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Maler*in (nach): Jan Baegert (um 1465 – um 1535)

Maler*in (Kopie): Julius Fröbus GmbH, Köln

Beschreibender Titel: Altar-Retabel für die Stiftskirche Schloss Cappenberg, Selm

Datierung: 1470 - 1474 (Zeit des Geschehens), 2024 (Herstellung)

Museum: Museum Kurhaus Kleve

Typ: Kunstwerk

Inventar Nr.: 2024-06-06

Katalogtext

Der Cappenberger Flügelaltar ist ein Meisterwerk des Jan Baegert. Er ist allein schon dadurch eine Besonderheit, da es sich bei ihm um das einzige bis heute intakte Altarretabel des Künstlers handelt, das nicht nachträglich manipuliert wurde und völlig seiner Intention entspricht. Er ist auch ein Meisterstück der Komposition. Es herrscht trotz des vergleichsweise kleinen Formats eine ungemein hohe Erzähldichte und Personenstaffage. Im kleinen Format stellt er auf der Mitteltafel dasselbe Geschehen dar, das durch das Zersägen des vermutlich vier Meter breiten Altarbildes beim auch hier auf der Sammlungswebsite erfassten Teilen des Passionsaltars verloren gegangen ist.

Die Darstellungen auf den sehr schmalen Seitenflügeln sind im geschlossenen Zustand der Marienverehrung gewidmet. Auf der linken Außentafel befindet sich die Anbetung des Kindes. Eine geradezu idealtypische Maria mit blonden Locken und schlichtem weißen Kleid kniet anmutig auf dem Boden vor dem nackten Jesuskind, das ihr mit kindlicher und liebevoller Geste seine Ärmchen entgegenstreckt. Um das Kind herum reihen sich drei hierarchisch kleiner gestellte Engel, die beten und die Geburt des Gottessohnes lobpreisen. Der alte Joseph mit Bart, Stock und Kerze wacht oberhalb der Szenerie. Zwei Hirten blicken von rechts in den Stall hinein; Esel und Ochse wohnen dem Geschehen hinter einer Absperrung bei. Drei zentrale Engel schweben oberhalb der Anbetung, entrollen ein Spruchband und singen feierlich das dort zu lesende „Gloria in excelci deo“. Im Hintergrund eilen weitere Engel zur Verkündigung an die Hirten. Das Gebäude, in dem das Geschehen stattfindet, wurde von Jan Baegert dem schmalen Format entsprechend in die Höhe gezogen.

Der im geschlossenen Zustand rechte Seitenflügel ist in zwei aufeinander folgende Ereignisse aus dem Leben Mariens aufgeteilt: Zwei Drittel des unteren Schauplatzes nimmt der Marientod ein. Von einem Baldachin geschützt, sitzt die Gottesmutter aufrecht in ihrem Sterbebett und hält eine Totenkerze. Um sie herum drängen sich die Apostel, um von ihr Abschied zu nehmen. Die Szene besitzt eine heimelige Note durch den runden Arkadenbogen, der oben den Abschluss des Raumes bildet, sowie durch den Fliesenboden am unteren Rand. Im obersten Drittel ist Maria bereits in den Himmel aufgestiegen und wird durch Jesus zu ihren Linken und Gottvater zu ihrer Rechten gekrönt, begleitet durch den Heiligen Geist, der als Taube über ihr fliegt, und Engel, die auf Lauten musizieren.

