesjahr 1688 berief der Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm von Brandenburg, den bis dahin in Leiden, Amsterdam und Den Haag tätigen Abraham Cornelisz. Begheyn, an den Berliner Hof. Begheyn, vermutlich ein Schüler des Nicolas van Berchem, gehört zu der als „ltalianisanten“ bezeichneten Gruppe niederländischer Landschaftsmaler, die nach Italien reisten und sich an der dortigen Kunst orientierten. Nach Friedrich Wilhelms Tod führte Begheyn um 1690 einige Schlachtengemälde für dessen Nachfolger Friedrich III. aus. 1696 wurde er von diesem beauftragt, die Städte und Schlösser des brandenburgischen Kurfürstentums für einen Gemäldezyklus im Berliner Stadtschloß zu zeichnen. Der Kurfürst plante eine Dekoration nach dem Vorbild des Versailler Schlosses von Ludwig XIV. Der Berliner Geschichtsschreiber Friedrich Nicolai berichtete 1786, dass der Kurfürst Begheyn nach Halberstadt, Minden, Bielefeld, Kleve und Wesel schickte, es waren aber noch weitere Orte, die der Künstler besuchte. Begheyn ist jedoch vor Ausführung der Gemälde gestorben. Heute zeugen noch eine Anzahl verstreuter topographischer Zeichnungen von dem künstlerisch und dokumentarisch bedeutenden Unternehmen.
Die Prospekte in der Sammlung Angerhausen gehörten zu einem Konvolut aus der Sammlung Mensing, Amsterdam, das vierzehn mit „Altena, Cleef. Custeyn (= Küstrin), Lissabon (= Liesborn?), Maagdenburg, Minden, Muylandt (= Moyland), Wesel“ bezeichnete Ansichten enthielt. Die Blätter von Altena und Minden gehören heute dem Märkischen Museum auf der Burg Altena und dem Museum in Minden. Zwei weitere Prospekte der Residenzstadt Berlin, die Abraham Begheyn zugeschrieben werden, befinden sich im Berliner Stadtarchiv, zwei Ansichten von Königswusterhausen im Berlin-Museum, ein Blatt von Spandau in der Sammlung der Fakultät für Architektur, Universität Berlin. Das British Museum in London besitzt die Zeichnung der Festung Regenstein bei Halberstadt. Den Niederrhein hatte Begheyn schon vor dem Auftrag von 1696 besucht. Aus dem Jahre 1695 stammen eine Vogelschauansicht und mehrere Einzelansichten der Stadt Kleve.
- Auswahl- / Bestandskatalog „Mein Rasierspiegel – Von Holthuys bis Beuys“, hrsg. v. Guido de Werd im Auftrag des Freundeskreises Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Abschiedsausstellung des scheidenden Gründungsdirektors Guido de Werd im Museum Kurhaus Kleve (9. September 2012 – 13. Januar 2013), Kleve 2012, S. 396, Abb. S. 382f, Nr. 4.36
- Kat. d. Ausst. „Der Niederrhein. Zeichnungen, Druckgraphik und Bücher aus der Sammlung Robert Angerhausen“, Städtisches Museum Haus Koekkoek (4. April – 30. Mai 1993), bearb. v. Ursula Geißelbrecht-Capecki, hrsg. v. Städtischen Museum Haus Koekkoek, Kleve 1993, S. 267, Abb. Falttafel II, nach S. 264, Nr. J 4a
- Dauerausstellung, Stiftung Ruhr Museum, Essen, 15.08.2009 - 19.03.2010
- Stadt und Festung Wesel in Mittelalter und Neuzeit, LVR-Niederrheinmuseum Wesel, Wesel, 23.09.2021 - 20.03.2022
Fluß
Wiese, Weideland
Bäume
Stadtansicht (allgemein); Vedute
Stadtansicht; Landschaft mit von Menschen errichteten Anlagen
Angerhausen, Robert
Ausstellung Der Niederrhein, Zeichnungen, Druckgraphik und Bücher aus der Sammlung Robert Angerhausen (1993 : Kleve, Kreis Kleve)
Museum Kurhaus Kleve. Ewald-Mataré-Sammlung