Die geöffnete Feiertagsseite ist dem Leiden und der Auferstehung Jesu Christi gewidmet. Links ist Ecce Homo: Auf einem erhöhten Standort führt der mit reicher Kleidung ausgestattete Pontius Pilatus den nur mit Lendenschurz und Mantel bekleideten, dornengekrönten Christus vor. Wütende Männer kommentieren das Geschehen mit böse dreinblickenden Mienen, geöffneten Mündern und erhobenen Armen. Auf der Mitteltafel sind sowohl im Vorder- als auch im Hintergrund simultan mehrere Szenen der Kreuzigung zu sehen. Das Zentrum und die vertikale Bildmitte nimmt der Gekreuzigte ein, dessen Querbalken den oberen Abschluss der Darstellung bildet. Links unten bricht Maria zusammen, die von Johannes links und eine ihrer Schwestern gehalten wird. Maria Magdalena, erkennbar an ihrer weltlichen Kleidung, umarmt in Agonie den Kreuzesbalken Christi. Der blinde Longinus, den Baegert deshalb noch mit geschlossenen Augen malt, sticht mit einer langen Lanze Christus in die Seite, dessen Blut ihm, so die Überlieferung, anschließend das Augenlicht schenkt. Hinter Longinus steht ein Mann, der ihn mit einer Hand auf seiner Schulter stützt, dahinter gestikulieren weitere Anwesende über die Szenerie. Eine weitere Schwester Mariens betet. Im rechten Vordergrund kniet der in der Kleidung eines Prämonstratenser-Chorherren zu erkennende Stifter des Altars, Dietrich von Schwansbell, der sich anhand seines Wappens, den drei Steigbügeln, identifizieren lässt. Hinter ihm steht die Hl. Katharina, die durch das Schwert, mit dem sie enthauptet wurde, ausgezeichnet ist. Da sie den Stifter anblickt, vermutet Tschira van Oyen 1972, dass er den Altar zu der Zeit stiftete, als er von 1513 bis 1533 Vikar von St. Katharina in Werne war. Darüber erscheinen zwei Reiter, von denen der vordere, der Gute Hauptmann, auf das Kreuz zeigt. Es ist unklar, um welche Person es sich hier handelt (Johann III. von Kleve?). Das Geschehen findet in einem landschaftlichen Umfeld statt, das von beiden Seiten atmosphärisch von Hügeln eingefasst ist. Im linken Hintergrund ist die Kreuztragung und der Hinrichtungszug aus Jerusalem zu sehen, im rechten die Kreuznagelung.

Auf der rechten Innentafel hat die Kreuzabnahme bereits stattgefunden und das hoch aufragende, leere Kreuz bildet abermals die symmetrische Mitte. Zentral ist die Beweinung zu sehen, bei der der Leichnam auf dem Schoß der trauernden Muttergottes liegt, die von Johannes und den drei Marien begleitet wird. Maria Magdalena hält bereits den Salbtopf in ihren Händen, um die Leiche zu balsamieren. Die Grablegung findet im linken Mittelgrund statt, die Auferstehung im rechten Hintergrund. Darüber erscheint ein Berg mit einer Festung, deren Turm entfernt an die Schwanenburg denken lässt.

Alle Geschehnisse ereignen sich in einem gemeinsamen landschaftlichen Rahmen, der sich von der linken Seitentafel über die Mitte bis zur rechten Seitentafel erstreckt. Die hohe Erzähldichte erklärt sich durch den geringen Platz, den Jan Baegert zur Verfügung hatte.

Literatur
  • Kat. d. Ausst. „Schönheit und Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters“, bearb. v. Valentina Vlašić, hrsg. v. Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. aus Anlass der gleichnamigen Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve (24. März – 23. Juni 2024), Kleve 2024, S. 222-228, Abb. S. 223-227, Nr. 24
Ausstellungen
  • Schönheit und Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters, Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, 24.03.2024 - 23.06.2024
Material/Technik:
1:1-Digitalisat der Julius Fröbus GmbH. nach dem Original in der Stiftskirche Schloss Cappenberg, Selm, angefertigt worden mit Erlaubnis des Eigentümers aus Anlass der Ausstellung „Schönheit & Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters“ (24.03. – 23.06.2024) im Museum Kurhaus Kleve
Maße:
Bildmaß 106 x 33,5 cm (linke Seitentafel)
Bildmaß 106 x 70 cm (Mitteltafel)
Bildmaß 106 x 33,5 cm (rechte Seitentafel)
Geographischer Bezug:
Jerusalem (Dargestellter Ort)
Selm (Herkunftsort)
Kleve (Standort)
Status:
Depot
Creditline:
Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung, Kleve, Deutschland; Digitalisat der Julius Fröbus GmbH nach dem Original in der Stiftskirche Schloss Cappenberg, Selm, angefertigt worden mit Erlaubnis des Eigentümers aus Anlass der Ausstellung „Schönheit & Verzückung. Jan Baegert und die Malerei des Mittelalters“ (24.03. – 23.06.2024) im Museum Kurhaus Kleve; zu präsentieren ebenfalls nur mit Erlaubnis des Eigentümers
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